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Frankreich-Wahl 2017: Le Pen gegen Macron: Ein TV-Duell wie ein Wrestling-Kampf

Frankreich-Wahl 2017

Le Pen gegen Macron: Ein TV-Duell wie ein Wrestling-Kampf

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    Fototermin vor dem Schlagabtausch: die rechtsextreme Marine Le Pen mit dem unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron.
    Fototermin vor dem Schlagabtausch: die rechtsextreme Marine Le Pen mit dem unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron. Foto: Eric Feferberg, afp

    Emmanuel Macron im Porträt

    Emmanuel Macron ist der Senkrechtstarter der französischen Politik. Einige nennen ihn bereits den "französischen Kennedy".

    In seinem Lager entfacht der zierlich wirkende Mann Begeisterung. Schon vor der Wahl war von "Macromania" die Rede.

    Sein Wahlkampfbuch nannte er schlicht "Révolution".

    Erst vor einem Jahr gründete der frühere Wirtschaftsminister seine Bewegung "En Marche!" (Auf dem Weg).

    Einen klassischen Parteiapparat hat er bis heute nicht. Er spricht Menschen an, die eine Erneuerung wollen, aber Extreme ablehnen.

    Macron führt sein Wahlkampfteam wie ein Start-up-Unternehmen. Er will "neue Gesichter" in die Top-Etage der Macht bringen.

    Falls er gewinnt, soll ein erheblicher Teil der Minister seiner Regierung nicht aus der Politik kommen.

    Der 39-Jährige ist ein Europafreund. "Ich habe Europa im Herzen", lautet sein Motto.

    Das macht ihn zum prominentesten Widersacher der Rechtspopulistin Marine Le Pen, die die Europäische Union bekämpft und in ihrem Land den "neuen Franc" als Währung einführen will.

    Macron gab schon vor langer Zeit sein Parteibuch bei den Sozialisten ab. Er positioniert sich "weder rechts noch links".

    Im Wahlkampf bekannte er, Außenseiter zu sein. In der Tat wurde Macron noch nie in ein Amt gewählt.

    Der ehrgeizige Kandidat war bis 2012 gut bezahlter Investmentbanker bei Rothschild & Cie...

    ... Dann holte ihn der sozialistische Präsident François Hollande in den Élyséepalast. 2014 wurde er Wirtschaftsminister. 

    Macron ist seit 2007 mit der wesentlich älteren Französisch-Lehrerin Brigitte Macron (64) verheiratet, die er seit seiner Schulzeit in Amiens kennt.

    Sie organisiert im Wahlkampf und "coacht" ihren Mann. Das ungewöhnliche Paar könnte im Élyséepalast für richtigen Glamour sorgen.

    Man kannte Marine Le Pen schon als aggressive Wahlkämpferin, die ihre Gegner mit Verachtung zu überziehen pflegt und ein ähnliches Verhältnis zur Wahrheit hat wie US-Präsident Donald Trump – den sie bewundert. Doch was sich am Mittwochabend vor 16,5 Millionen Fernsehzuschauern abspielte, zeigte, in welche Untiefen dadurch das Niveau der politischen Diskussion in Frankreich gesunken ist. Das TV-Duell zwischen ihr und ihrem Rivalen bei der französischen Präsidentschaftswahl, Emmanuel Macron, geriet zu einem chaotischen Austausch von Gehässigkeiten.

    „Ihre Argumente sind doppelt so alt wie Sie“, griff die Rechtspopulistin Macron persönlich an, den sie wahlweise als „Schätzchen des Systems und der Eliten“, „eiskalten Geschäftsbanker“ und „Kandidaten der ungezügelten Globalisierung“, der sich Deutschland unterwerfe, bezeichnete. „Frankreich wird so oder so von einer Frau gelenkt werden: von mir oder Frau Merkel“, so Le Pen. Systematisch machte sie den 39-Jährigen für das Handeln der sozialistischen Regierung verantwortlich, der er zwei Jahre als Wirtschaftsminister angehörte, und brachte dabei, hektisch in ihren Akten blätternd, den Verkauf zweier Unternehmen durcheinander. „Sprechen wir jetzt von SFR oder von Alstom?“, erwiderte er. „Die einen machen Telefone, die anderen Turbinen. Sie verwechseln die beiden Dossiers, das ist traurig für Sie, weil es zeigt, wie unvorbereitet Sie sind.“ Zwar konterte Macron zumeist schlagfertig, ließ sich aber auch provozieren.

    Wortreich ging er auf Le Pens Angriffe ein, anstatt gelassen über ihren pauschalen Anschuldigungen zu stehen. Sie gebe permanent „Dummheiten“ und „Lügen“ von sich, klagte er, spiele „auf abstoßende Weise“ mit den Ängsten und der Wut der Menschen, stehe für Spaltung statt Einheit: „Madame Le Pen, Frankreich verdient Besseres.“ Die beiden Journalisten, die die Debatte eigentlich moderieren sollten, zeigten sich völlig überfordert.

    TV-Duell in Frankreich 2017: Le Pen gegen Macron

    Marine Le Pen im Porträt

    Marine Le Pen bietet einfache Erklärungen für Frankreichs Probleme: Die "massive Einwanderung" sei schuld und die Entmündigung durch "Technokraten" aus Brüssel.

    Die Rechtspopulistin hat den Auftritt ihrer Partei modernisiert und damit schon viele gute Wahlergebnisse eingefahren.

    Nun steht sie wie 2002 ihr Vater Jean-Marie Le Pen in der Stichwahl um den Élyséepalast.

    Statt mit der martialischen Flamme der Front National (FN) wirbt die 48-Jährige mit einer Rose, ohne Dornen und natürlich in Marineblau.

    Seit sie den Parteivorsitz 2011 von ihrem Vater übernahm, hat sie der Rechtsaußenpartei eine "Entteufelung" verordnet, ein gemäßigteres Auftreten. Offener Rassismus und Antisemitismus werden geahndet. 

    Le Pen setzt aber weiter auf Abschottung und radikale Positionen gegen Europäische Union und Einwanderung. In ihren Reden spielt sie geschickt auf der Klaviatur von Frust und Ängsten etwa vor dem Islam.

    "Feindbilder sind ein fester Bestandteil in der Rhetorik von Marine Le Pen", schreibt Tanja Kuchenbecker, Autorin eines Buchs über die Rechtspopulistin.

    Vorwürfe wie den Verdacht der Scheinbeschäftigung von FN-Mitarbeitern im EU-Parlament konnte die Europaabgeordnete ihren Anhängern bislang als Manöver ihrer Gegner verkaufen.

    Marine Le Pen kam 1968 als jüngste Tochter des rechtsextremen Polit-Haudegens Jean-Marie Le Pen zur Welt, der die FN in vier Jahrzehnten von einer Splittergruppe zu einer wichtigen Stimme in Frankreich machte.

    Im Alter von acht Jahren wurde sie von einer Bombenexplosion aus dem Schlaf gerissen - ein Anschlag auf ihren Vater.

    Die Trennung ihrer Eltern wurde zur Seifenoper, als die Mutter im "Playboy" posierte.

    Le Pen studierte Jura und arbeitete erst als Rechtsanwältin, dann führte sie die Rechtsabteilung der Front National. Sie hat drei Kinder.

    Ihre zwei Ehen gingen auseinander, heute ist sie mit dem FN-Europaabgeordneten Louis Aliot liiert.

    Für die Strategie der "Entteufelung" ließ sie 2015 sogar ihren Vater aus der FN ausschließen, nachdem er die Gaskammern der Nazis erneut als "Detail" der Geschichte bezeichnet hatte.

    Eine sogenannte Mikropartei des 88-Jährigen lieh ihr trotzdem Millionen für den Präsidentschaftswahlkampf.

    Der unabhängige Kandidat versuchte, seine Pläne von der Förderung von Schülern in sozialen Brennpunkten bis zum Umbau der Arbeitslosenversicherung zu erläutern; Le Pen hingegen vermochte ihre zuletzt widersprüchlichen Aussagen über den Zeitplan eines möglichen Ausstiegs aus der Eurozone oder einer Rückkehr zur Rente mit 60 im Falle ihrer Wahl nicht zu erklären. Etwa zwei Drittel der Zuschauer hielten Macron nach der Debatte für den überzeugenderen Kandidaten.

    Marine Le Pen und ihr Gegner Emmanuel Macron während der Live-TV-Debatte. Foto: Bob Edme
    Marine Le Pen und ihr Gegner Emmanuel Macron während der Live-TV-Debatte. Foto: Bob Edme

    Man müsse mit dem Front National debattieren, „auch wenn man sich ein wenig beschmutzt“, sagte Macron hinterher. Er habe oft an Jacques Chirac gedacht: Der konservative Ex-Präsident hatte 2002, als er neben Marine Le Pens Vater Jean-Marie in die Stichwahl einzog, ein Rededuell mit dem Rechtsextremen verweigert. Seiner Tochter wird nachgesagt, den

    Nach den Universitätspräsidenten riefen am Tag nach der Sendung Vertreter der protestantischen, der muslimischen und der jüdischen Glaubensgemeinden zur Wahl Macrons auf.

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