Der Bundesrechnungshof hält den von Finanzminister Christian Lindner (FDP) vorgelegten Nachtragshaushalt für "verfassungsrechtlich zweifelhaft". Der Zusammenhang zwischen der 60-Milliarden-Euro-Zuweisung an den Energie- und Klimafonds und der Bekämpfung der Corona-Pandemie werde "nicht schlüssig erläutert", heißt es in einer vom Bundestag veröffentlichten Stellungnahme des Rechnungshofs für den Haushaltsausschuss.
Lindner will 60 Milliarden Euro umschichten, die wegen der Corona-Krise 2021 als Kredite genehmigt waren, aber nicht aufgenommen wurden. Sie sollen in dem Sonderfonds sozusagen auf die hohe Kante gelegt werden, damit sie nicht verfallen, sondern auch in den kommenden Jahren noch nutzbar sind.
Bundesrechnungshof über Nachtragshaushalt: Notlagenkredite als letztes Mittel
Der Rechnungshof kritisiert unter anderem, der Klimawandel sei keine akute, plötzlich auftretende Krise, sondern eine dauerhafte Herausforderung, die man mit normalen Haushaltsregeln bewältigen müsse. Die Nutzung von Notlagenkrediten könne nur ein letztes Mittel sein, nachdem alle Rücklagen ausgeschöpft wurden. Außerdem sei es nicht schlüssig, dass der Bundestag nachträglich den Haushalt des vergangenen Jahres verändern solle - wenn gegebenenfalls erforderliche Notlagenkredite auch einfach in den Haushalt 2022 einfließen könnten.
Lindner ist die Umschichtung unter anderem deswegen wichtig, weil er versprochen hat, ab 2023 die Schuldenbremse wieder einzuhalten. Diese erlaubt nur geringe neue Kredite. Zugleich hat sich die neue Bundesregierung aber hohe Investitionen unter anderem in den Klimaschutz vorgenommen.
Der CSU-Landesgruppenvorsitzende Alexander Dobrindt sagte der dpa, der Bundesrechnungshof zeige der Bundesregierung die rote Karte. "Die Stellungnahme legt den dreisten Versuch der Ampel, die Schuldenbremse zu betrügen, schonungslos offen. Die neue Regierung will heute Schulden aufnehmen, die sie nicht braucht, um in der Zukunft Ausgaben zu finanzieren, die sie nicht kennt."
Auch Steuerzahler-Präsident Holznagel kritisiert Nachtragshaushalt von Christian Lindner
Auch der Präsident des Steuerzahlerbunds, Reiner Holznagel, kritisierte die Umschichtung als "verfassungsrechtlich bedenklich". "Statt die Staatsverschuldung immer weiter in die Höhe zu treiben, sollte die Ampel zuerst ihre im Koalitionsvertrag angekündigten Einsparungen und Ausgabenkürzungen auf den Tisch legen", forderte er. Die Regierung müsse den Nachtragshaushalt zurückziehen.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr dagegen betonte, es gehe ja gar nicht um zusätzliche Schulden. Lindner reduziere die Verschuldung der Großen Koalition sogar nachträglich noch. "Die Ampel hat sich zum Ziel gesetzt, den Investitionsrückstand durch die Pandemie und die daraus folgende Haushaltsnotlage zu beenden", betonte er. (dpa)