Der Ton zwischen den Koalitionspartnern wird in dem Dauerstreit um die Kindergrundsicherung erneut schärfer. Nach Forderungen von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) nach mehr Geld für die Bekämpfung von Kinderarmut hat Finanzminister Christian Lindner immer höhere Sozialtransfers abgelehnt.
Der FDP-Chef sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: "Statt über wirksame Mittel gegen die Gründe von Kinderarmut zu diskutieren, wird nur über weitere Milliardentransfers gesprochen."
Diese würden Familien jedoch nicht weiterhelfen, denn Kinderarmut sei oft in Bildungs- oder Erwerbsarmut der Eltern begründet. "Insbesondere sollten wir Spracherwerb und Bildung bei den Eltern fördern, damit sie auf dem Arbeitsmarkt ein eigenes Einkommen erzielen können", forderte er.
FDP spricht von unseriösen Zahlen
FDP-Vizefraktionschef Christoph Meyer warf zudem SPD-Chefin Saskia Esken vor, mit unseriösen Zahlen zu hantieren. "Die FDP rechnet nicht mit Mondzahlen. Saskia Esken redet über unseriöse Zahlen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Esken hatte zuvor die von den Grünen geforderte Summe von zwölf Milliarden Euro befürwortet. "Ich gehe davon aus, dass wir den Betrag von zwölf Milliarden auch brauchen werden", sagte sie im ZDF-Morgenmagazin. Bislang seien die zwölf Milliarden Euro aber noch eine Schätzung. Wichtigstes Ziel müsse sein, mehr Menschen aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten zu erreichen.
Kinder aus der Armut holen
Mit der im Koalitionsvertrag vereinbarten Kindergrundsicherung will die Ampel-Koalition mehr Kinder aus der Armut holen. Sie soll ab 2025 die staatlichen Leistungen für Familien und Kinder vom Kindergeld über den Kinderzuschlag bis hin zur finanziellen Unterstützung für Klassenfahrten bündeln. Durch die Bündelung und Digitalisierung sollen zudem mehr Berechtigte erreicht werden, die Leistungen bisher nicht beantragen.
Familienministerin Paus will eine Aufstockung auf zwölf Milliarden Euro, weil die bisherigen Hilfen ihrer Meinung nach Kinderarmut nicht ausreichend bekämpfen. Finanzminister Lindner hingegen sieht kaum Spielraum im Haushalt und verweist auf die bereits erfolgte deutliche Kindergelderhöhung auf 250 Euro im Monat.
Gewerkschaften und Sozialverbände monierten, dass in dem Streit eine eindeutige Positionierung des Bundeskanzlers fehle. "Bundeskanzler Olaf Scholz und die SPD müssen zu diesem wichtigsten sozialen Projekt in dieser Wahlperiode klar Farbe bekennen", forderte Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), in der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". "Kinderarmut raubt Bildungs- und Entwicklungschancen - sie ist so bitter und folgenschwer, dass es allerhöchste Zeit für eine gut gemachte Kindergrundsicherung ist."
Auch der Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider, kritisierte den Kanzler. "Das Schweigen von Bundeskanzler Olaf Scholz und auch von Bundessozialminister Hubertus Heil zur Kindergrundsicherung ist wirklich dröhnend laut", sagte er den Stuttgarter Zeitungen.
(dpa)