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Frankreich: Warum Ex-Präsident François Hollande sich zurückmeldet

Frankreich

Warum Ex-Präsident François Hollande sich zurückmeldet

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    Den früheren französischen Präsidenten François Hollande zieht es zurück auf die politische Bühne.
    Den früheren französischen Präsidenten François Hollande zieht es zurück auf die politische Bühne. Foto: Imago Images

    Wer die Aktivitäten von François Hollande in den vergangenen Monaten verfolgt hat, konnte zumindest nicht völlig überrascht sein von dessen Ankündigung, bei den französischen Parlamentswahlen am 30. Juni und 7. Juli anzutreten. Der ehemalige sozialistische Präsident gab Interviews, veröffentlichte ein Buch, tourte durch das Land. Offenkundig bereitete er sich auf ein Comeback vor, nachdem er am Ende seiner Amtszeit 2012 zugunsten seines ehemaligen Wirtschaftsministers Emmanuel Macron auf eine erneute Kandidatur verzichtet hatte. Laut Umfragen war Hollande damals regelrecht verhasst, inzwischen aber zählt er wieder zu den populärsten Politikern Frankreichs. Die Menschen haben sich mit ihm, der als „normaler Präsident“ auftreten wollte, versöhnt, auch weil viele Macron als abgehobenen Überflieger wahrnehmen.

    Wer allerdings die politischen Positionen des 69-Jährigen kennt, der musste sich dann doch wundern. Denn um einen Sitz in der Nationalversammlung bewirbt er sich im Rahmen der jüngst geschlossenen Allianz aus Sozialisten, der Linkspartei LFI (La France Insoumise, auf Deutsch „Das unbeugsame Frankreich“), Grünen und Kommunisten. Unter dem Namen „Neue Volksfront“ in Anspielung an die Volksfront, die sich 1936 um den sozialistischen Premierminister Léon Blum bildete, einigten sich die Beteiligten auf eine Aufteilung der 577 Wahlkreise und ein gemeinsames Programm. Dort sind Forderungen wie die Rückkehr zur Rente mit 60 oder die Verweigerung von Budgetzwängen zur Einhaltung von EU-Regeln enthalten. Mit Hollandes sozialdemokratischer Linie lassen sich diese kaum in Einklang bringen. 

    Das Linksbündnis in Frankreich wird dominiert von einem EU-Skeptiker

    Wie das Vorgänger-Bündnis „Nupes“ („Neue ökologische und soziale Volksunion“) im Vorfeld der Parlamentswahlen 2022, das schnell wieder zerbrach, ist auch der jetzige Zusammenschluss von den radikalen Linken und dessen einflussreichem Frontmann Jean-Luc Mélenchon dominiert – einem EU-Skeptiker und politischen Gegner Hollandes. Im EU-Wahlkampf setzte die Partei einseitig auf den Nahost-Krieg als Hauptthema, ließ dabei auch antisemitische Töne anklingen. Auch deshalb kritisierte Hollandes früherer Premierminister Manuel Valls dessen Entscheidung scharf. 

    Der französische Ex-Staatschef hingegen rechtfertigte seine Entscheidung mit dem „Ernst der Situation“. „Nie seit der Befreiung befand sich die extreme Rechte so nah an der Macht“, sagte Hollande. Tatsächlich führt der rechtsextreme Rassemblement National (RN), der auch bei den EU-Wahlen vor einer Woche triumphierte, derzeit mit mehr als 30 Prozent in den Umfragen, während die „Neue Volksfront“ auf 28 Prozent kommt und Macrons Lager bei 18 Prozent liegt. Im Fall eines Siegs könnte die Partei von Marine Le Pen den Premierminister stellen, der die Regierung bilden würde. Macron bliebe Präsident in einer sogenannten „Kohabitation“.

    Demonstrationen gegen Rechtsruck in Frankreich

    Gegen diese Aussicht und den Rechtsruck in Frankreich demonstrierten am Wochenende rund 640.000 Menschen, davon laut Angaben der Gewerkschaft CGT 250.000 Teilnehmer alleine in Paris, während die Polizei dort nur 75.000 Demonstranten zählte. Auch berühmte Fußballer äußerten sich öffentlich, was eine Warnung des französischen Verbandes vor einer zu starken Politisierung des Teams nach sich zog. Vor dem ersten EM-Spiel der französischen Nationalelf am Montagabend appellierte Kapitän Kylian Mbappé vor allem an die jüngeren Leute, wählen zu gehen. „Ich hoffe, wir werden auch am 7. Juli noch stolz sein, unser Trikot zu tragen“, sagte der 25-Jährige, der sich gegen „alle Ideen, die spalten“, richtete. Auch Trainer Thierry Henry rief am Montag zur Wahl „gegen die Extreme auf“. Zuvor hatte der Spieler Marcus Thuram die Lage als „sehr ernst“ bezeichnet und konkret dazu aufgerufen, den RN an der Urne zu verhindern.

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