Seit vielen Wochen schon steht Robert Habeck wegen des geplanten Heizungsgesetzes massiv in der Kritik, und seine Popularitätswerte brannten regelrecht herunter. In Berlin sorgten sich schon einige Grüne dieser Tage, ihr einstiger Superstar und Vizekanzler könnte gar hinschmeißen. Doch stattdessen setzte Habeck nun zum Befreiungsschlag an, den zweiten binnen zehn Tagen, nachdem er seinen Staatssekretär Patrick Graichen gefeuert hatte. „Ich will das Gesetz besser machen“, sagte Habeck nun den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Habeck: Umstieg solle "einfach machbar" und "sozial flankiert" werden
Gemessen an der massiven Kritik gibt es dafür reichlich Spielraum. Habeck räumt ein, dass die Debatte um das Heizungsgesetz viele Menschen verunsichere und dass der Entwurf Fragen und auch Bedenken auslöse, sagte Habeck. „Viele wollen ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten und wollen klimafreundlich heizen, sie machen sich aber Gedanken, wie es konkret geht und ob sie es sich leisten können. Und sie verdienen Antworten.“ Nun möchte er nachbessern: „Mir ist wichtig, dass der Umstieg auf erneuerbares Heizen pragmatisch funktioniert, für die Bürgerinnen und Bürger einfach machbar ist und sozial flankiert wird“, betonte Habeck.
Vor allem Besitzer bestehender Gebäude sollen mehr Zeit bei der Heizungsumrüstung erhalten. „Wir könnten ab dem 1. Januar 2024 mit dem Umstieg für Neubauten anfangen. Das betrifft dann die Neubauten, die ab Januar genehmigt werden. Bei den Bestandsgebäuden würde ich gern den Wunsch nach mehr Zeit aufnehmen.“ Hier seien die Herausforderungen größer. „Und angesichts der Sorgen wegen Handwerkermangel und Lieferengpässen ist etwas mehr Zeit auch eine Hilfe.“ Am Dienstag nach Pfingsten will sich der Vizekanzler mit den Abgeordneten der Ampelfraktionen SPD, Grüne und FDP treffen.
Pellets sind auch bei Neubauten wieder im Spiel
Bei einem gerade im Süden oft kritisierten Punkt des Gesetzes lenkt Habeck ein: Heizungssysteme mit Pellets und Hackschnitzel sollen wohl auch in Zukunft als erneuerbare Energien für Neubauten und Bestandsgebäude anerkannt werden. Im Entwurf waren sie überraschend davon ausgenommen worden. Weshalb sie in Neubauten wohl kaum noch zum Einsatz gekommen wären, weil damit die 65-Prozent-Vorgabe für erneuerbare Energie nicht zu erfüllen gewesen sei.
Selbst bei den Grünen sorgt die Pellet-Kehrtwende für Aufatmen: Er sei froh, sagte der bayerische Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann, „dass bei den Regelungen zum Heizen mit Holz noch einmal nachgebessert wird“. Seine Fraktion habe sich dafür erfolgreich bei Habeck eingesetzt. „Das ist eine klare positive Botschaft für die Menschen im waldreichen Bayern“, sagt Hartmann.
Die mit nachwachsenden Rohstoffen betriebene Heizung erfreut sich gerade in Süddeutschland großer Beliebtheit: 55,5 Prozent der geförderten Anlagen stehen in Bayern und Baden-Württemberg. Allein in Bayern wird laut dem Statistischen Landesamt inzwischen mehr als jedes achte Einfamilien- oder Reihenhaus mit Pellets oder Hackschnitzeln beheizt. Lange Zeit galt der Brennstoff als umweltfreundliche Alternative zur klimaschädlichen Ölheizung, die in Bayern gerade auf dem Land noch immer die am weitesten verbreitete Heizung in Einfamilienhäusern ist.
Kommen die Wärmepumpen-Vorgaben erst 2026?
Auch der Kritik der Städte und Gemeinden, die um die Zukunft ihrer Gas- und Fernwärmenetze bangen, kommt Habeck entgegen. Es werde bald ein Maßnahmenpaket für den Nah- und Fernwärmeausbau geben. Ein neues Wärmeplanungsgesetz solle Wärmenetzen einen Schub geben. Die Übergangsfristen des Heizungsgesetzes, das bislang sehr einseitig auf die Förderung von Wärmepumpen setzte, sollen mit dem Ausbau der Fernwärme abgestimmt werden. Nach Einschätzung des CDU-Wirtschaftsrats wird dies nicht vor Ende 2026 der Fall sein. Weshalb das Einführungsdatum des Gesetzes vom Tisch sein müsse. .
„Es kann nicht sein, dass die Kommunen bis Ende 2026 Zeit für die Planung ihrer Wärmenetze haben, aber der einzelne Hauseigentümer bereits 2024 kostenintensive Entscheidungen treffen muss, die dann zwei Jahre später möglicherweise nicht mehr zur Planung seiner Kommune passen“, sagte Wirtschaftsrat-Generalsekretär Wolfgang Steiger. „Schlimmstenfalls muss dann die neue Wärmepumpe wieder rausgerissen werden, weil sich die Kommune für eine Erweiterung des Wärmenetzes mit Anschluss- und Benutzungszwang entschieden hat“, warnte Steiger. „Das ist niemandem vermittelbar.“
Mieterbund fordert Ende der Benachteiligung von Mietwohnungen im Heizungsgesetz
Der Mieterbund fordert soziale Korrekturen: „Der bisherige Gesetzentwurf von Wirtschaftsminister Robert Habeck hat aus Mieter-Sicht einen entscheidenden Konstruktionsfehler: Die Klimaboni für den Heizungsumbau gibt es nur für selbst nutzende Eigentümer und für solche von höchstens sechs Mietwohnungen, von denen sie eine selbst bewohnen“, kritisiert Mieterbund-Chef Lukas Siebenkotten. „Alle übrigen Vermieter, darunter auch kommunale Wohnungsgesellschaften, gehen diesbezüglich leer aus.“
Die Klimaboni müsse es für den gesamten vermieteten Bereich geben. „Es ist völlig unverständlich, dass im Gesetzentwurf Mieterhaushalte schlechter behandelt werden als Selbstnutzer“, betonte im Gespräch mit unserer Redaktion. Nun müsse Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehen. „Gesetze, die mit heißer Nadel gestrickt werden, weil es schnell gehen muss, sind nach allgemeiner Erfahrung meistens keine guten Gesetze“, betont Siebenkotten.