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Lesetipp: Jede zehnte deutsche Gaststätte musste 2023 schließen

Lesetipp

Jede zehnte deutsche Gaststätte musste 2023 schließen

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    Erst Corona, dann Inflation und hohe Energiepreise, jetzt die Rück-Erhöhung der Mehrwertsteuer: Das Gastgewerbe kommt nicht aus der Krise.
    Erst Corona, dann Inflation und hohe Energiepreise, jetzt die Rück-Erhöhung der Mehrwertsteuer: Das Gastgewerbe kommt nicht aus der Krise. Foto: Kira Hofmann, dpa (Symbol)

    Die Gastronomie in Deutschland kommt nicht aus der Krise – im Gegenteil. Etwa 14.000 Betriebe mussten im vergangenen Jahr schließen und damit fast jede zehnte Gastwirtschaft im Land. Das ergab eine Erhebung der Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Prognosen für das laufende Jahr machen wenig Hoffnung auf ein Ende des Wirtshaussterbens.

    Das Problem: Viele Betriebe hätten das Dauertief der vergangenen Jahre nie überwunden, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Abteilung Wirtschaftsforschung bei Creditreform. Erst brachen die Einnahmen durch Corona ein. Dann kam die Inflation, die Kaufkraft schwand – und mit ihr schwanden auch die Kundinnen und Kunden. Der Umsatz lag 2023 preisbereinigt 13 Prozent unter dem Wert vor der Pandemie. Viele Gaststätten konnten sich in den vergangenen Jahren nur durch Staatshilfen über Wasser halten. Als diese wegfielen, gaben noch mehr Wirte auf.

    Obendrauf kommt nun seit dem 1. Januar die erhöhte Mehrwertsteuer, die nun wieder beim ursprünglichen Satz von 19 Prozent liegt. Dadurch dürfte die Zahl der Schließungen weiter steigen, prognostizieren Experten.

    Immerhin: In Bayern ist die Dichte an Wirtshäusern immer noch hoch, sagt Hantzsch. Doch auch hier macht sich das Wirthaussterben bemerkbar – besonders auf dem Land. "In der Stadt sind die Menschen im Allgemeinen eher bereit – auch aufgrund der durchschnittlich höheren Kaufkraft – die gestiegenen Preise zu zahlen", sagt Hanztsch. "Auf dem Land dagegen erfüllt das Wirtshaus eine noch größere gesellschaftliche Funktion als Begegnungsort", sagt er. "Doch kann schon seit Jahren beobachtet werden, dass die Konsumenten weniger essen und trinken gehen als noch vor 20 Jahren." Hinzu komme der demographische Wandel: Jüngere Menschen nutzten das Wirtshaus-Angebot deutlich weniger als die älteren Generationen.

    All das lässt den Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) wenig zuversichtlich in die Zukunft blicken. Überrascht von den massenhaften Schließungen ist man nicht. "Wir haben schon vor der Mehrwertsteuer-Erhöhung darauf hingewiesen, dass das passieren wird", sagt Angela Inselkammer, Präsidentin des Dehoga in Bayern. Ihre Forderung: "Wir müssen unbedingt auf die sieben Prozent Mehrwertsteuer zurück." Das Bundesfinanzministerium lehnt das allerdings ab. Die Absenkung sei eine "von vornherein befristete Maßnahme" gewesen, um die Folgen der Coronakrise abzumildern, sagt ein Sprecher des Ministeriums.

    Das Bundeswirtschaftsministerium weist die Kritik der Wirte zurück

    Doch nicht nur die Steuer macht den Wirten zu schaffen. "Da ist zum Beispiel die überbordende Bürokratie", sagt Inselkammer. "Die Summe an Formularen und Aufgaben, die Gastronomen jeden Tag abarbeiten müssen, ist eine enorme Belastung." Außerdem werde es zunehmend schwer, Arbeitskräfte zu finden. "Wir müssen schauen, dass viel mehr Menschen, die nach Deutschland kommen, auch hier arbeiten können", fordert sie. "Da tut die Bundesregierung einfach zu wenig."

    Das Bundeswirtschaftsministerium weist die Kritik auf Anfrage zurück. Man habe unter anderem mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz auf die Bedürfnisse der Gastwirtschaft reagiert. "So dürfen zum Beispiel Nicht-EU-Ausländerinnen einfacher Nebenjobs ausüben und erhalten mehr Zeit, um ihre berufliche Qualifikation anerkennen zu lassen", sagt ein Sprecher des Ministeriums. Weitere Maßnahmen sollen folgen. "Auch mit dem Wachstumschancengesetz und dem Bürokratieentlastungsgesetz sind Erleichterungen vorgesehen, von denen das Gastgewerbe profitieren wird." Wie und wann solche Maßnahmen wirken, bleibt zunächst offen. Patrik-Ludwig Hantzsch hat für das anstehende Jahr wenig Hoffnung, dass die Zahl der Schließungen zurückgeht: "Die Welle hat gerade erst begonnen".

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