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Frankreich: Wie ein Bäckermeister verhinderte, dass sein Lehrling abgeschoben wird

Frankreich

Wie ein Bäckermeister verhinderte, dass sein Lehrling abgeschoben wird

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    Der Meister in seiner Backstube in der ostfranzösischen Stadt Besançon: Stéphane Ravacley hat sich durchgesetzt - sein Lehrling darf bleiben.
    Der Meister in seiner Backstube in der ostfranzösischen Stadt Besançon: Stéphane Ravacley hat sich durchgesetzt - sein Lehrling darf bleiben. Foto: Sebastien Bozon, AFP/dpa

    Eigentlich wollte Laye Fodé Traoré einfach nur weiterhin jeden Tag ab frühmorgens in der Backstube seines Chefs in Besançon stehen, Baguette, Croissants und Rosinenschnecken formen, in den Ofen schieben und knusprig gebacken wieder herausholen. Erst aber wurde ihm Anfang Januar die Erlaubnis entzogen, seine Bäckerlehre in Frankreich fortzusetzen: Weil er volljährig geworden war, sollte er zurück in sein Heimatland Guinea, wie ihm die französischen Behörden mitteilten. Und dann fand er sich auch noch in TV-Talkshows, Zeitungen und Online-Medien wieder. Sie alle berichteten über ihn und seinen Chef, Stéphane Ravacley, der am 3. Januar in einen Hungerstreik getreten war, um gegen die Abschiebung seines Lehrlings zu protestieren.

    Die Präfektur stellte eine Aufenthaltsgenehmigung aus

    Mit Erfolg: Nun händigte die zuständige Präfektur Laye Fodé Traoré eine Aufenthaltsgenehmigung aus. „Das ist eine Riesenfreude, ein echter Sieg“, jubelte der Bäckermeister und dankte allen, die ihn in seinem Kampf unterstützten. So hatten mehr als 242.000 Menschen eine Petition für den Verbleib des jungen Guineers in Frankreich unterzeichnet, darunter viele Kunden der Bäckerei „La Huche à Pain“ („Der Brotkasten“) im Zentrum der ostfranzösischen Stadt. „Menschlichkeit besteht nicht darin, einen 18-Jährigen in sein Land zurückzuschicken aus dem einzigen Grund heraus, dass er 18 ist“, so Ravacley.

    Im September 2019 war Laye Fodé Traoré in Frankreich angekommen, wo er als unbegleiteter Flüchtling zunächst Schutz bis zur Volljährigkeit erhielt. Eine Hilfsvereinigung brachte ihn in einem Wohnheim unter. „Er gehörte zu all diesen Jungen, die mit einem Schlauchboot hier landeten“, erzählt Ravacley. „Sie suchten Arbeit und ich suchte einen Lehrling für das erste Jahr. Wir haben zwei Testmonate gemacht und es hat gut funktioniert.“ Sein Lehrling sei diskret, freundlich und spreche niemals schlecht über andere. Das Unternehmen brauche ihn, denn Auszubildende seien in der Bäckerzunft schwer zu finden: „Jungen wie er sind unsere Zukunft!“

    Prominente aus Politik und Kultur unterstützten offenen Brief an Macron

    Er liebe seinen Beruf, sagte Laye Fodé Traoré selbst. „Ich mag Croissants und Brot. Es stört mich nicht, früh aufzustehen.“Mit seinem Entschluss, sich aus Protest nur noch von klarer Brühe zu ernähren, gelang es Ravacley, Aufmerksamkeit in den Medien und den sozialen Netzwerken zu wecken. Als er nach einem Schwächeanfall in die Klinik-Notaufnahme musste und eine Vitamininfusion bekam, wuchs die öffentliche Sorge um ihn. Einem offenen Brief des Europapolitikers Raphaël Glucksmann an Präsident Emmanuel Macron schlossen sich etliche Prominente und Politiker an – vom Sozialisten-Chef Olivier Faure über den Umweltaktivisten Nicolas Hulot bis zu den Schauspielern Marion Cotillard und Omar Sy. „Sie können nicht gleichgültig bleiben gegenüber der Tatsache, dass ein französischer Bürger seine Gesundheit in Gefahr bringt, um die humanistischen Prinzipien zu verteidigen – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit –, die auf den Giebeln unserer Rathäuser stehen“, hieß es darin.

    Asylverfahren in Deutschland

    Wer in Deutschland Asyl beantragen will, muss sich an eine Erstaufnahme-Einrichtung (EA) des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BANF) wenden. In Bayern gibt es bisher drei: in Zirndorf, München und Deggendorf. Auch alle anderen Regierungsbezirke sollen eine EA bekommen, darunter ist für Schwaben eine für 500 Bewohner in Augsburg an der Berliner Allee geplant. In der EA bleiben Asylsuchende in der Regel zwei bis drei Monate, um anschließend weiterverteilt zur werden.

    Die Verteilung der Asylbewerber wird mithilfe des bundesweiten Verteilungssystems „Easy“ geregelt. Welche Einrichtung für Asylsuchende jeweils bestimmt wird, hängt zum einen von Kapazitäten ab, aber auch davon, aus welchem Land der Asylbewerber kommt. Denn nicht jede Außenstelle des Bundesamts bearbeitet jedes Heimatland.

    Er ist die Grundlage für die Aufnahmequoten der Bundesländer und wird für jedes Jahr entsprechend der Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl der Länder berechnet. 2015 muss Bayern 15,3 Prozent der Asylbewerber aufnehmen. Eine höhere Quote hat nur Nordrhein-Westfalen, hier sind es 21,2 Prozent.

    Asylbewerber werden in Bayern von den Bezirksregierungen entweder in staatliche Gemeinschaftsunterkünfte eingewiesen oder in dezentralen Unterkünften untergebracht, die von den Landkreisen und kreisfreien Städten zur Verfügung gestellt werden müssen.

    Wer Asyl beantragt, wird früher oder später zur Anhörung beim BAMF eingeladen. Dabei sind ein sogenannter „Entscheider“ des Bundesamtes und ein Dolmetscher. Die Entscheidung wird dem Bewerber schriftlich mitgeteilt. Gegen eine ablehnende Entscheidung ist bei den Verwaltungsgerichten Klage möglich.

    Die zuständige Präfektur ließ schließlich wissen, dass der junge Mann bleiben kann: Nach Überprüfung neuer Dokumente – darunter einer Geburtsurkunde der Behörden in Guinea – stelle sie ihm eine Aufenthaltsgenehmigung aus, auch weil sein „Weg der Integration bis jetzt vorbildlich“ gewesen sei und er „gute Perspektiven für eine berufliche Eingliederung“ habe – also ein Abschluss seiner Lehre mit anschließender Anstellung. Laye habe fast geweint vor Freude und sich bei seinem Chef und dem französischen Staat bedankt, sagte Stéphane Ravacley: „Ab Dienstag steht er wieder im Geschäft!“

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