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Innenministerium: Der Flüchtlingsgipfel schrammt nur knapp am Eklat vorbei

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Der Flüchtlingsgipfel schrammt nur knapp am Eklat vorbei

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    Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat, Peter Beuth (CDU), Innenminister von Hessen, verabschieden sich nach dem Flüchtlingsgipfel. Die gute Laune ist nur vorgetäuscht.
    Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat, Peter Beuth (CDU), Innenminister von Hessen, verabschieden sich nach dem Flüchtlingsgipfel. Die gute Laune ist nur vorgetäuscht. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Reinhard Sager war sauer und machte vor, wie man andere brüskiert und vorführt. Es wäre besser gewesen, wenn Bundeskanzler Olaf Scholz zum Flüchtlingsgipfel eingeladen hätte, erklärte der Präsident des Deutschen Landkreistages zum Abschluss des Treffens von Bund, Ländern und Kommunen am Donnerstag in Berlin. Von einem Eklat war die Veranstaltung damit nicht mehr weit entfernt, denn die eigentliche Gastgeberin, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), saß neben ihm und dürfte vor Wut gekocht haben. Sagers Ansprache machte deutlich, wie hoch in der Flüchtlingsfrage der Druck auf dem Kessel ist. Länder und Kommunen wollten vom Bund die Zusage für weitere Milliardenhilfen, bekamen sie aber nicht. Faeser konnte lediglich eine bessere Abstimmung versprechen. Mehr Geld gibt es, wenn überhaupt, nach einem Treffen von Scholz mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder. Es soll um Ostern herum stattfinden.

    Der Krieg in der Ukraine hat viele Städte und Gemeinden bei der Aufnahme an den Rand des Zusammenbruchs geführt. Faeser zufolge sind aktuell 1.062.000 Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland. Hinzu kommen mehrere hunderttausend Flüchtlinge aus Staaten wie Syrien oder Afghanistan. Länder und Kommunen sind dafür zuständig, die Flüchtlinge aufzunehmen, zu versorgen und unterzubringen. Sie verweisen jedoch darauf, dass die dabei anfallenden Kosten „staatlich veranlasst“ seien – denn allein der Bund entscheide mit seiner Flüchtlingspolitik darüber, wie viele Flüchtlinge überhaupt ins Land gelangen.

    „Größeres Problem als 2015“

    Getreu dieser Logik fordern sie mehr Geld von der Ampel-Regierung. Diese sagte zwar in 2022 rund 3,5 Milliarden Euro an Unterstützung zu, für dieses Jahr sollen weitere 2,75 Milliarden Euro folgen. Das jedoch reicht nicht, wie Sager deutlich machte. „Der Druck wird von Woche zu Woche größer“, sagte er, sprach gar von einer „Zeitenwende“. Das Problem sei „größer als auf dem Höhepunkt von 2015/2016“. Der hessische Innenminister Peter Beuth nahm den Faden auf. „Die Stimmung im Land, die droht zu kippen“, sagte der CDU-Politiker. Wie Sager bedauerte Beuth das Ausbleiben von Finanzzusagen und das Fehlen des Bundeskanzlers. 

    Die Pressekonferenz zum Flüchtlingsgipfel begann gut zwei Stunden später als angekündigt. Es gab offenbar reichlich Diskussionsbedarf und Faeser hatte nichts anzubieten, das die Kommunalvertreter hätte milde stimmen können. So stellt der Bund zwar insgesamt 333 Liegenschaften mit einer Kapazität von fast 70.000 Plätzen zur Verfügung. Sager aber nahm das lediglich achselzuckend „zur Kenntnis“ und erklärte, eine „echte Hilfe“ wäre dies nur dann, wenn der Bund auch die Herrichtung der Plätze bezahlen würde. Faeser kündigte Arbeitsgruppen beispielsweise für die Bereiche „Unterbringung/Finanzen“ oder „Entlastung der Ausländerbehörden“ an. Doch es dürfte dauern, bis die Ergebnisse liefern – wenn sie nicht ohnehin durch inneren Streit lahmgelegt werden. Sager konstatierte hier ebenfalls eine „Ernüchterung“ der Landkreise.

    Faeser mahnte bessere Verteilung in der EU an

    Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alexander Throm, warf Faeser in diesem Zusammenhang vor, „ratlos und deshalb tatenlos“ zu sein. „Gleichzeitig muss sie eingestehen, dass sie mit ihren bisherigen Maßnahmen zur Begrenzung irregulärer Migration gescheitert ist“, sagte Throm unserer Redaktion. Die Maßnahmen, die sie mit Tschechien und der Schweiz vereinbart habe, zeigten kaum Wirkung. „Zu Recht fordern die Kommunen eine deutliche Begrenzung. Doch die Ampel macht genau das Gegenteil und sendet mit ihrem Paradigmenwechsel weiter Signale der Öffnung“. 

    Ein digitales Dashboard soll es geben, das ähnlich wie beim Corona-Dashboard die zur Verfügung stehenden Daten bündelt, wie Faeser ankündigte. Mehr als eine Übersicht sei diese Internetseite nicht, räumte die Ministerin ein. Bei der praktischen Verteilung von Flüchtlingen kann sie zunächst nicht helfen. 

    Grundsätzlich einig waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Flüchtlingsgipfels nur beim Blick auf die EU-Außengrenzen. Der Flüchtlingszuzug müsse begrenzt werden, so der einhellige Tenor, und dies gelinge nur über eine stärkere Abschottung. Faeser drang zudem auf eine bessere Verteilung der Flüchtlinge in Europa. Dass Länder wie Spanien nur 150.000 Menschen aufgenommen hätten, könne „so nicht bleiben“, sagte die SPD-Politikerin. 

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