Es ist das Ungewisse, Mysteriöse, das elektrisiert. So gesehen hat Gerhard Schröder mit seinem Moskau-Trip viel erreicht. Die Fragen wollen gar nicht enden. Hat der Ex-Kanzler einen Auftrag, bei seinem alten Freund Wladimir Putin im Ukraine-Krieg zu vermitteln? Worum ging es in dem mutmaßlichen Gespräch mit dem russischen Präsidenten? Seit „Russland-Flieger“ Mathias Rust im Mai 1987 mit einem Sportflugzeug auf dem Roten Platz landete, wurde noch nie so viel gerätselt über die Hintergründe einer Reise nach Moskau.
Auf dem medialen Tisch liegt immerhin ein gepostetes Bild, das Schröders Ehefrau Soyeon Schröder-Kim mit gefalteten Händen und geschlossenen Augen in Moskau zeigt. Im Hintergrund die Basilika und der Kreml. Ein Foto, das suggerieren könnte – oder soll? –, Schröder-Kim würde höhere Mächte um Erfolg bitten, während ihr Mann in unmittelbarer Nähe mit Putin verhandelt, um den Krieg zu stoppen.
Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte zu dem mutmaßlichen Besuch des Altkanzlers in einer Pressekonferenz knapp: „Ich habe keine Informationen zu Schröder. Ich kann Ihnen nichts sagen.“ Auch die Bundesregierung musste oder wollte passen. Man sei nicht informiert, hieß es schmallippig aus Berlin.
Das US-amerikanische Online-Nachrichtenportal Politico hatte am Donnerstag zuerst berichtet, dass der 77-Jährige am Mittwoch mit einem Privatjet von Istanbul nach Moskau geflogen sei. Und zwar in einer Vermittlungsmission auf Wunsch der Regierung der Ukraine.
Bereits am Montag traf Schröder in Istanbul ein
Bereits am Montag sei das Ehepaar am Bosporus eingetroffen. Dort, so will Politico erfahren haben, traf Schröder mit einer ukrainischen Delegation zusammen, um die Punkte für das Treffen in Moskau abzusprechen. Schnell positiv beschieden worden sei die anschließende Anfrage in Moskau, ob Putin zu einem Treffen bereit sei. Am Donnerstag sei es dann in Moskau zu dem Gespräch des russischen Präsidenten mit dem Ex-Kanzler gekommen.
Am Freitag war zunächst nicht klar, ob es sich tatsächlich so zugetragen hat. Auch über Ergebnisse der Unterredung wurde nichts bekannt. Der ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, ließ sich mit dem Satz zitieren, dass er sich nur „schwer vorstellen“ könne, dass seine Regierung Schröder um Vermittlung gebeten habe.
Altkanzler Schröder musste für seine russlandfreundlichen Aussagen scharfe Kritik einstecken
Zuvor war der frühere Kanzler, der als Lobbyist für russische Energieunternehmen tätig ist, als unermüdlicher Verteidiger und Erklärer der Politik Putins aufgefallen. Er beklagte nicht nur ein „Säbelrasseln“ der Ukraine, sondern hielt Gerüchte über einen Einmarsch russischer Truppen für falsch. Bis der Krieg dann begann. Was folgte, waren eine sehr zurückhaltende Kritik an dem militärischen Überfall und scharfe, teils auch hämische Attacken gegen den einstigen „Macher“ Schröder. Zuletzt auch aus seiner Partei, der SPD. Jetzt gibt es offensichtlich eine neue Wendung – in welche Richtung ist völlig unklar.
Immerhin sagte der amtierende Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitag, dass er etwaige Erkenntnisse aus der Moskau-Reise Schröders durchaus berücksichtigen wolle.
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