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Glosse: Der Bundeskanzler und das grünere Gras der anderen

Glosse

Der Bundeskanzler und das grünere Gras der anderen

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    Bundeskanzler Olaf Scholz im Kanzlergarten am Tag der offenen Tür der Bundesregierung.
    Bundeskanzler Olaf Scholz im Kanzlergarten am Tag der offenen Tür der Bundesregierung. Foto: Carsten Koall, dpa

    Ein englisches Sprichwort sagt, dass das Gras auf der anderen Seite des Zaunes immer grüner ist als bei einem selbst. Im Vergleich zu den durch die Hitzesommer ausgedorrten Brachen vor den Eigenheimen und Datschen der Republik trifft das auf den Garten von Olaf Scholz fraglos zu. Das Gras im Kanzlergarten ist grüner – es wird auch in Zeiten des Wassermangels gewässert, fachkundige Hände hegen und pflegen die beruhigende Augenweide. 

    Damit das so bleibt, sucht Olaf Scholz neue Bundesgärtner, die sich um seine schlappen 32.000 Quadratmeter kümmern. Zwingende Auflage für die Firma: Das Gras darf nie höher als fünf Zentimeter stehen. Und Büsche und Bäume dürfen nicht wild ranken, sondern ihnen müssen exakte geometrische Formen verliehen werden. 

    Olaf Scholz auf der Suche nach einem neuen Gärtner für das Kanzleramt in Berlin

    Die Beherrschung der Natur wurde vom französischen König im Park von Schloss Versailles erfunden. Der französische Präsident ist heute eine Art Ersatz-Monarch und residiert zwar nicht mehr in in einem grauen Betonklotz, der aussieht wie eine Waschmaschine. In Frankreich ist halt mehr Lametta, was den Glanz der Macht betrifft. Da darf in Deutschland wenigstens der Kanzlergarten nicht abfallen. Doch mit dem grünen Gras auf der anderen Seite des Zaunes ist es so eine Sache. 

    In den Augen von Präsident Emmanuel Macron mag es vielleicht derzeit sogar beim deutschen Amtskollegen grüner sprießen als bei ihm in Paris. Macron hat wegen seiner Rentenreform ein wütendes Volk an den Hacken, das auf der Straße viel robuster zu Werke geht als die deutschen Michel. Im Ruhrgebiet gibt es eine abgewandelte Fassung des englischen Sprichworts. Im alten Kohlenpott heißt es, "woanders ist es auch Scheiße". Es ist eine herzliche Liebeserklärung an die Heimat. 

    Olaf Scholz weiß, was er an seinen Deutschen hat. Zum Tag der offenen Tür lädt er sie einmal im Jahr in seinen Garten ein. Es gibt Bratwurst, Bier und mittlerweile auch Vegetarisches. Die Leute sind zufrieden. Der französische Ersatz-König könnte glatt neidisch werden – grün vor Neid. 

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