Die Berliner Küche ist kein Fest für Feinschmecker. Eisbein mit Sauerkraut, gebratene Leber mit Apfel und Zwiebeln, Buletten im Kartoffelsalat: Ohne ihre arabischen, israelischen, französischen oder asiatischen Restaurants, also ganz auf sich selbst zurückgeworfen, wäre die Stadt eine kulinarische Wüste. Und ihr populärstes Gericht, die von Gerhard Schröder als „Kraftriegel“ geadelte Currywurst, ist womöglich gar keine Berliner Erfindung. Seit Jahrzehnten streiten sich Hamburg und die Hauptstadt, wo als erstes eine Brühwurst in Stücke geschnitten und mit einer Tomatensoße veredelt wurde.
Agrarminister Özdemir ist ein Fleischverweigerer
In der Kantine des Bundestages ist die Currywurst trotzdem ein Klassiker. Es gibt sie dort jeden Tag, mit und ohne Darm, in einer Chili-Variante und für die Zeitgeistfraktion sogar in einer vegetarischen Adaption. Nun allerdings fürchtet eine große Fangemeinde um ihr liebstes Mittagessen. Der Betreiber der Kantine hat den Vertrag gekündigt, und die Bundestagsverwaltung will die Gelegenheit nutzen, ihren Mitarbeitern mithilfe eines neuen Pächters weniger Herzhaftes und dafür mehr Veganes und Vegetarisches zu servieren – kein Wunder in einem Land, in dem ausgerechnet der Agrarminister ein Fleischverweigerer ist.
Die Richtlinien der Gesellschaft für Ernährung, auf die die Ampelkoalition sich beruft, empfehlen für Kantinen viel Vollkorn, Gemüse und Obst, Fleisch maximal zwei Mal pro Woche und schon gar keine tägliche Currywurst. Droht der Bundestagskantine deshalb eine Abstimmung mit den Füßen? Fünf Gehminuten entfernt, im Bahnhof Friedrichstraße, gibt es einen kleinen Imbiss, der die Zeichen der Zeit erkannt hat. Der „Kraftriegel“ ist hier immerhin bio.