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Fragen & Antworten: Was bringen die Russland-Sanktionen wirklich?

Fragen & Antworten

Was bringen die Russland-Sanktionen wirklich?

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    Ein Öltanker liegt im Hafen der russischen Hafenstadt Noworossijsk am Schwarzen Meer.
    Ein Öltanker liegt im Hafen der russischen Hafenstadt Noworossijsk am Schwarzen Meer. Foto: ---/AP, dpa

    Eine florierende russische Rüstungsindustrie und hohe Ölpreise wecken neue Zweifel an der Wirksamkeit westlicher Sanktionen wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine.

    Müssen die USA und die EU anerkennen, dass ihr globaler Einfluss im 21. Jahrhundert deutlich begrenzter ist als gedacht? EU-Chefdiplomat Josep Borrell bezeichnete düstere Einschätzungen zur Wirksamkeit von Strafmaßnahmen zuletzt als "einfach nicht richtig". Fragen und Antworten dazu im Überblick:

    Wie geht es der russischen Wirtschaft nach beispiellosen Strafmaßnahmen des Westens?

    Aus Sicht der EU alles andere als rosig. Nach Zahlen aus Brüssel schrumpfte die russische Wirtschaftsleistung im Vorjahr um 2,1 Prozent. Besonders starke Verluste verzeichnen demnach Hochtechnologiesektoren, die bis zum Kriegsbeginn stetig gewachsen waren. Die Produktion von Kraftfahrzeugen ging laut EU 2022 um 48 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück, die Produktion von Computern, Elektronik und Optik um acht Prozent.

    Mit Blick auf das laufende Jahr verwies die EU zuletzt auf einen Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Ihm zufolge dürfte die Wirtschaftsleistung Russlands erneut um bis zu 2,5 Prozent sinken.

    Zudem wird erwartet, dass sich die Lage des russischen Staatshaushaltes verschlechtert. Die Regierung in Moskau verfüge zwar noch über haushaltspolitischen Spielraum, heißt es. Die Mittel für Schulen, Krankenhäuser und Straßen würden aber schon jetzt gekürzt, während fast ein Drittel des Haushalts für Verteidigung und innere Sicherheit ausgegeben werde.

    Die Fähigkeit zur Kriegsführung scheint trotz umfangreicher Exportbeschränkungen kaum zu leiden. Woran liegt das?

    Ein Grund ist, dass Russlands Rüstungsindustrie in vielen Bereichen nicht auf Zulieferungen aus dem Westen angewiesen ist. Zudem kann der Westen Drittstaaten nicht vorschreiben, welche Produkte sie nach Russland liefern und welche nicht.

    So importiert Russland etwa manche Hightechprodukte heute einfach aus oder über China statt aus der EU oder über andere Nachbarstaaten. Kaum Hebel hat der Westen auch in der Hand, um mögliche neue Waffendeals von Russland mit Ländern wie dem Iran oder Nordkorea zu verhindern.

    Politiker setzen darauf, dass sich die Sanktionen außerhalb des Militärbereichs künftig stärker bemerkbar machen werden. So wird darauf verwiesen, dass die meisten modernen Flugzeuge russischer Airlines auf europäische und amerikanische Ersatzteile und technische Hilfe angewiesen sind, die verboten wurden.

    Zuletzt häuften sich Stimmen, dass die Öl-Sanktionen gegen Russland nicht die gewünschte Wirkung haben. Stimmt das?

    Die Quellenlage dazu ist unübersichtlich. EU-Chefdiplomat Borrell behauptete noch Ende August, die Öl-Sanktionen hätten sich bewährt. Er verwies darauf, dass die Internationale Energieagentur (IEA) im April 2023 von einem durchschnittlichen russischen Rohölexportpreis von rund 60 US-Dollar pro Barrel berichtet habe, was einem Rabatt von 24 Dollar pro Barrel im Vergleich zum weltweiten Ölpreis entspreche.

    Die IEA schätzt demnach, dass die russischen Erdöleinnahmen insgesamt um 27 Prozent niedriger sind als im Vorjahr. Positiv sei zugleich, dass das Gesamtvolumen der russischen Ölexporte wie beabsichtigt aufrechterhalten worden sei. Dies habe zur Stabilisierung der Weltmärkte beigetragen.

    Die Regierung in Moskau brüstete sich hingegen zuletzt damit, dass der Preis für Öl der russischen Marke Urals inzwischen über dem vom Westen festgelegten Preisdeckel von 60 Dollar liege. Zudem wird auf Zahlen verwiesen, nach denen Russland im August 17,1 Milliarden Dollar mit dem Ölexport in Länder wie Indien und China erzielt hat.

    Als ein Grund für die begrenzte Wirksamkeit der Sanktionen gilt das Prinzip der Strafmaßnahmen. Um die Preisobergrenze für russische Ölexporte in Nicht-EU-Länder durchzusetzen, wurde beschlossen, dass für russische Ölexporte wichtige Dienstleistungen künftig nur noch dann ungestraft geleistet werden dürfen, wenn der Preis des exportierten Öls die Preisobergrenze nicht überschreitet. Strafmaßnahmen wegen Sanktionsumgehungen kann die EU aber nur gegen heimische Unternehmen erlassen. Zudem ist die Kontrolle schwierig, weil zum Beispiel Schiffsversicherer von ihren Kunden getäuscht werden könnten.

    Was ist eigentlich mit russischem Gas?

    Der Import von russischem Gas und Flüssiggas in die EU ist nicht untersagt und Unternehmen in Ländern wie Ungarn und Österreich sind noch immer große Abnehmer. Dass Moskau die Milliarden-Erlöse aus den Gasgeschäften bislang nicht durch Sanktionen zunichte gemacht werden, liegt daran, dass Verbraucher dann möglicherweise extrem hohe Preise für Energiepreise zahlen müssten.

    Wie blickt die EU auf mögliche Sanktionsverstöße?

    Borrell räumte jüngst ein, dass die Umgehung von EU-Sanktionen entschlossener bekämpft werden müsse. "Zu diesem Zweck intensivieren wir unsere Zusammenarbeit mit wichtigen Drittländern und fordern sie nachdrücklich auf, den Handel mit von der EU sanktionierten Gütern, insbesondere denjenigen, die auf dem Schlachtfeld in der Ukraine zu finden sind, genau zu überwachen und dagegen vorzugehen", erklärte er.

    In Deutschland fordern unter anderem die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und Vertreter der AfD eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland. Worum geht es ihnen?

    Sie sehen weniger die Wirkung der Sanktionen auf Russland als die auf Deutschland kritisch. Wagenknecht sagte jüngst im Bundestag, natürlich sei der Krieg in der Ukraine ein Verbrechen. Doch riskiere die Regierung mit einem "beispiellosen Wirtschaftskrieg" gegen Russland die Armut von Familien in Deutschland und gefährde die Versorgung der deutschen Industrie mit billiger Energie. Man brauche "russische Rohstoffe und leider auf absehbare Zeit auch noch russische Energie".

    Selbst mehrere Linken-Politiker distanzierten sich davon allerdings. Wagenknecht "spricht nicht für die Linke", erklärte zum Beispiel der stellvertretende Parteivorsitzende Lorenz Gösta Beutin.

    (Von Ansgar Haase und André Ballin, dpa)

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