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FDP: Justizminister Marco Buschmann: So tickt der Ampel-Schreck im Kabinett

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Justizminister Marco Buschmann: So tickt der Ampel-Schreck im Kabinett

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    Minister unter sich: Karl Lauterbach (rechts) und Marco Buschmann.
    Minister unter sich: Karl Lauterbach (rechts) und Marco Buschmann. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    An ihm kommt in der Bundesregierung niemand vorbei, Karl Lauterbach kann ein Lied davon singen. Schon mehrfach ist der Bundesgesundheitsminister von der SPD an seinem Kabinettskollegen Marco Buschmann abgeprallt. Ob beim Scheitern der Corona-Impfpflicht, beim Auslaufen des Infektionsschutzgesetzes samt Maskenpflicht oder bei der Triage-Regelung. Ein ums andere Mal bremst der liberale Justizminister den Mediziner ein oder sogar aus. Als sich Innenministerin Nancy Faeser (

    Für manche verkörpert Buschmann die vermeintliche Arroganz der FDP

    Dass der FDP-Mann in den Reihen der Ampel-Partner SPD und Grünen zunehmend zur Reizfigur wird, liegt nicht nur an dem, was er sagt. Sondern auch daran, wie er es sagt. Der 44-jährige promovierte Jurist tritt so selbstbewusst auf, dass es für viele überheblich wirkt. In seinen perfekt sitzenden Anzügen und mit der markanten dunklen Brille erscheint er bisweilen wie ein von sich eingenommener Rechthaber. So entzünden sich die Konflikte, die in der ersten Dreier-Koalition von SPD, Grünen und

    Aus einfachen Verhältnissen ganz an die Spitze

    Dabei verkörpert die liberale Reizfigur nur auf den ersten Blick die Welt der Elite-Universitäten und feinen, eichenholzgetäfelten Kanzleien. Buschmann kommt aus dem Ruhrgebiet auf, einst Deutschlands-Malocher-Region schlechthin, nach der Schließung der Kohle-Zechen und Hochöfen aber von Armut und Perspektivlosigkeit geprägt. Besonders betroffen ist Gelsenkirchen, wo Buschmann aufwächst. In einer fünfköpfigen Familie mit wenig Geld, gemeinsam mit der kranken Oma in einer 70-Quadratmeter-Wohnung. Die liegt in Sicht- und vor allem Hörweite des Parkstadions, der damaligen Heimat der Fußballer von Schalke 04. An Heimspiel-Samstagen ist die ganze Straße von den Bierflaschen übersät, die die Fans zurücklassen.

    Obwohl Buschmann schon früh durch seine schnelle Auffassungsgabe auffällt, rät die Grundschullehrerin dem kleinen Marco vom Wechsel aufs Gymnasium ab. Er geht trotzdem, brilliert im Abitur wie im anschließenden Jurastudium mit Top-Noten. Aus dem Jungen aus einfachen Verhältnissen wird ein Anwalt, der bei einer renommierten internationalen Sozietät arbeitet, sich dann aber voll auf die politische Laufbahn konzentriert. Mit 17 Jahren in die FDP eingetreten, übernimmt er in der Partei immer mehr Verantwortung, bringt es bis zum Bundesgeschäftsführer. Vor allem aber wird er zu ihrem Vordenker.

    Als die Liberalen 2013 aus dem Bundestag fliegen, ist es Christian Lindner, ebenfalls aus Nordrhein-Westfalen stammend, der fast im Alleingang das Comeback schafft - so wird es immer wieder erzählt. Doch es ist Buschmann, der Lindner im Hintergrund unterstützt, mit Gedanken versorgt, die FDP der Zukunft skizziert. Wenn die Liberalen heute nicht mehr nur als Reichen-Vertretung wahrgenommen werden, sondern gerade auch bei jungen Menschen populär ist, die vom gesellschaftlichen Aufstieg erst träumen, hat das viel mit Buschmanns Ideen zu tun.

    Im Ministerium mit hohem Tempo unterwegs

    Dass FDP-Chef Christian Lindner seinen langjährigen Weggefährten nach dem Sprung in die Ampel-Regierung den Weg an die Spitzen des Justizministeriums ebnet, ist nur konsequent. In seinem neuen Umfeld wird er als extrem strukturiert und zielstrebig beschrieben. Wenn Mitarbeiter für ein Gesetzesvorhaben zwölf Monate veranschlagen, setze er drei Monate an, heißt es. Auf die Sitzungswoche genau sei eingetaktet, welche Pläne er zum Abschluss bringen will. Er rede mit allen, quer durch alle Hierarchie-Ebenen, es sei aber auch stets allen klar, wer der Chef ist. Fachlich kann dem Minister, der Beiträge in juristischen Fachmagazinen schreibt, mit Titeln wie "Subsidiaritätsrüge und Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung", ohnehin keiner etwas vormachen.

    Marco Buschmanns Überzeugungen ziehen sich wie ein roter Faden durch seine Politik und bis hinein ins Persönliche. Er legt Wert darauf, dass es Dinge gibt, die niemanden etwas angehen, schon gar nicht den Staat. Privat ist von ihm nur bekannt, dass er verheiratet ist, ob seine Frau die Juristin Janina Hatt und er Kinder haben, dazu gibt es keine Informationen. Bekannt ist dagegen die große Leidenschaft des Ministers für elektronische Musik. Im eigenen Tonstudio komponiert er Stücke, die manchmal an den Soundtrack von Science-Fiction-Filmen erinnern. Ein Titel besteht aus zusammengeschnittenen Wutreden von Christian Lindner, mit wummernden Bässen unterlegt.

    FDP-Minister Marco Buschmann ist bekennender Fan der Weltraum-Saga "Star Wars".
    FDP-Minister Marco Buschmann ist bekennender Fan der Weltraum-Saga "Star Wars". Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Buschmann ist Befürworter konsequenter Digitalisierung, doch Freiheit und Privatsphäre gelten für ihn auch im virtuellen Raum. Netzsperren und Vorratsdatenspeicherung sind ihm ein Gräuel. Katholik zu sein und sich gleichzeitig für eine konsequente Trennung von Staat und Kirche einzusetzen, sieht er nicht als Widerspruch. Freiheit und ihr Schutz durch das Recht - das ist das große Thema des Marco Buschmann. So erklärt sich seine große Skepsis gegenüber Corona-Maßnahmen, die aus seiner Sicht zu weit gehen oder zu schlecht begründet ist, so wird er immer mehr zum Alptraum von Karl Lauterbach. "Auch der Mangel an Freiheit macht krank", warnt Buschmann. Am meisten ärgert sich Buschmann, wenn er das Recht nicht genügend respektiert sieht. Als Bayerns Ministerpräsident Söder im Winter den Vollzug der Impfpflicht für Pflegepersonal vorerst aussetzt, ätzt er: "Wenn sich die Regierenden selbst aussuchen, an welche Gesetze sie sich halten und an welche nicht, dann ist Tyrannei nicht mehr fern."

    In Zukunft werden die Töne von Buschmann nicht leiser

    Dass Buschmann aneckt, in der Ampel und weit darüber hinaus, wird in der FDP-Spitze sehr aufmerksam wahrgenommen - aber keineswegs mit Sorge, sondern mit großem Wohlwollen. Während Christian Lindner als Finanzminister Rekordschulden machen musste, was viele FDP-Anhänger noch nicht verdaut haben, ist es der Justizminister, der im Moment als liberales Korrektiv einer tendenziell linken Regierung wahrgenommen wird. Er wird wahrgenommen, polarisiert, und das ist gut so, sagen erfahrene Parteistrategen. So sind vom freiheitsliebenden Musikfan Buschmann auch in Zukunft keine leisen Töne zu erwarten.

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