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Gesundheitssystem: Kassenbeiträge erreichen neuen Rekord

Gesundheitssystem

Kassenbeiträge erreichen neuen Rekord

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    Zum vierten Mal seit 2019 steigt der Krankenkassenbeitrag. Die Ampel wollte das eigentlich verhindern.
    Zum vierten Mal seit 2019 steigt der Krankenkassenbeitrag. Die Ampel wollte das eigentlich verhindern. Foto: Alexander Heinl, dpa (Symbolbild)

    Für Millionen Deutsche wird binnen weniger Jahre die Krankenkasse zum vierten Mal teurer: Zum Jahreswechsel steigt der sogenannte Zusatzbeitrag im Durchschnitt von 1,6 auf 1,7 Prozent. Lag der Kassenbeitrag 2019 im Schnitt noch bei 15,5 Prozent, klettert er nun auf 16,3 Prozent. Für Beschäftigte mit einem mittleren Einkommen macht dies immerhin über 175 Euro Mehrbelastung netto aus.

    Krankenkassen: "Sich seit Jahren drehende Beitragserhöhungsspirale"

    Es hätte noch schlimmer kommen können. Noch im Sommer rechneten Experten damit, dass der Zusatzbeitrag angesichts der wachsenden Defizite im Gesundheitssystem sogar um 0,4 Prozent steigen müsste. Doch ein recht stabiler Arbeitsmarkt und teils kräftige Lohnerhöhungen spülten auch höhere Einnahmen auf die Konten der Krankenkassen, zudem wirkten einige Kostendämpfungsmaßnahmen. „Das sind gute Nachrichten für gesetzlich Krankenversicherte“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach jüngst, als er die Zahlen vorstellte. 

    Die Einschätzung des SPD-Ministers trifft nicht nur bei der Opposition, sondern auch aufseiten der Krankenkassen auf Kritik. „Die sich seit Jahren drehende Beitragserhöhungsspirale muss endlich durchbrochen werden, denn steigende Zusatzbeiträge dürfen keine Selbstverständlichkeit werden“, sagt die Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung, Doris Pfeiffer. 

    Die Verbandsvertreterin der Krankenkassen erinnert Lauterbach an das Versprechen von SPD, Grünen und FDP im Ampelkoalitionsvertrag für eine nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Unter anderem kündigte die Ampel an, die Kassen nicht länger mit versicherungsfremden Leistungen, wie den Kosten der Gesundheitsversorgung von Langzeitarbeitslosen, belasten zu wollen.

    Höhere Kassenbeiträge: Ampel soll endlich Wort halten

    Pfeiffer fordert die Ampel auf, hier endlich Wort zu halten. „Gesamtgesellschaftliche Aufgaben dürfen nicht nur bei den Beitragszahlenden der Krankenkassen abgeladen werden“, betont sie. „Die Aufgabe der Sozialpolitik, die Gesundheitsversorgung für Bürgergeldbeziehende sicherzustellen, wird statt vom Bund ganz überwiegend von der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert. Hier werden aus den Portemonnaies der Beitragszahlenden Jahr für Jahr Milliarden Euro ausgegeben, obwohl dies aus Steuern finanziert werden müsste.“ 

    Tatsächlich ist im Bundeshaushalt für 2024, der dieser Tage von der Koalition in Berlin festgezurrt wird, dafür kein Cent vorgesehen. Im Gegenteil: In keinem Ressort strich die Ampel so radikal die Ausgaben zusammen wie im Hause Lauterbach: Mit acht Milliarden Euro – einem Drittel Ausgaben weniger – als in diesem Jahr muss der Gesundheitsminister 2024 auskommen. Der Bundeszuschuss an die Krankenkassen sinkt auf das alte Vor-Corona-Niveau. 

    Die Unionsfraktion im Bundestag wirft der Koalition Wortbruch vor: „Anstatt den Koalitionsvertrag umzusetzen und endlich die Beiträge für die Bürgergeldempfänger zu erhöhen und aus Steuermitteln zu finanzieren, werden wieder einmal die Beitragszahler zur Kasse gebeten“, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sepp Müller unserer Redaktion.

    „Zehn Milliarden Euro für die Bürgergeldempfänger werden damit von den Beitragszahlern der gesetzlichen Krankenversicherung mitgetragen“, kritisiert der Dessauer CDU-Politiker. „Das ist ein unhaltbarer Zustand. Diese Summe muss endlich aus Steuermitteln finanziert werden.“ 

    Höhere Beiträge "unsozial" gegenüber arbeitender Bevölkerung?

    Müller nennt dies nicht nur unsozial gegenüber der arbeitenden Bevölkerung und den Rentnerinnen und Rentnern. Der CDU-Politiker verweist auch darauf, dass die Sozialversicherungsbeiträge in der Ampelregierungszeit nun wieder über die Gesamtschwelle von 40 Prozent des gesamten Bruttoentgelts geklettert seien. Angesichts der Erhöhungen in der Pflegeversicherung für kinderlose Beitragszahler sogar auf 41,6 Prozent. Man müsse wieder unter die 40 kommen, fordert Müller. 

    Auch Kassenverbandschefin Pfeiffer fordert, stärker auf der Kostenseite anzusetzen, statt Beiträge zu erhöhen. „Wir brauchen Strukturreformen, wie sie richtigerweise im Krankenhausbereich geplant sind, aber leider nicht so richtig vorankommen“, betont sie. „Der anhaltend hohe Ausgabenanstieg für Arzneimittel, Krankenhäuser, Arzthonorare, um nur die größten Bereiche zu nennen, muss für alle ein Warnsignal sein.“ 

    Viele Krankenkassen fordern zudem den Bund schon länger auf, nicht den Zusatzbeitrag, sondern ehrlicherweise den zugrunde liegenden, seit 2015 unveränderten allgemeinen Krankenkassenbeitrag von 14,6 Prozent anzuheben. Schon lange gibt es keine Kasse mehr, die ohne Zusatzbeitrag auskommt. In diesem Jahr lag die günstigste Kasse mit 0,9 Prozent Zusatzbeitrag bei 15,5, die teuerste bei 16,6 Prozent Beitrag.

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