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Geheimtreffen: Nach Recherche zu "Remigration": Correctiv muss wenig ändern

Geheimtreffen

Nach Recherche zu "Remigration": Correctiv muss wenig ändern

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    Blick auf ein Gästehaus, in dem AfD-Politiker nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv an einem Treffen teilgenommen haben sollen. Ein Teilnehmer klagte gegen den Bericht.
    Blick auf ein Gästehaus, in dem AfD-Politiker nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv an einem Treffen teilgenommen haben sollen. Ein Teilnehmer klagte gegen den Bericht. Foto: Jens Kalaene, dpa

    Hunderttausende Menschen protestierten gegen Rechtsextremismus, Alice Weidel entließ ihren Referenten, Stimmen nach einem AfD-Verbotsverfahren wurden lauter. Recherchen des Medienhauses Correctiv, mit dem auch unsere Redaktion in der Vergangenheit kooperiert hat, lösten deutschlandweit Empörung aus. Demnach sollen Mitglieder von AfD und Werteunion im November gemeinsam mit rechtsextremen Aktivisten die massenhafte Abschiebung von Menschen mit Migrationshintergrund geplant haben.

    Einer der Anwesenden ging nun gerichtlich gegen den Bericht vor, ebenso ein im Text erwähnter Unternehmer, der Geld an die AfD spendete. Die Kernvorwürfe der Recherche standen dabei aber gar nicht zur Debatte.

    Ein Punkt für Vosgerau, zwei für Correctiv

    Einer der Kläger ist Ulrich Vosgerau. Der Jurist ist Mitglied der CDU und nahm am Treffen in der Potsdamer Villa teil. Er versuchte gegen drei Textstellen vorzugehen. So heißt es in einem Absatz des Berichts, Vosgerau habe sich später nicht an die Abschiebungsideen des Rechtsextremisten Martin Sellner erinnern können. In einem weiteren Satz schreiben die Journalistinnen und Journalisten, Vosgerau spreche jungen Türkinnen die Fähigkeit ab, sich eine unabhängige Meinung bilden zu können. Vosgerau beanstandete, seine Aussagen würden nicht korrekt wiedergegeben. Das Landgericht Hamburg wies seinen Antrag in beiden Punkten zurück.

    In einem dritten bekam der CDU-Politiker jedoch recht. So stand im Bericht, Vosgerau befürworte einen Vorschlag, wonach man die Rechtmäßigkeit von Wahlen durch eine Masse an vorher erstellten Musterschreiben in Zweifel ziehen könne. Vosgerau entgegnete, dass er ein solches Vorgehen nicht unterstütze. Die Journalistinnen und Journalisten von Correctiv mussten ihren Bericht um den entsprechenden Satz kürzen. Den Kern des Textes – die Anwesenheit von Rechtsextremisten sowie die Pläne zur massenhaften Abschiebung – griff Vosgerau vor Gericht aber nicht an.

    Ein Unternehmer wollte sich gegen die Nennung seines Namens wehren

    Correctiv wertete das Verfahren als Erfolg. "Zentral in der Recherche war ja der 'Masterplan', wie es in der Einladung zu dem Treffen stand", sagt Chefredakteur Justus von Daniels gegenüber unserer Redaktion. "Dabei ging es pauschal darum, Millionen zu vertreiben, seien es Asylbewerber, Menschen mit Aufenthaltsstatus oder, wie es im Vortrag hieß, 'nicht assimilierte Staatsbürger'", sagt er. 

    Gleichzeitig wertete jedoch auch Ulrich Vosgerau die Entscheidung als Sieg für sich. Man habe damit nachgewiesen, dass Correctiv Aussagen der Teilnehmer verkürzt dargestellt und gegen Sorgfaltspflichten verstoßen habe, schrieb er auf der Plattform X. Außerdem kündigte er an, weiter vor das Oberlandesgericht ziehen zu wollen.

    Der zweite Antrag gegen das Medienhaus stammt von einem Unternehmer, der gar nicht am Treffen beteiligt war: Klaus Nordmann. Im Correctiv-Bericht wird er als "Mittelständler aus NRW und AfD-Großspender" betitelt. Nordmann wollte gegen die Nennung seines Namens vorgehen. Das Landgericht Hamburg wies diesen Antrag jedoch zurück. Nordmann habe keinen Anspruch auf anonymisierte Berichterstattung, so die Begründung. Der Unternehmer sei bereits zuvor als AfD-Spender öffentlich in Erscheinung getreten.

    "Beide Anträge haben sich mit unwesentlichen Details der Veröffentlichung befasst", sagt Correctiv-Chefredakteur Justus von Daniels über das Verfahren. "Unser Eindruck war, dass die Anträge auch dem Zweck dienen sollten, in der Öffentlichkeit ein Bild aufzubauen, dass unsere ganze Recherche vor Gericht infrage gestellt worden sei", sagt er. "Das hat nicht funktioniert."

    Was können Fake News anrichten und wie sind sie zu erkennen? Darüber spricht der Gründer des Anti-Fake-News-Blogs Volksverpetzer im Podcast "Augsburg, meine Stadt".

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