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Großbritannien: Bye-bye Liz, hello Boris: Wagt Johnson wirklich ein Comeback?

Großbritannien

Bye-bye Liz, hello Boris: Wagt Johnson wirklich ein Comeback?

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    Boris Johnson hatte sich mit einem dramatischen Auftritt verabschiedet. Kommt er nun zurück?
    Boris Johnson hatte sich mit einem dramatischen Auftritt verabschiedet. Kommt er nun zurück? Foto: Alberto Pezzali, dpa

    „Hasta la vista, Baby”, dieser Satz klingt vielen Britinnen und Briten noch in den Ohren. Auf Wiedersehen. Mit dem Zitat aus dem Film „The Terminator“ hatte sich Boris Johnson Ende Juli dieses Jahres im Rahmen seiner letzten Fragestunde in Westminster vom Parlament verabschiedet. Schon damals wurde darüber spekuliert, ob er ein Comeback versuchen würde. Schließlich hat der 58-Jährige bis heute viele Fans in der Partei. Nicht einmal vier Monate später ist dieses Szenario nun tatsächlich im Gespräch.

    Boulevardzeitung fordert Rückkehr von Boris Johnson als Premierminister

    Nachdem Liz Truss nach nur 44 Tagen im Amt am Donnerstag ihren Rücktritt erklären musste, bricht der Ex-Premierminister wohl seinen Urlaub in der Karibik ab. Seine Kandidatur gilt als wahrscheinlich. Die britische Boulevardzeitung The Sun titelte am Freitag passenderweise mit: „Bojo: I’ll be back”, „Ich komme wieder”.

    Fakt ist, dass die konservative Partei so schnell wie möglich einen Nachfolger für Truss finden will. Als Favorit galt am Freitag der frühere Finanzminister Rishi Sunak, gefolgt von Johnson. Auf dem dritten Platz liegt die Ministerin für Parlamentsfragen, Penny Mordaunt. Sie war am Freitag die Erste, die offiziell ihre Kandidatur ankündigte. Sie trete an, um das Land vereinen, Versprechen einzulösen und um „die nächsten Parlamentswahlen zu gewinnen“, schrieb sie auf Twitter. Konservative Politiker, die das Amt übernehmen wollen, müssen bis zum kommenden Montag mindestens 100 Abgeordnete hinter sich versammeln. Schafft dies nur ein Kandidat, wird dieser automatisch zum neuen Parteichef und damit zum Premierminister.

    Spätestens am Freitag soll ein Nachfolger feststehen. Falls Johnson antritt, könnte er 100 Stimmen der Abgeordneten erhalten, vermuteten Experten. Gibt es zwei Finalisten, kann die Parteibasis in einem Online-Votum über den Nachfolger entscheiden. Eine YouGov-Umfrage ergab, dass die Mitglieder bei der Wahl zwischen Johnson und Sunak, den Ex-Premierminister bevorzugen würden.

    Der Ex-Premier Boris Johnson spaltet die Konservativen

    Dabei ist die Frage, ob ausgerechnet Johnson erneut in die Downing Street einziehen soll, innerhalb der eigenen Reihen höchst umstritten. Der 58-Jährige sei nicht der Richtige, um das Image der Partei wiederherzustellen, sagte der Tory-Abgeordnete Crispin Blunt am Freitag und erinnerte damit unter anderem an die Skandale um Lockdown-Partys. Der konservative Abgeordnete Roger Gale kündigte im Fall einer Rückkehr Johnsons sogar seinen Austritt aus der Partei an. Ex-Kulturministerin Nadine Dorries, die als enge Vertraute des früheren Premierministers gilt, bezeichnete diesen hingegen als Siegertypen.

    Auch der Minister für Wohnungswesen, Simon Clarke, sowie Wirtschaftsminister Jacob Rees-Mogg sprachen sich am Freitag öffentlich für den Ex-Premierminister aus. „Ich stehe hinter Boris”, schrieb Rees-Mogg auf Twitter und fügte der Nachricht den Hashtag „BORISorBUST“, „Boris oder verschwinden“, hinzu. Johnson polarisiert die Partei, wieder einmal. Zu den wichtigsten Unterstützern gehörte jedoch Verteidigungsminister Ben Wallace, der am Freitag klarmachte, dass er Johnson als Nachfolger zugeneigt sei.

    Tatsächlich verbinden viele konservative Abgeordnete mit der Unterstützung Johnsons auch ihr politisches Überleben. Schließlich würden die Tories bei den aktuellen Umfragewerten im Fall einer Wahl zu großen Teilen aus dem Parlament fliegen. Eine Erhebung des Meinungsforschungsinstitutes „PeoplePolling“ ergab, dass nur noch 14 Prozent der Britinnen und Briten sich für die Konservativen entscheiden würden. 53 Prozent würden für die sozialdemokratische Labour-Partei stimmen. Die Befragten sollten überdies angeben, welche Begriffe sie mit den Tories verbinden. Die am häufigsten genannten Worte lauteten: „nutzlos“, „Schrott“ und „inkompetent“.

    Nach Rücktritt von Liz Truss: Immer mehr Spitzenpolitiker fordern Neuwahlen in Großbritannien

    Um dem Chaos der letzten Wochen und Monate ein Ende zu bereiten und um den eigenen Vorteil zu nutzen, fordert Labour nun vorgezogene Parlamentswahlen. Das Land könne sich kein weiteres Experiment an der Spitze der Tories leisten, sagte Oppositionschef Keir Starmer. Die mögliche Rückkehr Johnsons sei dabei „das beste Argument”, da er zuvor von konservativen Abgeordneten für „amtsunfähig“ erklärt worden war. Auch die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon sprach sich für Neuwahlen aus. „Dies ist ein schreckliches Durcheinander, und es sind die Menschen in ganz Großbritannien, die den Preis dafür zahlen“, sagte sie.

    Angesichts der aktuellen Umfragewerte gilt es jedoch als unwahrscheinlich, dass ein konservativer Regierungschef zeitnah eine Parlamentswahl ausrufen wird. Der nächste reguläre Termin wäre erst im Januar 2025. Im Sinne von Britinnen und Briten ist das nicht. Laut dem Meinungsforschungsinstitut YouGov würden 63 Prozent der Wählerinnen und Wähler auf der Insel gerne neu wählen – wenn sie es denn dürften.

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