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Finanzen: Wie die Inflation Milliarden in die Kassen des Staates spült

Finanzen

Wie die Inflation Milliarden in die Kassen des Staates spült

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    Die Inflation sorgt dafür, dass der Staat mehr Mehrwertsteuer einnimmt – je höher die Preise sind, desto höher auch der Steuerertrag.
    Die Inflation sorgt dafür, dass der Staat mehr Mehrwertsteuer einnimmt – je höher die Preise sind, desto höher auch der Steuerertrag. Foto: Silas Stein, dpa

    Es sind teure Zeiten für den Staat: hier zusätzliche Investitionen in die Bundeswehr, da Hilfszahlungen für Unternehmen, dort ein Rettungspaket für die von der Energiekrise geplagten Bürgerinnen und Bürger. Und doch zählt ausgerechnet er auch zu den Gewinnern der Krise. Durch die Inflation werden die Steuerkassen so gut gefüllt wie lange nicht. Höhere Einkommen und ein robuster Arbeitsmarkt führen zu einem Zuwachs bei der Einkommensteuer, steigende Preise unter anderem für Lebensmittel zu einem Plus bei der Mehrwertsteuer. Unter dem Strich können Bund, Länder und Kommunen bis zum Jahr 2026 mit 26,4 Milliarden Euro mehr planen als noch im Mai veranschlagt. Allein der Bund kann laut „Arbeitskreis Steuerschätzung“ für die Jahre bis 2026 mit 47,5 Milliarden Euro mehr kalkulieren.

    „Das wirkt sehr beeindruckend“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), nicht ohne gleich mehrere „aber“ hinterherzuschieben. Denn der Staat ist nicht nur selbst von höheren Kosten durch die Inflation etwa bei Bauvorhaben betroffen, er will einen Teil der Einnahmen auch an die Beschäftigten zurückgeben. Hinzu kommt eine unsichere weltpolitische Lage – welche Rettungsmaßnahmen im kommenden Jahr noch anstehen könnten, vermag aktuell niemand zu sagen. Deshalb stellt Lindner vehement klar: Die Zeit für zusätzliche Wünsche ist acht Wochen vor Weihnachten nicht. Diese Botschaft richtet sich vor allem an die Bundesländer und Kommunen, die in der Krise auf mehr Geld aus Berlin drängen.

    Union fordert weitere Entlastung der Bürger

    Doch kaum lagen die Zahlen auf dem Tisch, folgten auch schon die ersten Forderungen. „Die Ampel kann und muss schnellere und umfangreichere Krisenhilfe für Bürger und Unternehmen leisten als bisher geplant“, sagt Christian Haase, haushaltspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Dazu gehören aus seiner Sicht ein Vorziehen der Energiepreisbremsen auf Januar oder eine Energiepreispauschale für das untere Einkommensdrittel für die Monate Januar und Februar. „Bürger und Unternehmen dürfen nicht noch stärker zu Inflationsverlierern werden“, so Haase. „Die Vermeidung von Wohlstandsverlusten erreicht man nicht mit Tipps zum Energieeinsparen, sondern nur durch entschlossenes Handeln unter Ausnutzung der finanziellen Spielräume.“

    Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Steuereinnahmen in diesem Jahr um 1,7 Milliarden Euro geringer ausfallen als vorhergesagt. Hinzu kommt, dass Lindner im kommenden Jahr die Schuldenbremse wieder einhalten will – und das trotz des Risikos einer Rezession, die von beinahe allen Wirtschaftsexperten vorausgesagt wird. „Spielräume für neue Vorhaben entstehen nicht“, betont der Minister. „Die Mehreinnahmen aus den Schätzungen sind durch die Entlastungen 2023 und 2024 mehr als aufgebraucht.“

    Gehaltserhöhungen und steigender Steuersatz vertragen sich nicht

    Zudem möchte der Liberale eines seiner zentralen Wahlkampfversprechen umsetzen: die Abmilderung der kalten Progression, die ihm und seiner Partei seit langem ein Dorn im Auge ist. „Wir werden wesentliche Teile der Mehreinnahmen an die Bürger zurückgeben“, verspricht er. Mit dem sogenannten Inflationsausgleichsgesetz sollen Ungerechtigkeiten bei der Einkommensteuer beseitigt werden. Aktuell werden Gehaltserhöhungen, die etwa die Inflation ausgleichen sollen, in vielen Fällen direkt vom damit einhergehenden steigenden Steuersatz aufgefressen.

    SPD und Grüne sind skeptisch, was das Vorhaben angeht. Vor wenigen Tagen war aber bereits bekannt geworden, dass der steuerliche Grundfreibetrag für Erwachsene mit Beginn des kommenden Jahres von 10.347 auf 10.908 Euro und der Kinderfreibetrag von 5620 auf 6024 Euro steigen soll. 2024 soll der Freibetrag für die rund 48 Millionen Steuerpflichtigen erneut angehoben werden.

    Die Lust auf Konsum wächst wieder

    Zumindest bei der Mehrwertsteuer dürfte der Staat auch künftig auf hohe Einnahmen bauen. Denn trotz aller Krisen bekommen die Menschen wieder mehr Lust am Konsum. Nach mehreren Rekordtiefs in Folge prognostiziert das Nürnberger Konsumforschungsunternehmen GfK für November einen leichten Anstieg des Konsumklimas um 0,9 Punkte auf minus 41,9 Punkte. Vor Beginn der Corona-Pandemie lag dieser Wert allerdings vergleichsweise konstant bei plus zehn Punkten. „Es ist momentan sicherlich zu früh, von einer Trendwende zu sprechen. Die Situation bleibt für die Konsumstimmung sehr angespannt“, sagt der GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl. „Solange die Inflation hoch bleibt und Zweifel an einer uneingeschränkten Energieversorgung bestehen, wird sich das Konsumklima nicht spürbar und nachhaltig erholen können.“ (mit dpa)

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