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Finanzen: Europas letzte Finanzparadiese

Finanzen

Europas letzte Finanzparadiese

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    Die Kanaren sind nicht nur ein beliebtes Urlaubsziel. Dort kann man auch legal Steuern sparen.
    Die Kanaren sind nicht nur ein beliebtes Urlaubsziel. Dort kann man auch legal Steuern sparen. Foto: Peter Zimmermann dpa

    Niedrige Steuersätze, lasche Kontrollen und ein konsequent geschütztes Bankgeheimnis – solche Beigaben schätzten jene, die bisher ihr Geld nach Zypern trugen. Dabei steht bisher noch nicht einmal fest, ob Nikosia nicht auch künftig für Anleger attraktiv bleiben wird. Zwar muss Finanzminister Michalis Sarris nun auf Druck Brüssels seinen bisher paradiesisch niedrigen Körperschaftssteuersatz von zehn auf 12,5 Prozent anheben. Aus den Unterlagen des Bundesfinanzministeriums für das Jahr 2011 aber wird deutlich: Mit derart paradiesischen Verhältnissen à la Irland dürfte das kleine Land auch künftig hervorragend leben können. In Deutschland zahlen Unternehmen 29,5 Prozent.

    Das ist Zypern

    Zypern (Κύπρος) ist mit einer Fläche von ca. 9251 Quadratkilometern nach Sizilien und Sardinien die drittgrößte Insel im Mittelmeer. Geographisch zählt sie zu Asien, kulturell zu Europa.

    Seit der Teilung der Insel 1974 lebt der Großteil der griechischen Zyprioten im Süden der Insel, während der Nordteil unter der Kontrolle der "Türkischen Republik Nordzypern" steht. Dazwischen liegt die "Grüne Linie", eine Pufferzone, welche die Hauptstadt Nikosia teilt.

    Interessant: Nikosia ist Hauptstadt sowohl der Republik Zypern als auch der Türkischen Republik Nordzypern. Insgesamt hat Nikosia etwa 195 000 Einwohner.

    Weitere größere Städte sind Paphos (etwa 36.300 Einwohner), Limassol (148.700) und Larnaka (66.400) an der Südküste sowie Famagusta (27.700) an der Ostküste und Kyrenia (12.500) an der Nordküste.

    Bei der letzten Zählung (zwischen 2005 und 2006) lebten in Zypern 1.038.461 Menschen.

    72 Prozent der Gesamtbevölkerung sind griechische Zyprioten (778.000 Menschen). Die Zahl der türkischen Zyprer liegt bei etwa 220.000 (Stand 2006).

    Von 1878 bis 1960 war Zypern eine britische Kolonie. Heutzutage stehen noch die britischen Militärbasen Akrotiri und Dekelia auf Zypern. Sie gehören als Exklaven völkerrechtlich zu Großbritannien.

    Die Republik Zypern ist seit dem 1. Mai 2004 Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU). Theoretisch gilt das auch für den von der Türkei besetzten Teil.

    Der Großteil der Bewohner, etwa 77 Prozent, sind orthodoxe Christen. Muslime stellen insgesamt 21 % der Bevölkerung und setzen sich zum überwiegenden Teil aus der türkischsprachigen Bevölkerung zusammen. Diese sind zu 99 % sunnitisch-muslimischen Glaubens.

    Tatsächlich gehören Steuer-Oasen auch in der EU keineswegs zu einer aussterbenden Art. Allein im Herrschaftsbereich der britischen Krone locken gleich vier Paradiese Offshore-Anleger mit unübertreffbaren Bedingungen: die Kanalinseln Jersey und Guernsey, die Isle of Man in der Irischen See. Auf Gibraltar tummeln sich auf nur 6,5 Quadratkilometern rund 70 000 Briefkastenfirmen – doppelt so viele wie das Mini-Reich an Einwohnern hat.

    Auch Frankreich hegt sein Steuer-Schlupfloch

    Und auch Frankreichs Staatspräsident François Hollande (laut Verfassung zugleich Vizepräsident des Zwergstaates Andorra) kann auf seine eigene Oase in dem pyrenäischen Fürstentum setzen. Dort sind Steuerflüchtlinge tatsächlich sehr willkommen: Auf Vermögen und Einkommen werden keine Abgaben erhoben, Rechtshilfeabkommen mit europäischen Nachbarn gibt es nicht und das Bankgeheimnis hat Verfassungsrang.

    Da können die europäische Sonderzonen Kanaren (Spanien) und das portugiesische Madeira kaum mithalten. Wer legal Steuern sparen will, ist dennoch immer gerne gesehen. Ebenso wie auf Malta, wo sich zahlreiche Unternehmen (BASF, BMW, Fraport, Puma, Deutsche Bank ...) niedergelassen haben, um von attraktiven Steuermodellen zu profitieren. Was in der Regel bedeutet: Die Belastungen sind im Vergleich zu den Stammsitzen gering. Allerdings könnte

    Vor allem das Großherzogtum Luxemburg hält sich als lukrativer Standort für Anleger

    Zum großen Ärger Brüssels (und Berlins) hält sich vor allem das Großherzogtum Luxemburg als lukrativer Standort für Anleger, „Steuersparer“ und Unternehmen, die ihre Kosten senken wollen. 170 Banken und 9000 Investment-Fonds mit einem Gesamtvolumen von 1000 Milliarden Euro sind in dem Mini-Staat ansässig, dessen Regierungschef Jean-Claude Juncker lange an der Spitze der Euro-Gruppe gegen Steueroasen wetterte, aber immer nur andere meinte. Nicht einmal den automatischen Informationsaustausch über Steuerdaten nach dem Standard der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa macht man in

    Irland lockt mit 12,5 Prozent Unternehmenssteuer

    Während Brüssel gerne jedes Detail seiner Mitgliedstaaten bis hin zur Beschaffenheit von Zigarettenschachteln regelt, fällt die Union bei ihrer Steuergesetzgebung noch immer auseinander: Der Kampf um Anleger und Investoren, um Unternehmen und kapitalkräftige multinationale Konzerne läuft auf vollen Touren. Irland lockt mit 12,5 Prozent Unternehmenssteuer und köderte so die Europa-Sitze von Facebook, Apple, Microsoft und Google.

    Die Niederlande, Monaco und Belgien buhlen ebenfalls mit. Unter den Augen der EU können Unternehmen in Flandern und der Wallonie das Eigenkapital mit einem fiktiven Abgabensatz belasten, um so die Steuerschuld zu mindern. Selbst wenn die EU die Oase Zypern trockengelegt haben sollte – Steuerparadiese wachsen offenbar nach. Jüngster Tipp: Bulgarien. Steuersatz: zehn Prozent. Wenn nur die Korruption nicht wäre ...

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