Dieses schöne Land ist gesegnet mit 84 Millionen Fußball-Bundestrainern. Darüber hinaus bereichern 84 Millionen Klimaforscherinnen und -forscher die nationale Kompetenz, ebenso viele Handwerker und Finanzexpertinnen, und vor allem: Politikerinnen und Politiker. Höchste Zeit also, gerade für letztere Berufsgruppe auch mal eine Lanze zu brechen, wenigstens in menschlicher Hinsicht.
Unser gutes Beispiel dafür kommt zwar aus Großbritannien, lässt sich aber problemlos eindeutschen. Gillian Keegan muss man nicht kennen, so oft, wie Ministerposten in London neu besetzt werden. Die Dame kümmert sich jedenfalls im Moment um Bildung – und dies offenkundig ganz unbekümmert.
Mehr als 100 Schulgebäude mussten in Großbritannien ganz oder teilweise geschlossen werden
Womit wir beim Kern des Problems wären: Da entledigt sich eine Politikerin schon mal aller Worthülsen, plaudert sich den Frust von der Seele, und dann ist es auch wieder nicht recht. Peinlich, diese Frau, heißt es jetzt, was für eine Panne, blöder Ausraster und so weiter.
Was war passiert? Mehr als 100 Schulgebäude mussten kurz vor Beginn des neuen Schuljahres ganz oder teilweise geschlossen werden, weil darin vor Jahrzehnten ein bestimmter Beton verbaut worden war, der nun nachgibt. Der Fernsehsender ITV zeichnete deshalb ein Interview mit der Ministerin auf, die – nicht ganz unwichtig – erst seit elf Monaten im Amt ist.
Bildungsministerin Gillian Keegan sagt vor laufender Kamera das "F"-Wort
Als das Gespräch offiziell beendet war, platzte es aus Gillian Keegan heraus: "Sagt eigentlich irgendjemand irgendwann mal: ,Du hast einen verdammt guten Job gemacht, weil alle anderen auf ihrem Arsch gesessen und nichts gemacht haben?'", fluchte sie.
Blöd für Keegan, dass sie das "verdammt" auf britisch-derbe Art ausdrückte (f...). Noch blöder, dass die Kamera weiterlief und der Sender gar nicht daran dachte, den kleinen Epilog herauszuschneiden. Seitdem ist Großbritannien gesegnet mit knapp 68 Millionen fantastischen Moralaposteln.