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FDP: Das Trauma von 2013 wirkt bei der FDP noch immer nach

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Das Trauma von 2013 wirkt bei der FDP noch immer nach

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    FDP Parteivorsitzender Christian Lindner bei zu Gast bei AZ Live.
    FDP Parteivorsitzender Christian Lindner bei zu Gast bei AZ Live. Foto: Bernhard Weizenegger (Archivbild)

    Die guten alten Zeiten – in der FDP sind sie vor allem mit zwei Namen verbunden. Mit Guido Westerwelle als Parteichef und dem damaligen Generalsekretär Dirk Niebel als Wahlkampfmanager holte die Partei 2009 historische 14,6 Prozent. Nach vier Jahren an der Seite der Union allerdings stürzten die Liberalen anschließend umso tiefer und flogen nach der Bundestagswahl am 22. September 2013 aus dem Bundestag. "Angela Merkel", klagte Westerwelle anschließend im kleinen Kreis, "hat uns nicht das Schwarze unter den Fingernägeln gegönnt." Sogar die ursprünglich im Koalitionsvertrag verabredete Steuerreform verweigerte sie ihrem Koalitionspartner. 

    Heute zieht Westerwelles früherer Mitstreiter Niebel daraus vor allem einen Schluss: Augen auf bei der Wahl des Koalitionspartners. "Alles ohne die Grünen ist ein Gewinn", sagt er – und hofft für die nächste Wahlperiode auf eine sogenannte Deutschlandkoalition aus Union, SPD und FDP. So oder so ähnlich denken auch viele Abgeordnete der Liberalen, mürbe geworden durch den ständigen Streit mit den Grünen, desillusioniert auch von den anhaltend niedrigen Umfragewerten. Eine schwarz-rot-gelbe Allianz, so die Hoffnung dahinter, hätte größere Schnittmengen als die zerstrittene Ampelkoalition und mit Friedrich Merz womöglich einen Kanzler, der vor allem in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen eher liberal denkt. Er könne sich eine solche Deutschlandkoalition sehr gut vorstellen, sagt denn auch ein Mann mit Einfluss in der Bundestagsfraktion. "Für Union und SPD alleine wird es ja kaum reichen."

    Dirk Niebel hat den erfolgreichsten Bundestagswahlkampf der FDP-Geschichte organisiert.
    Dirk Niebel hat den erfolgreichsten Bundestagswahlkampf der FDP-Geschichte organisiert. Foto: rmag, dn

    Interne Querelen in der FDP kosteten Westerwelle das Amt

    Zur Wahrheit gehört vor dem 10. Jahrestag der historischen Schmach allerdings auch die Einsicht, dass die FDP an ihr ebenfalls einen gehörigen Anteil hatte. Interne Querelen, die bereits 2011 in der Ablösung des Parteivorsitzenden Westerwelle gipfelten, mit dem jungen Philipp Rösler ein telegener, aber wenig durchsetzungsfähiger Nachfolger – und an der Spitze der Bundestagsfraktion der ebenso umtriebige wie nachtragende Rainer Brüderle, den Rösler aus dem Wirtschaftsministerium verdrängt hatte. Gleichzeitig wurde der Ton zwischen FDP und Union immer rauer, nachdem der neue Parteichef den am Hofe Merkel wenig gelittenen Joachim Gauck unter Androhung des Koalitionsbruchs als Bundespräsidenten durchgesetzt hatte. "Gott hat die FDP vielleicht nur erschaffen", seufzte die Kanzlerin damals, "um uns zu prüfen." 

    In den Schreckensszenarien, über die kein Liberaler gerne spricht und schon gar nicht öffentlich, wiederholen sich die Ereignisse von damals in der Ampel gerade in ähnlicher Form. Eine am Boden liegende, klamme Partei, die von ihrem neuen Vorsitzenden erst wieder wettbewerbsfähig gemacht werden muss: Das Trauma von 2013 wirkt noch nach. Zwar hat die FDP diesmal mit ihrem Vorsitzenden Christian Lindner als Finanzminister eine Reihe von Steuererleichterungen durchgesetzt und dem umstrittenen Heizungsgesetz einiges an Schärfe genommen. In den Umfragen aber profitiert sie davon bisher nicht. Im Gegenteil: Sie ist im Bund wieder gefährlich nahe an die Fünf-Prozent-Marke gefallen und in Bayern vor der Landtagswahl sogar deutlich darunter.

    Auf einen Koalitionsbruch ist FDP-Chef Lindner nicht aus

    Alle Umfragen zeigen: Die Anhänger der FDP fremdeln mit der Ampel deutlich stärker als die von Grünen und Sozialdemokraten. Einen Koalitionsbruch aber wird Lindner nicht riskieren, er setzt zwar auf Konfrontation wie zuletzt im Streit um die Kindergrundsicherung – aber vor allem, um die FDP sichtbarer zu machen. Ein Positionspapier der Bundestagsfraktion fordert die Ampelpartner deshalb auf, an Gerhard Schröders „Erfolgsrezept der Agenda 2010“ von vor 20 Jahren anzuknüpfen, das Deutschland vom kranken Mann Europas zur global bewunderten Modellökonomie gemacht habe. Von einer Absage an einen subventionierten Strompreis und weitere Sozialausgaben bis zu Planspielen über eine Wiederinbetriebnahme von Kernkraftwerken ist darin so ziemlich alles enthalten, was den Grünen nicht gefällt.

    Dass es schwer werden würde, war Lindner klar, als er sich für die Ampel entschied. Wo Genossen und Grüne auf Staat und Gleichheit setzten, hat der Parteichef und Finanzminister vor Kurzem bei einer Veranstaltung unserer Zeitung betont, setze die FDP auf Freiheit und Unternehmergeist. "Das sind schon unterschiedliche Pole, um es höflich zu sagen." Die Mitglieder aber beruhigt das nicht wirklich. Beim Parteitag im April in Berlin etwa klagte ein Delegierter aus den neuen Bundesländern: Wenn die FDP wirklich so gut wäre, wie es die Parteiführung behaupte, "dann müssten wir jetzt eigentlich 20 Prozent haben und in jedem Landtag sitzen".

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