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Foto: Michael Kappeler, dpa
Foto: Michael Kappeler, dpa

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach plant Änderungen bei den Preisregeln für Kinderarzneimittel, um gegen Lieferschwierigkeiten vorzugehen.

Gesundheit
21.12.2022

Lauterbachs Pläne gegen die Medikamenten-Krise: Union kritisiert, SPD lobt

Von Bernhard Junginger

Für wichtige Kinder-Arznei können höhere Preise verlangt werden. Der Gesundheitsminister hofft, dass die Engpässe dann verschwinden. Doch daran gibt es Zweifel.

Ausgerechnet in der Rekord-Krankheitswelle, für die Grippe, Corona und tückische Erkältungen gerade sorgen, fehlen in Deutschland wichtige Medikamente. Gerade Arzneimittel für Kinder, etwa Fiebersäfte oder Hustenmittel, sind in den Apotheken kaum zu bekommen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will nun für Heilung sorgen und ändert die Preisregeln. Für Kindermedizin sollen die Kassen künftig deutlich mehr bezahlen als bisher. Gelten soll das sowohl für fertige Präparate als auch für solche, die Apotheken selbst mischen. "Wir werden diese Arzneimittel aus den Festbeträgen herausnehmen, sodass sie teurer verkauft werden können", sagte der SPD-Politiker am Dienstag in Berlin. Er habe die Krankenkassen bereits informiert, dass die Einheitspreise für Kinderarzneimittel ausgesetzt werden. 

Apotheker sollen laut Lauterbach bis zum 1,5-Fachen der bisherigen Beträge abrechnen können. Denn die Lagerbestände in Deutschland sind demnach zwar praktisch erschöpft, im angrenzenden Ausland, etwa in den Niederlanden, seien die Produkte dagegen meist ausreichend verfügbar. Das "akute Versorgungsproblem" habe seine Ursache darin, dass Medikamente in Deutschland "oft billiger verkauft werden müssen als im Ausland". Durch höhere Preise werde bei den Kinderarzneimitteln eine bessere Versorgung "unmittelbar eintreten", glaubt er. Welche Mehrkosten dadurch für das Gesundheitssystem eintreten, könne er noch nicht beziffern. Es werde jedenfalls "nicht beitragsrelevant" sein.

Deutschland ist abhängig von Medikamenten-Herstellern aus Asien

Lauterbach war als langjähriger Gesundheitspolitiker auch an der Einführung des Fallpauschalen-Systems beteiligt, das manchen Experten als Ursache des Medikamentenmangels gilt. Nun räumte er ein: "Wir sind zu weit gegangen in der Ausrichtung auf Masse und billige Anfertigung." Oft gebe es für bestimmte Anbieter nur noch einen Anbieter in Indien oder China, so der 59-jährige Medizinprofessor. Längerfristig sollen deshalb Ausschreibungen, etwa für wichtige Krebsmedikamente oder Antibiotika, auch Teillieferungen aus Europa enthalten. Geplant ist zudem ein Frühwarnsystem für knapp werdende Medikamente. Rechtzeitige Preiserhöhungen sollen dann für bessere Verfügbarkeit sorgen. Lieferanten müssen künftig eine Vorratshaltung über mehrere Monate garantieren. 

Aus der Union kommt heftige Kritik an den Plänen. CSU-Gesundheitsexperte Stephan Pilsinger sagte unserer Redaktion: "Minister Lauterbach hat die Dramatik bei der mangelhaften Arzneimittelversorgung viel zu spät erkannt. Leider gehen die Maßnahmen auch nicht weit genug." Denn von den mehr als 330 von Engpässen betroffenen Medikamenten würden nur wenige Arzneimittelgruppen wie Kinderarzneimittel, Krebsmedikamente oder Antibiotika von den Maßnahmen erfasst. Für ihn, so Pilsinger, liege daher der Verdacht nahe, "dass es sich hier um politische Augenwischerei handelt". Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte an, der Freistaat werde eine eigene Bevorratung von Medikamenten für Kinder prüfen. 

Krankenversicherungen: Geschenk für die Pharmabranche

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) verdammten die geplanten Preiserhöhungen für Arzneimittel als "beeindruckendes Weihnachtsgeschenk für die Pharmaunternehmen". SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert dagegen sagte unserer Redaktion: „Es ist eine gute Nachricht für die Menschen in Deutschland, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach die 'Geiz ist geil'-Strategie bei der Arzneimittelversorgung beendet." In der Arzneimittelversorgung müsse künftig stärker gelten: "Gemeinwohl vor Marge". 

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