Nicht einmal eine Woche nach der tödlichen Attacke auf einen 74-Jährigen im oberbayerischen Herrsching am Ammersee hat die Polizei einen Tatverdächtigen in Frankreich festgenommen. Hinweise aus der Bevölkerung, der Inhalt des Rucksacks des 22-jährigen Serben und Videoaufnahmen hätten zu dem raschen Fahndungserfolg beigetragen, sagte Manfred Frei, Chef der Fürstenfeldbrucker Kriminalpolizei. Ermittelt werde wegen Mordes.
Vielzahl von Spuren
Frei sprach von einer Vielzahl von Spuren und Erkenntnissen. «Die wertvollen Hinweise nach der öffentlichen Fahndung haben dazu geführt, dass wir den Tatverdächtigen schnell identifizieren konnten.» Man sei dem Mann bereits auf der Spur gewesen, dann habe auch ein Zeuge nach der Öffentlichkeitsfahndung den Verdächtigen erkannt.
«Wir leben in einem digitalen Zeitalter, wir hinterlassen digitale Spuren - und man hat auch mal Glück, dass einmal Spuren hängenbleiben, die weiterführen», erläuterte Frei weiter.
Am Ammersee fanden Passanten zudem den Rucksack des Mannes, der auch auf einer Videoaufnahme vom Tatort zu sehen ist. Der Inhalt des Rucksacks wiederum führte zu einem Supermarkt. Offensichtlich wollte der Mann den Rucksack verschwinden lassen, er hatte ihn mit Steinen beschwert. Über im Wald entdeckte «verfahrensrelevante Gegenstände» äußerte sich Frei nicht.
Motiv offen
Das Motiv für die Tat blieb vorerst offen. Man ermittele in alle Richtungen. Gestohlen wurde nach bisherigen Erkenntnissen nichts. Es gebe auch keine Verbindung zwischen Täter und Opfer. «Der Fall ist sehr ungewöhnlich.»
Ob sich der Mann in Frankreich schon geäußert hat, konnte Frei zunächst nicht sagen. Wo er seinen festen Aufenthalt hatte, werde noch geprüft. Zumindest in Deutschland war er der Polizei nicht bekannt. Der mutmaßliche Täter sei am Tattag - dem vergangenen Freitag - kurz vor 1700 in Herrsching angekommen, ziemlich sicher alleine, wie Frei sagte. Er sei in der Nacht auch alleine wieder abgefahren.
Gegen 21.20 Uhr soll er bei dem Ehepaar im Herrschinger Ortsteil Mühlfeld geklingelt und dann den 74 Jahre alten Mann erstochen haben. Die 65 Jahre alte Ehefrau flüchtete über die Terrasse zum Nachbarn. Ihr gehe es den Umständen entsprechend, sagte Frei.
Eine großangelegte Fahndung mit Hubschrauber, Hunden und zahlreichen Polizisten nach dem Täter blieb zunächst erfolglos.
Flucht durch mehrere Länder
Dennoch waren die Ermittler dem Verdächtigen schnell dicht auf den Fersen - durch Österreich und die Schweiz bis nach Frankreich. Zielfahnder des bayerischen Landeskriminalamtes konnten die Spur des Mannes über München, Innsbruck und Zürich bis nach Paris nachvollziehen. Das Bundeskriminalamt koordinierte für die Festnahme die Zusammenarbeit mit den französischen Polizeibehörden.
Spezialkräfte der Polizei nahmen den Mann am Donnerstagmorgen gegen 10.00 Uhr in einem Appartement in einem Ort bei Paris fest. Er sollte am Freitag dort dem Haftrichter vorgeführt und dann nach Deutschland ausgeliefert werden. Stimme der Mann seiner Auslieferung zu, könne er binnen zehn bis 14 Tagen überstellt werden, andernfalls könne es auch Monate dauern, sagte Frei.
1,5 Terabyte Daten
Insgesamt stünden der 30-köpfigen Ermittlungsgruppe «Mühlfeld» - benannt nach dem Ortsteil, in dem das Opfer wohnte - dem 1,5 Terabyte an Daten zur Verfügung, die zu sichten seien. Es seien «unheimlich viele Videoaufnahmen gesichert» worden.
Auch Superecognizer, die besonders sicher und schnell Gesichter erkennen können, hätten Aufnahmen zur Prüfung bekommen. Man habe zudem eine biometrische Lichtbildrecherche automatisch durchlaufen lassen, die Bilder seien dazu aber zu schlecht gewesen. «Wir haben alles gemacht, was man technisch machen kann.»
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