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Frankreich-Stichwahl 2022: Ergebnis ist für Macron Warnung

Kommentar

Zitter-Sieg gegen Le Pen: Das Ergebnis ist für Macron eine Warnung

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    Emmanuel Macron wurde in Frankreich wiedergewählt.
    Emmanuel Macron wurde in Frankreich wiedergewählt. Foto: Gonzalo Fuentes, Pool Reuters/AP/dpa

    Es ist kein triumphaler Erfolg, wie Emmanuel Macron ihn vor fünf Jahren eingefahren hat. Damals trat er als nationaler und europäischer Hoffnungsträger auf, der möglichst viel anders und besser machen wollte. Mit 66 Prozent der Stimmen wies er die Rechtsextreme Marine Le Pen in ihre Schranken.

    Nun hat er ein deutlich schlechteres Ergebnis vorzuweisen und der einstige Optimismus machte einem Gefühl der Desillusion Platz. Macron wurde wiedergewählt, weil zwar ein Teil der Französinnen und Franzosen ihn durchaus für einen guten Präsidenten halten, der ihr Land würdig repräsentiert, es relativ erfolgreich durch Krisen gebracht und seine Situation insgesamt verbessert hat. Aber ein mindestens so großer Teil lehnt ihn ab.

    Der knappe Sieg über Marine Le Pen wird die politische Arbeit erschweren

    Die Gründe dafür sind vielfältig. Viele mögen Macrons selbstverliebte Art und seinen Werdegang als Vertreter der abgehobenen Elite nicht. Seinen Kritikern zufolge baute er mit seinen Arbeitsmarktreformen soziale Errungenschaften ab und erhöhte die Ungleichheit – obwohl die Regierung während der Corona-Pandemie so großzügig half wie kaum eine andere. Wie so oft in Frankreich handelte es sich für um eine Wahl des geringeren Übels. Das nagt an der Legitimität des Präsidenten und wird die Regierungsarbeit schwer machen. Die „republikanische Front“ als Barriere gegen die extreme Rechte gibt es noch, aber sie bröckelt. Politische Schwergewichte wie der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon verzichteten auf eine klare Wahlempfehlung für Macron, so als könne man sein Programm mit jenem der Rechtsextremen Le Pen gleichsetzen. Das kann man nicht, bei aller berechtigten Kritik am Präsidenten.

    Das Ergebnis der Präsidentschaftswahl sollte Macron eine Warnung sein

    Le Pen ist eine Bewunderin autoritärer Machthaber, die die Verfassung umbauen wollte, um Ausländer auszugrenzen und mit grundlegenden Prinzipien wie Gleichheit und Brüderlichkeit zu brechen. Ausgerechnet zu Zeiten des Ukraine-Krieges vertritt sie die Ansicht, dass die EU keine Einheit braucht und Frankreich sich lieber an Moskau als an Berlin annähern sollte. Erschütternd ist, dass ihr trotzdem so viele Menschen ihre Stimme gaben im Glauben, Le Pen stehe für eine bessere Zukunft.

    Fürs Erste bleibt Frankreich und Europa ein politisches Erdbeben zwar erspart. Aber es handelt sich um einen Zitter-Sieg, der wie ein Warnsignal an Macron wirken muss. Er hat die gemäßigten Parteien derart geschwächt, dass neben ihm nur die Extremen blieben – stärker denn je. Diese nährten sich am Frust über seine Hauruck-Politik, die auf Effizienz abzielte, aber die Menschen nicht mitnahm.

    Will er verhindern, dass ihm bei der nächsten Wahl in fünf Jahren, bei der er nicht mehr antreten darf, ein Populist nachfolgt, muss Macron seinen Regierungsstil ändern, das Parlament einbinden, Entscheidungen diskutieren. Er muss endlich sein Versprechen von 2017 einlösen, als er sagte, mit ihm würden die Franzosen der Politik wieder vertrauen.

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