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Finanzen: EU-Kommission erlaubt Ländern weiterhin hohe Schulden

Finanzen

EU-Kommission erlaubt Ländern weiterhin hohe Schulden

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    Die strengen EU-Schuldenregeln könnten auch im nächsten Jahr ausgesetzt bleiben.
    Die strengen EU-Schuldenregeln könnten auch im nächsten Jahr ausgesetzt bleiben. Foto: Arne Immanuel Bänsch, dpa

    Die Stimmung im Brüsseler Berlaymont-Gebäude wirkte eher düster, als Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni und Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis am Montag ihre Reform- und Steuerempfehlungen für die Mitgliedstaaten vorstellten. Eine „enorme Unsicherheit“ durch den Angriffskrieg Russlands, eine in diesem Jahrhundert nie da gewesene Inflationsrate, hohe Energiepreise und Engpässe bei den Lieferketten, eine schwache Konjunkturentwicklung – so beschrieben sie eine Situation in der EU, die „weit von der wirtschaftlichen Normalität entfernt“ sei, so Gentiloni. Doch einige Regierungen, vorneweg jene in Paris und Rom, dürften trotzdem einigermaßen zufrieden auf die Lösungsvorschläge reagiert haben. Denn Abhilfe schaffen soll die Verlängerung des Ausnahmezustandes, der nach fast vier Jahren kaum noch als solcher bezeichnet werden kann.

    Auch 2023 dürfen die EU-Länder die Stabilitätskriterien brechen

    Die strikten Haushaltsregeln der EU sollen auch 2023 außer Kraft bleiben. Damit sieht die Brüsseler Behörde ein weiteres Jahr davon ab, einen Mitgliedstaat wegen eines zu hohen Defizits oder zu hoher Schulden zu rügen. Ursprünglich hatte die Gemeinschaft den Stabilitäts- und Wachstumspakt im Frühjahr 2020 wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt, um den 27, unter Lockdowns ächzenden, Ländern milliardenschwere Wirtschaftshilfen zu ermöglichen.

    CSU-Finanzpolitiker Markus Ferber ist entsetzt

    Nun ist er weiter auf Eis gelegt – „ein schwerer Fehler, der uns langfristig teuer zu stehen kommen wird“, sagte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. Die Kommission „schlägt damit den nächsten Sargnagel für den Stabilitäts- und Wachstumspakt ein“. Die darin festgehaltenen Vorgaben erlauben den EU-Ländern eine jährliche Neuverschuldung von maximal drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und eine Gesamtverschuldung von höchstens 60 Prozent. Während der Klub der Sparsamen, darunter Dänemark, Österreich oder auch Deutschland, stets auf Haushaltsdisziplin drängte, kämpfen Italien oder Frankreich für laxere Regeln und neue gemeinsame Schulden, um es strauchelnden Ländern einfacher zu machen, die nötigen Investitionen, etwa im Bereich Klimaschutz, zu schultern.

    Finanzminister Christian Lindner will zur Schuldenbremse zurückkehren

    Noch muss der Kommissionsvorschlag von den 27 Partnern abgesegnet werden, doch offenbar rechnen die EU-Beamten nicht mit Widerstand. Bundesfinanzminister Christian Lindner betonte vor dem gestrigen Treffen mit seinen 26 Amtskollegen in Brüssel, Deutschland werde von der allgemeinen Ausweichregel des Stabilitätspaktes keinen Gebrauch machen. „Wir werden zur Schuldenbremse unseres Grundgesetzes nächstes Jahr zurückkehren“, so der FDP-Politiker.

    Die Inflation sei eine Gefahr und könne „ein Verarmungsprogramm für viele Menschen“ sein. Deshalb rate er den anderen EU-Ländern dazu, es Deutschland gleichzutun und die Möglichkeit, im nächsten Jahr wieder hohe Schulden aufnehmen zu können, nicht zu nutzen. „Wir müssen die Sucht nach immer mehr Verschuldung beenden, so schnell wie möglich“, sagte Lindner. Aber die Realität zeigt, dass die Werte auch vor 2020 von kaum einem Mitgliedstaat eingehalten wurden, inklusive Deutschland. Und 2021 überschritt die Bundesrepublik ebenfalls die Vorgaben.

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