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Gesundheit: Die Krankenhäuser werden wegen der Energiekrise zum Pflegefall

Gesundheit

Die Krankenhäuser werden wegen der Energiekrise zum Pflegefall

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    Ein Pfeil weist den Weg zur Notaufnahme eines Krankenhauses. Die Kliniken werden wegen der Energiekrise nun selbst zum Pflegefall.
    Ein Pfeil weist den Weg zur Notaufnahme eines Krankenhauses. Die Kliniken werden wegen der Energiekrise nun selbst zum Pflegefall. Foto: Julian Stratenschulte, dpa (Symbolbild)

    Falls sich die Gasknappheit zur Notlage ausweiten sollte, gehören die 1900 Krankenhäuser in Deutschland zu den sogenannten geschützten Kunden. Sie werden weiterhin beliefert, während andere zeitweise kein Gas bekommen. Die Energierechnung müssen die Kliniken trotzdem bezahlen und da türmen sich für Gas, Strom und Öl offenbar gewaltige Beträge auf. Im Raum steht das eigentlich Undenkbare: dass Krankenhäuser flächendeckend Konkurs anmelden.

    Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund forderte deshalb eine sofortige Reaktion der Regierung. „Es muss jetzt schnell und wirksam gehandelt werden, denn die Gefahr ist groß, dass Kliniken insolvent gehen, die wir dringlich in der Versorgung brauchen“, sagte die Vorsitzende Susanne Johna unserer Redaktion.

    Deutsche Krankenhausgesellschaft erwartet dieses Jahr zusätzliche Energiekosten von 1,6 Milliarden Euro

    Die Deutsche Krankenhausgesellschaft erwartet für dieses Jahr zusätzliche Energiekosten in Höhe von 1,6 Milliarden und für 2023 von mehr als vier Milliarden Euro. Zusammen mit steigenden Sachkosten tut sich eine Lücke von rund 15 Milliarden Euro auf. Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der ohnehin mit immensen Kostensteigerungen in seinem Bereich zu kämpfen hat, schließt eine Pleitewelle deshalb nicht aus.

    „Wenn wir da nicht schnell und auch wirklich drastisch reagieren, kommt es zu Schließungen“, sagte der SPD-Politiker im ARD-Fernsehen. Ein eigenes Rezept hat Lauterbach nicht. Eigene Zahlen auch nicht, die Kostenschätzung der Krankenhausgesellschaft weist er zurück. Wie prekär die Lage ist, zeigt sich indes am Terminkalender des Ministers: Am Dienstag berät Lauterbach mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) über mögliche Finanzspritzen.

    Corona-Welle sorgt für gesperrte Betten

    Der Marburger Bund ist mit seiner Diagnose schon ein gutes Stück weiter. „Das Gesundheitswesen ist seit drei Jahren im Krisenmodus, es gibt eigentlich keinen Routinebetrieb mehr“, sagte Johna. Bei ohnehin zu knappen Personalressourcen führe die Corona-Erkrankungswelle sowohl zu mehr Patienten als auch zu weiteren Personalausfällen.

    Die Folge: Betten werden wieder gesperrt, viele Notaufnahmen melden Land unter und verschieben planbare Eingriffe. „Zugleich steigen die Sach- und Energiekosten exorbitant, für viele Krankenhäuser ist die finanzielle Situation bedrohlich“, warnte die Internistin und wies darauf hin, dass es für Kliniken wie für Arztpraxen nun einmal keine Möglichkeit gebe, „Kosten im größeren Umfang einzusparen oder zusätzliche Einnahmen zu generieren“.

    Mach’s ganz genau, nicht ungefähr, das ist die sicherste Gewähr: Karl Lauterbach, Bundesminister für Gesundheit, überlegt noch, wie er die Krankenhaus-Misere in den Griff bekommt.
    Mach’s ganz genau, nicht ungefähr, das ist die sicherste Gewähr: Karl Lauterbach, Bundesminister für Gesundheit, überlegt noch, wie er die Krankenhaus-Misere in den Griff bekommt. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Der Marburger Bund sieht neben dem Bund auch die Länder in der Verantwortung. Diese hätten zu verantworten, „dass viele Krankenhäuser in Deutschland energetisch nicht saniert sind, was schlecht für den Klimaschutz ist und sich jetzt auch bei den Kosten rächt“, kritisierte Johna. Sie forderte einen Inflationsausgleich „und eine Gegenfinanzierung der Lücke, die trotz der Gas- und Strompreisbremse bestehen bleibt“.

    Lauterbach ohne Konzept für die Krankenhäuser

    Für den CDU-Gesundheitsexperten Tino Sorge ist es ebenfalls „höchste Zeit, dass sich Gesundheits- und Finanzminister auf ein konkretes Hilfspaket für Kliniken und Pflegeeinrichtungen einigen“. Die enormen Kostensteigerungen durch die Energiekrise seien seit Monaten bekannt, gleichwohl habe Lauterbach in der Regierungsbefragung letzte Woche keine konkreten Zusagen oder wenigstens einen Zeitplan vorstellen können. „Mittlerweile drohen sogar Schließungen und Insolvenzen, doch die Ampel hat keinen Plan, wie sie den Häusern vor Ort konkret helfen will“, sagte Sorge unserer Redaktion.

    Der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger warf Lauterbach vor, er wolle Lindner den Schwarzen Peter zuschieben. Beide riskierten damit „den Kollaps unseres Gesundheitssystems“. Während in den Kliniken die Corona-Betten belegt seien, lägen diese finanzpolitisch selbst auf der Intensivstation. „Und die Ampel streitet weiter, wer zahlen soll. Unverantwortlich!“

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