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Frankreich : Die Macrons und die Netflix-Serie "Emily in Paris"

Frankreich

Die Macrons und die Netflix-Serie "Emily in Paris"

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    Der französische Präsident Emmanuel Macron mit seiner Frau Brigitte, die mit einer Mini-Rolle in einer Netflix-Serie für Diskussionen sorgte.
    Der französische Präsident Emmanuel Macron mit seiner Frau Brigitte, die mit einer Mini-Rolle in einer Netflix-Serie für Diskussionen sorgte. Foto: Sean Kilpatrick, AP/dpa


    Vier Jahre lang nippte sie an stilechten Champagner-Gläsern, ließ sich von einem charmanten „Frenchman“ den Kopf verdrehen und spazierte mit ihrer adretten Baskenmütze auf dem Kopf durch die hübschesten Viertel von Paris: Millionen Menschen in 190 Ländern der Welt verfolgen seit 2020 vor ihren Bildschirmen die von Klischees getränkten Abenteuer von „Emily in Paris“, gemäß der gleichnamigen Netflix-Serie. Nun aber wendet sich die Heldin, gespielt von Lily Collins, von den Croissants ab und dem Tiramisu zu: Emily wurde von ihrer Chefin nach Rom versetzt. „Vergiss die Crêpes, wir essen Pizza“, rief ihr neuer Freund Marcello. Er fährt – wie sollte es anders sein – natürlich Vespa.

    Der Umzug der jungen US-Amerikanerin hat nicht ihre Filmfigur, die im Modemarketing arbeitet, überrascht, sondern auch viele ihrer Fans. Sogar der französische Präsident ist bestürzt – und hat sich in die Debatte eingeschaltet. „´Emily in Paris` in Rom, das macht keinen Sinn“, sagte Emmanuel Macron in einem Interview mit dem US-Magazin Variety. Er werde die Verantwortlichen bitten, sie in die französische Metropole zurückzuholen. „Wir ringen heftig darum.“ Die Leidenschaft seiner Antwort rief Kritiker auf den Plan: Frankreich befindet sich in einer schweren finanziellen und politischen Krise – und der Präsident kämpft um Emilys Verbleib in der Hauptstadt?

    Es geht um Politik und wirtschaftliche Interessen

    Ja, denn es handelt sich um einen durchaus politisch und wirtschaftlich motivierten Kampf, wie Macron in seiner Antwort andeutete. Die Serie habe „extrem positive Auswirkungen hinsichtlich der Attraktivität Frankreichs“. Tatsächlich tummeln sich täglich Fans in ihrem Viertel im Quartier Latin im Herzen der Stadt, wo Emily in einer der für Paris so typischen Mini-Wohnungen mit toller Aussicht lebt. „Ihre“ Bäckerei an der Place de l’Estrapade verzeichnet massiven Zulauf gerade durch Touristen, in einem der Restaurants im Viertel gibt es ein „Emily-Menü“. Es gibt thematische Führungen, Lidl Frankreich startete mit dem Beginn der vierten Staffel eine auf die Sendung zugeschnittene Produktserie.

    Laut dem örtlichen Touristenbüro nennen 38 Prozent der Stadtbesucher „Emily in Paris“ als einen der Gründe für ihre Reise. Selbst Macrons Ehefrau Brigitte hatte vor wenigen Wochen einen kurzen Überraschungs-Auftritt, in dem sie sich selbst spielte. „Ich bin super stolz auf sie“, kommentierte ihr Mann, der sich ebenfalls stets gerne an der Seite populärer Stars zeigt – womöglich zur Verbesserung der eigenen Beliebtheitswerte.

    In Rom wird Emily mit offenen Armen begrüßt

    All das erklärt, warum Paris Emily ungern ziehen lässt – und Rom sie bereits mit offenen Armen begrüßt. Genüsslich riet Bürgermeister Roberto Gualtieri dem französischen Staatschef im sozialen Netzwerk „X“ zur „Entspannung“: „Lieber Emmanuel Macron, haben Sie keine Sorge: Emily kommt sehr gut in Rom zurecht.“ Er sehe Emilys Umzug als Bestätigung für die gestiegene Bedeutung der italienischen Hauptstadt: „Die Netflix-Produktion weiß schon, was sie tut.“

    Gerade in Frankreich und Paris hatte die Serie allerdings auch Kritiker. Die allzu platte Darstellung der Franzosen als Lebemenschen, die am späten Vormittag bei der Arbeit eintrudeln, bevor sie sich in ihre lange Mittagspause, natürlich mit Wein, verabschieden, irritierte. Manche Anwohner klagten über häufige Sperrungen des Viertels durch Dreharbeiten und den starken Zulauf von Selfie-machenden Fans. „Emily, casse-toi“, „Emily, verschwinde“, hatten Unbekannte zuletzt auf Mauern gesprüht. Das hat sie getan; ob es ein „Adieu“ für immer ist oder nur ein flüchtiges „Au revoir“, „Auf Wiedersehen“, das ist laut Macron noch längst nicht ausgemacht.

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