Dreimal hat er vergeblich versucht, sich zum französischen Präsidenten wählen zu lassen. Nun wurde François Bayrou zum Premierminister ernannt, dem bereits siebten in der siebeneinhalb Jahre währenden Amtszeit von Emmanuel Macron. Als Chef der proeuropäischen, liberalen Zentrumspartei MoDem (Mouvement Démocrate, übersetzt „Demokratische Bewegung“) ist Bayrou für die Menschen in Frankreich ein Altbekannter. Der Bürgermeister der südwestfranzösischen Stadt Pau, Sohn eines Kleinbauern am Fuß der Pyrenäen, hat anders als viele andere französische Spitzenpolitiker keine Elitehochschule absolviert.
Indem er die Mitte verkörpert, befindet sich Bayrou in ideologischer Nähe zu Macron, auch wenn sich beide Männer zuletzt voneinander entfernt haben. Der Präsident tat sich erkennbar schwer mit der Entscheidung, die mehrfach verschoben wurde, obwohl Bayrou als einer der Favoriten für den Posten gegolten hatte. Für einen echten Neuanfang steht der 73-Jährige allerdings ebenso wenig wie sein Vorgänger, der gleichaltrige Michel Barnier.
Vorgänger Barnier wurde in der vergangenen Woche per Misstrauensvotum gestürzt
Der konservative Ex-EU-Kommissar Barnier war nach nur drei Monaten im Amt von der vereinten Opposition aus linken und grünen Parteien sowie dem rechtsextremen Rassemblement National (RN) per Misstrauensvotum gestürzt worden. Macron und seine Verbündeten, zu denen auch Bayrous Partei gehört, verfügen seit den Parlamentswahlen im Juli über keine eigene Mehrheit in der Nationalversammlung mehr. Ob Bayrou, dem ein starker Charakter nachgesagt wird und der zudem über viel Erfahrung verfügt, nun als Brückenbauer fungieren kann? Davon hängt nicht zuletzt auch das politische Schicksal Macrons ab.
Dieser hat in einer Fernsehansprache vor einer Woche versichert, er werde nicht vor dem regulären Ende seiner Amtszeit im Frühjahr 2027 aufhören. Doch viele Optionen bleiben ihm nicht, um die aktuelle Blockadesituation zu überwinden. Die Nationalversammlung kann er frühestens im nächsten Sommer wieder auflösen. Schwebte ihm eine Form von großer Koalition mit Persönlichkeiten von links bis rechts der Mitte vor, so stehen Vertreter des linken Spektrums für die Regierungsarbeit nicht zur Verfügung.
Die Sozialisten wollen weiterhin in der Opposition bleiben
Die Sozialisten kündigten am Freitag an, in der Opposition zu bleiben. Sie wollten den Regierungschef stellen, forderten aber ein Wiederverhandeln der unpopulären Rentenreform – ein Tabu für Macron. „Indem er erneut einen Premierminister aus seinem eigenen Lager wählt, verschlimmert der Präsident die politische und demokratische Krise“, kritisierte die Partei in einem Kommuniqué. Zugleich stellte sie in Aussicht, Bayrous Regierung nicht zu stürzen, sollte er im Gegenzug auf die Verwendung des Verfassungsparagrafen 49.3 verzichten, mit dem Gesetze am Parlament vorbei beschlossen werden können.
Auf François Bayrous Entscheidung im Wahlkampf 2017, nicht den konservativen Kandidaten François Fillon zu unterstützen, sondern Macron, damals noch ein politischer Newcomer mit einer eigenen, neu gegründeten Partei, galt damals als wichtige Trendwende und einer der Gründe für Macrons Sieg. In dessen erster Regierung wurde Bayrou Justizminister, musste aber nach nur einem Monat im Amt zurücktreten, weil gegen ihn und weitere MoDem-Politiker wegen des Verdachts ermittelt wurde, EU-Gelder missbraucht zu haben, indem Parteiangestellte als Assistenten von EU-Abgeordneten deklariert und bezahlt wurden. Bayrou wurde im Gegensatz zu einigen seiner Parteifreunde freigesprochen. Sein großer Ehrgeiz galt dadurch weiterhin als ungebrochen. Nun dürfte er vorerst befriedigt sein.
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