Der frühere Bundesjustizminister Marco Buschmann wird nach dem umstrittenen «D-Day»-Papier zum Ampel-Ausstieg neuer FDP-Generalsekretär. Das bestätigte ein Parteisprecher. Buschmann kommt damit eine zentrale Rolle beim Bundestagswahlkampf zu. Die FDP droht bei der vorgezogenen Neuwahl, die in knapp drei Monaten geplant ist, an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern.
Buschmann schrieb auf der Plattform X, Parteichef Christian Lindner habe ihn gebeten, in schwieriger Lage Generalsekretär der FDP zu werden. «Ich werde meine gesamte Kraft in die Aufgabe investieren.» Deutschland brauche «eine Partei für Freiheit und Verantwortung, Leistung und Marktwirtschaft».
Zuvor hatten die «Bild»-Zeitung und die zur Funke Mediengruppe gehörende «Westdeutsche Allgemeine Zeitung» über die Entscheidung Lindners berichtet.
Lindner sagte der «Rheinischen Post» (Montag): «Marco Buschmann war nicht nur ein sehr anerkannter Justizminister, sondern zuvor auch ein höchst erfolgreicher Parteimanager. Ich bin erleichtert, dass er sich bereit erklärt hat, eines der schwierigsten Ämter in einem der härtesten Wahlkämpfe der letzten siebzig Jahre zu übernehmen.»
Umstrittenes Papier löst Beben in Partei aus
Die FDP steckt tief in der Krise: Am Freitag war Generalsekretär Bijan Djir-Sarai zurückgetreten. Er zog damit die Konsequenzen aus dem Bekanntwerden eines umstrittenen Strategiepapiers der Liberalen zum Ampel-Ausstieg. Auch Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann, ein früherer Büroleiter Lindners, trat zurück.
Das sogenannte «D-Day»-Papier der FDP enthält ein detailliertes Szenario für den Exit der FDP aus der Ampel mit SPD und Grünen. Darin wird der mögliche Ausstieg der FDP aus der Ampel mit militärischen Begriffen wie «D-Day» und «offener Feldschlacht» beschrieben. Das Papier löste auch innerparteilich heftige Kritik aus.
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP zerbrach Anfang November nach einem erbitterten Streit um den Kurs in der Haushalts- und Wirtschaftspolitik. Kanzler Olaf Scholz (SPD) feuerte seinen Finanzminister Lindner und kam damit dem Ausstieg der Liberalen zuvor.
Lindner hatte zum Arbeitspapier seiner Partei gesagt, dieses sei nie in politischen Gremien besprochen worden, und er habe davon keine Kenntnis gehabt. Den Mitarbeitern, die das Papier entworfen hätten, mache er keinen Vorwurf. «Ich trage die Gesamtverantwortung für die FDP, und zu der bekenne ich mich auch», sagte er in den ARD-«Tagesthemen».
Buschmann kennt Parteizentrale
Der 47-jährige Buschmann kennt die FDP-Parteizentrale gut und gilt als enger Vertrauter Lindners. Der gebürtige Gelsenkirchener war von 2014 bis 2017 Bundesgeschäftsführer der FDP, zuvor von 2012 bis 2014 Generalsekretär der FDP in Nordrhein-Westfalen. Von Ende 2021 bis zum Bruch der Ampel-Koalition war Buschmann Bundesjustizminister.
Buschmann ist ein Freund der elektronischen Musik - mit einem selbst komponierten Song nahm er Abschied von der Ampel. Das Stück auf Buschmanns Profil auf der Online-Musik-Plattform Soundcloud hat den Titel «Gehen um zu stehen».
FDP droht an Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern
Am 23. Februar ist die Neuwahl für den Bundestag geplant. Die FDP muss um den Wiedereinzug bangen. Aktuell steht die Partei in den Umfragen bei 3 bis 5 Prozent und damit meilenweit von den 11,5 Prozent bei der Bundestagswahl 2021 entfernt. Die Wahlchancen der Liberalen dürften sich durch die Turbulenzen der vergangenen Tage nicht verbessert haben.
SPD und Grüne teilen gegen FDP aus
SPD und Grüne verurteilten nach dem umstrittenen «D-Day-Papier» das Vorgehen ihres früheren Koalitionspartners FDP. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte, Lindner und seine FDP hätten die Arbeit der Ampel-Regierung über Monate hinweg «systematisch sabotiert». «Sie wollten aktiv verhindern, dass diese Bundesregierung erfolgreich ist», sagte Scholz bei einer Wahlkampfkonferenz der SPD am Samstag in Berlin. «So etwas darf in Deutschland nie wieder passieren.»
Schauspiel der FDP?
In ernsten Zeiten brauche Deutschland ernsthafte Politik und «keine Spieler und keine Zocker», sagte Scholz. Die Lindner-FDP sei eine marktradikale Klientelpartei. SPD-Chefin Saskia Esken sagte, die FDP habe den Bruch der Koalition von langer Hand geplant und inszeniert wie ein Schauspiel, um sich in eine bessere Position für die Bundestagswahl zu bringen.
Allerdings hatte es auch aus den Reihen von FDP und Union Vorwürfe an den Kanzler gegeben, den Rauswurf Lindners und damit den Bruch der Ampel-Koalition gezielt herbeigeführt zu haben. Lindner hatte von einer «Entlassungsinszenierung» von Scholz gesprochen.
FDP-Fraktionschef kontert
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Wir sind jetzt an dem Punkt, an dem der deutsche Bundeskanzler entweder bewusst die Unwahrheit sagt oder an erheblicher Amnesie leidet. Beides ist nicht gut.» Die FDP habe immer wieder Vorschläge gemacht, damit Deutschland wirtschaftlich erfolgreich werde. «Diesen Wachstumskurs haben unsere Koalitionspartner systematisch verhindert. Daran ist letztlich auch die Koalition gescheitert. Diese Tatsachen jetzt ins Gegenteil zu verkehren ist mehr als unredlich.»
Grüne bezweifeln Lindners Darstellung
Der Grünen-Parteivorsitzende Felix Banaszak äußerte Zweifel an Lindners Darstellung, nichts vom «D-Day»-Papier gewusst zu haben. Ähnlich äußerte sich Grünen-Chefin Franziska Brantner. Banaszak sagte in Cottbus beim Parteitag des Brandenburger Landesverbandes der Grünen, die FDP sei eine «sehr autoritär geführte Partei». Man müsse sich fragen, von was für «Leuten» man regiert werden wolle, die so mit der Wahrheit und Unwahrheiten umgingen.
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