Im Ringen um die Staatsfinanzen läuft der Bundesregierung die Zeit davon. Obwohl der Haushalt 2024 bis Ende des Jahres verabschiedet werden muss, sahen sich SPD, Grüne und FDP gezwungen, die für diesen Donnerstag geplante entscheidende Sitzung des zuständigen Parlamentsausschusses zu verschieben. Hintergrund sind anhaltende Unklarheiten über die Auswirkungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt 2021.
Damit steht fest, dass es in der kommenden Woche keinen neuen Finanzplan geben wird. Diese dramatische Zuspitzung der Haushaltskrise verstärkt die Fliehkräfte in der Ampelkoalition. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) drängt daher auf eine zügige Beschlussfassung. „Der Respekt vor dem Parlament bedeutet, dass nicht die Regierung ansagt, wann das Parlament genau einen Abschluss findet, aber das soll sehr zügig und sehr zeitnah erfolgen“, sagte er am Mittwochabend.
Bundesregierung muss vor Jahresablauf einen Haushalt vorlegen
Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in der vergangenen Woche, das den Haushalt 2021 gekippt hatte, ringen die Regierungspartner um die Finanzierung für das kommende Jahr. Insgesamt fehlen mindestens 60 Milliarden Euro, die zum Teil bereits verplant waren. Und es fehlt Zeit. Denn die Verfassungsrichter hatten nicht nur klargemacht, dass Schulden, die für einen bestimmten Zweck aufgenommen werden sollten, nicht später für etwas anderes verwendet werden dürfen. Die Regierung muss ihren Haushalt zudem vor Jahresablauf vorlegen.
Die Union hatte die Haushaltsberatungen im Parlament zuletzt angesichts der vielen offenen Fragen torpediert. Am Mittwoch zogen die Ampel-Parteien dann die Reißleine und sagten die Sitzung des zuständigen Ausschusses ab, die zuvor bereits um eine Woche vertagt worden war. „Unser Ziel ist, den Haushalt zügig, aber mit der gebotenen Sorgfalt zu beraten, um Planungssicherheit zu schaffen“, so die Fraktionschefs von SPD, Grünen und FDP.
CDU hatte Haushaltsberatungen torpediert
Aus Sicht von Christian Haase, Chefhaushälter der CDU, hatte an der Absage kein Weg vorbeigeführt: „Am Ende hat dann die Vernunft bei der Ampel gesiegt. Endlich wurde die von uns geforderte Notbremse im parlamentarischen Verfahren gezogen“, sagte er unserer Redaktion. Die Situation sei zu ernst für politischen Popanz. „Wir müssen jetzt die Dinge sorgfältig analysieren, bewerten und sauber abarbeiten.“
In der Koalition gibt es Befürchtungen, in all der Hektik den nächsten verfassungswidrigen Haushalt vorzulegen. Und selbst wenn dem Bundestag in einer Sondersitzung ein fertiger Finanzplan vorliegen sollte, droht Ungemach. Denn die Parlamentarier müssen vor der Abstimmung genügend Zeit gehabt haben, sich das Zahlenwerk anzuschauen. Schon beim Heizungsgesetz, das eigentlich kurz vor der Sommerpause durchgeboxt werden sollte, war es der Ampelkoalition zum Verhängnis geworden, dass sie die entsprechende Frist nicht eingehalten hatte. Ein CDU-Abgeordneter klagte und bekam Recht. Die Verabschiedung musste verschoben werden.
FDP stellt Ende der Koalition zur Abstimmung
Dazu kommt, dass in den Reihen der Liberalen die Frage nach dem Ende des Bündnisses immer lauter gestellt wird. Eine von FDP-Kommunal- und Landespolitikern initiierte Unterschriftensammlung zwingt die Parteispitze dazu, die Mitglieder zu befragen, ob man die Koalition aufkündigen soll.
Sollte es der Bundesegierung nicht gelingen, rechtzeitig einen Haushalt einzutüten, dürfte sie nur noch Geld ausgeben, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen. Doch selbst wenn kein kompletter Stillstand des Staatsapparates droht, wie etwa in den USA, wären der Koalition damit weitgehend die Hände gebunden.
Fast die Hälfte der Deutschen geht davon aus, dass die Ampel vor dem Ende der Wahlperiode auseinanderbricht. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey glauben nur noch 38 Prozent der Teilnehmer, dass SPD, Grüne und FDP bis zum Herbst 2025 durchhalten. 49 Prozent erwarten hingegen das vorzeitige Aus.