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Geplanter Rücktritt: Wie Lambrechts Entscheidung zum Rücktritt reifte

Geplanter Rücktritt

Wie Lambrechts Entscheidung zum Rücktritt reifte

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    Steht kurz vor ihrem Rücktritt als Verteidigungsministerin: Christine Lambrecht.
    Steht kurz vor ihrem Rücktritt als Verteidigungsministerin: Christine Lambrecht. Foto: Valeria Mongelli, dpa

    Die besten Entscheidungen reifen oft im Stillen. Selbst für viele ihrer Mitarbeiter sah es in der vergangenen Woche so aus, als habe Christine Lambrecht zurück in den Regierungsalltag gefunden. In Rostock eröffnete die Verteidigungsministerin eine ehemalige Werft, die der Bund nach deren Bankrott übernommen hat, um dort künftig Schiffe der Marine zu warten. Im Erzgebirge besuchte sie ein Panzerbataillon, das jetzt zur schnellen Eingreiftruppe der Nato gehört – und in Berlin erörterte sie mit hohen Offizieren und Vertretern der Rüstungsindustrie noch einmal die Probleme mit dem Schützenpanzer Puma, der sich buchstäblich als Rohrkrepierer erwiesen hat. 

    Es war eine Woche, so normal und unspektakulär wie wenige bisher in ihrer Amtszeit – aber auch eine Woche, von der Christine Lambrecht längst wusste, dass es ihre letzte als Ministerin sein würde. Die Entscheidung, zurückzutreten, hatte sie zuvor schon getroffen.

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    Das sind alle bisherigen Ministerinnen und Minister im Kabinett von SPD, Grünen und FDP.

    Am Montag will Christine Lambrecht zurücktreten – der Plan wurde vorab bekannt

    Durch eine Indiskretion wurde bereits am Freitag bekannt, dass die SPD-Frau aus Hessen ihr Amt an diesem Montag niederlegen will. Darüber Bescheid wusste nur ein sehr kleiner Kreis von Vertrauten, auch Bundeskanzler Olaf Scholz informierte die 57-Jährige früh. Nach Informationen unserer Redaktion hatte sie sich bereits vor Weihnachten entschieden, in der ersten Hälfte des neuen Jahres ihr Amt niederzulegen, also noch bevor wegen ihres verunglückten, aus einer nächtlichen Laune heraus gedrehten Silvestervideos eine neue Welle aus Spott und Häme über sie hereinbrach.

    Ihr Rücktritt, so hatte sie es geplant, sollte einer aus freien Stücken sein, sie wollte nicht wie eine Getriebene wirken, sondern den Zeitpunkt ihres Abschiedes selbst bestimmen. So aber musste sie noch einmal ein Wochenende lang mit ansehen, wie ihre Arbeit als Ministerin öffentlich zerlegt wurde – von der als großer Geste verkauften Lieferung von 5000 Helmen in die Ukraine über den umstrittenen Helikopterflug mit ihrem Sohn in einen Kurzurlaub auf Sylt bis zu ebenjenem Video, in dem die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt unter dem Donner der Silvesterböller ziemlich unbedarft über den Krieg und die vielen netten Menschen schwadronierte, die sie in dieser Zeit kennengelernt habe.

    Lambrecht kämpfte gegen einen irreparablen Imageschaden an

    Der Eindruck, dass die Ministerin ihrem Amt womöglich nicht gewachsen ist, wäre auch durch eine noch so gute Sacharbeit kaum noch zu korrigieren gewesen, sagt ein Parteifreund, der sie gut und lange kennt. Gegen diese mediale Voreingenommenheit haben auch andere Spitzenpolitiker schon erfolglos angekämpft, der verstorbene FDP-Chef Guido Westerwelle etwa oder der frühere Bundespräsident Christian Wulff. 

    Bei Christine Lambrecht kam neben ihren eigenen Fehlern erschwerend hinzu, dass ihr Ressort das vielleicht schwierigste von allen ist, die eine Regierungskoalition zu besetzen hat. Seit Peter Struck, den die Soldaten verehrten, als wäre er einer der ihren, hat dort kein Minister mehr einen bleibend positiven Eindruck hinterlassen. 

    • Franz Josef Jung? Ein Verwalter, aber kein Gestalter.
    • Karl-Theodor zu Guttenberg? Schaffte zwar die Wehrpflicht ab, scheiterte am Ende aber an der eigenen Hybris.
    • Thomas de Maizière? War froh, als er wieder zurück ins Innenministerium durfte.
    • Ursula von der Leyen? Kümmerte sich mehr um Kindergärten in den Kasernen als um die Wehrfähigkeit der Truppe.
    • Und Annegret Kramp-Karrenbauer versuchte erfolglos, den Vergabedschungel bei den Rüstungsausgaben zu lichten.

    So sei das seit bald 20 Jahren durch Umorganisationen und Machtkämpfe gelähmte Haus, als Christine Lambrecht es übernahm, in weiten Teilen dysfunktional gewesen, klagt einer, der sich auskennt im Bendlerblock.

    Eigentlich wollte Christine Lambrecht Innenministerin werden

    Die gelernte Juristin Lambrecht, das weiß man, hätte nach der Bundestagswahl im Herbst 2021 lieber das Innenministerium übernommen als das für Verteidigung – ein Ressort, in dessen Themen sie firm ist wie wenige sonst in ihrer Partei. So aber war sie zunächst eine Lernende, eine Fremde im eigenen Haus, und das in einer Zeit, in der sich die Fragen von Krieg und Frieden plötzlich ganz neu und immer drängender zu stellen begannen. 

    Die eigene Unsicherheit begann sie mit kecken Sätzen wie dem zu überspielen, dass einfache Aufgaben ja auch jeder andere hätte übernehmen können. Gleichzeitig, so scheint es, unterschätzte sie die öffentliche Beobachtung, unter der sie als Verteidigungsministerin arbeiten würde. In ihren früheren Ämtern als Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion und als Justizministerin agierte sie häufig an der Wahrnehmungsschwelle, wenn nicht gar darunter. Spätestens mit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine jedoch hat sich das geändert. Konnte Ursula von der Leyen noch unter großem Beifall über eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Truppe philosophieren, sollte ihre Nach-Nachfolgerin plötzlich Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet organisieren und 100 Milliarden Euro an zusätzlichen Mitteln möglichst schnell und möglichst vernünftig investieren. 

    Dabei fehlt es an allem. An Munition. An Gerät. An Personal.

    Wer könnte künftig das Verteidigungsministerium leiten?

    Wer Lambrecht folgt? Noch unklar. Eva Högl, die Wehrbeauftragte, ist eine Kandidatin – dazu aber müsste sie quasi die Seiten wechseln und von der Anwältin der Soldaten zu deren Befehlshaberin werden. Staatssekretärin Siemtje Möller hat sich als junge Abgeordnete zwar schnell in die komplizierte Materie der Verteidigungspolitik eingearbeitet, aber vermutlich nicht genug Rückhalt in der SPD. Sollte Scholz die Parität von Männern und Frauen in seinem Kabinett mit dem Argument opfern, dass besondere Situationen auch besondere Maßnahmen erfordern, käme Lars Klingbeil infrage, der vielleicht profilierteste Verteidigungspolitiker der Partei, der aber neben seinem Amt als SPD-Chef eigentlich nicht auch noch Minister werden will. 

    Arbeitsminister Hubertus Heil wiederum hat mit dem Mindestlohn und dem Bürgergeld zwei seiner wichtigsten Projekte bereits in Gesetze gegossen und ist auch deshalb einer von zwei Geheimtipps für die Lambrecht-Nachfolge. Der Zweite hört auf den Namen Wolfgang Schmidt, ist gegenwärtig Chef des Kanzleramtes und allen, die sonst noch genannt werden, zumindest in einer Hinsicht weit voraus: Er muss sich nicht erst einarbeiten. Vom 100-Milliarden-Wumms für die Bundeswehr bis zu den Panzerlieferungen für die Ukraine läuft bereits jetzt alles, was wichtig ist in der Verteidigungspolitik, über seinen Tisch.

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