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Anne Brorhilker: Wechsel der Cum-Ex-Staatsanwältin hat ein Nachspiel

Finanzkriminalität

Wechsel der Cum-Ex-Staatsanwältin hat für Scholz ein Nachspiel

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    Die bisherige Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker wechselt aus dem Staatsdienst zur Bürgerbewegung Finanzwende. Für Bundeskanzler Olaf Scholz ist das keine schöne Sache.
    Die bisherige Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker wechselt aus dem Staatsdienst zur Bürgerbewegung Finanzwende. Für Bundeskanzler Olaf Scholz ist das keine schöne Sache. Foto: Oliver Berg

    Es ist eine Ansage, die den Bundeskanzler ganz und gar nicht erfreuen dürfte. „Eines ist völlig klar, die Erinnerungslücken von Olaf Scholz, die sind unglaubhaft“, sagt der Chef der Anti-Korruptionskämpfer Bürgerbewegung Finanzwende, Gerhard Schick. Der frühere Finanzexperte der Grünen ackert seit Jahren dafür, dass die Banken mit ihrer Betrugsmasche um Dividendenzahlungen und erschlichene Steuerrückzahlungen („Cum Ex“) in Milliardenhöhe nicht durchkommen. Für seine Mission hat Schick nun eine prominente und versierte Unterstützerin bekommen. Die bisherige Kölner Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker wechselt als Geschäftsführerin in seine Mannschaft. 

    Der ehemalige Bundestagsabgeordnete hält sich noch bedeckt, wann genau er die Erinnerungslücken des Kanzlers von der SPD zum Thema machen will. Dass er es tun will, steht für ihn fest, denn die juristische Aufarbeitung des Cum-Ex-Skandals in Scholzens Heimatstadt Hamburg hält er für völlig ungenügend. „Die Staatsanwaltschaft

    Cum-Ex-Skandal: Scholz kann sich nicht erinnern

    Rückblende: Die Hamburger Privatbank M. M. Warburg ist tief verstrickt in die Geschäfte mit der Dividendenmauschelei. Im Jahr 2016 fordert das Finanzamt für Großunternehmen der Hansestadt 47 Millionen Euro von dem Geldhaus zurück, die aus den illegalen Deals stammten. Doch plötzlich und wider Erwarten ändert die Behörde ihre Meinung und verzichtete zunächst auf das Geld. Bankmitinhaber Christian Olearius hatte seinerzeit den damaligen Ersten Bürgermeister der Stadt Hamburg dreimal getroffen, weil die Rückzahlung das Unternehmen schwer belastet hätte. Sein Name: Olaf Scholz. An den Inhalt der Gespräche will sich Scholz nicht mehr erinnern können. 

    Olaf Scholz (SPD) nach seinem Auftritt im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zum Cum-Ex-Skandal. Das Gremium konnte kein Fehlverhalten nachweisen.
    Olaf Scholz (SPD) nach seinem Auftritt im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zum Cum-Ex-Skandal. Das Gremium konnte kein Fehlverhalten nachweisen. Foto: Christian Charisius/dpa

    Ein Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft konnte aber den Verdacht auf politische Einflussnahme nicht erhärten, wenngleich er weiter im Raume steht. Aus den sichergestellten Tagebüchern des Top-Bankers geht hervor, dass der Bürgermeister defensiv auf sein Anliegen reagierte und keine Versprechungen machte. CDU und CSU wollen den Kanzler zu dem Finanzskandal dennoch ein weiteres Mal in einem

    Dagegen klagt die Union vor dem Bundesverfassungsgericht. „Ich frage mich: Was weiß man in der Koalition, das so gefährlich für den damaligen Ersten Hamburger Bürgermeister und heutigen Bundeskanzler ist, dass man ihn sogar durch Unterdrückung von Minderheitenrechten schützen muss“, sagte der CSU-Finanzexperte Sebastian Brehm unserer Redaktion. Die Mischung aus Widersprüchen und angeblichen Erinnerungslücken bei Scholz in Sachen Warburg Bank und Cum-Ex-Geschäften schreie nach rückhaltloser Aufklärung.

    Der Warburg-Bankier Olearius steht nun selbst vor Gericht

    Olearius selbst muss sich in einem Prozess in Bonn wegen der krummen Aktiendeals verantworten. Angeklagt hat den 81-Jährigen die Staatsanwaltschaft Köln. Genau dort hatte Brorhilker eine schlagkräftige Truppe gegen Finanzkriminalität aufgebaut. In über einhundert Ermittlungsverfahren wurde gegen 1700 Beschuldigte vorgegangen. Die 50-jährige Juristin ist dennoch frustriert darüber, wie schwerfällig die Mühlen der Justiz mahlen. „Da geht es oft um Täter mit viel Geld und guten Kontakten, und die treffen auf eine schwach aufgestellte Justiz“. Im Ergebnis könnten sich die Beschuldigten aus den Verfahren schlicht herauskaufen. "Dann haben wir den Befund: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“, sagte sie dem WDR. Sie selbst wollte den Schlussstrich und bewarb sich bei Finanzwende. „Sie können mir glauben, dass ich da fast vom Stuhl gekippt wäre“, meinte Gründer Gerhard Schick. Dort wird sie ihm zufolge spürbar weniger verdienen als in ihrem bisherigen Beruf. 

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