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FDP-Strategiepapier zum „D-Day“ löst Rücktrittswelle aus

FDP

Das D-Day-Papier sorgt für ein Beben bei der FDP

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    FDP-Chef Christian Lindner verteidigt das Handeln seiner Partei rund um das Ampel-Aus.
    FDP-Chef Christian Lindner verteidigt das Handeln seiner Partei rund um das Ampel-Aus. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Einen Tag nach dem Bekanntwerden eines detaillierten Plans zum Ampel-Ausstieg sind bei der FDP Köpfe gerollt. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann traten am Freitag zurück. Der Parteivorsitzende Christian Lindner hingegen kann sich offenbar an der Spitze halten. Er habe das Papier „nicht zur Kenntnis genommen und hätte es auch nicht gebilligt“, erklärte Lindner. Er äußerte sich im Tagesverlauf zunächst nur schriftlich zu den Vorgängen rund um das Strategiepapier und konnte somit nicht die Frage beantworten, ob er als Spitzenkandidat seiner Partei in den Bundestagswahlkampf zieht.

    „Das öffentlich gewordene Papier des Genscher-Hauses war lediglich ein Entwurf“, erklärte Lindner. Der scheidende Bundesgeschäftsführer habe bestätigt, dass es auf Mitarbeiterebene erstellt und nur dort diskutiert worden sei. Hintergrund ist, dass es seit Mitte November Berichterstattung über die Planungen der FDP für unterschiedliche Szenarien eines Koalitionsendes sowie diverse Presseanfragen gab. Die Partei veröffentlichte als Reaktion auf ihrer Internetseite ein bis dahin internes Dokument. Es handelt sich um ein Arbeitspapier, das Bundesgeschäftsführer Reymann zum ersten Mal am Nachmittag des 24. Oktober abspeicherte.

    FDP-Krise: Rücktritte bei Djir-Sarai und Reymann in Berlin

    „Gegenstand dieses Papiers ist das zu diesem Zeitpunkt bereits realistische und in den Medien breit diskutierte Ende der Ampel-Koalition“, erklärte die FDP. Das Papier befasse sich „mit den Fragen, wie ein Ausstieg der FDP aus der Bundesregierung kommuniziert werden könnte“. Der letzte Änderungsstand, wie er nun auch veröffentlicht wurde, stammt vom 5. November. Einen Tag später platzte die Ampel, nachdem Kanzler Olaf Scholz (SPD) den bis dahin amtierenden Finanzminister Lindner entließ.

    Strategiepapiere dieser Art gehören zum üblichen Geschäft einer Partei. Gerade werden sie mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl massenhaft produziert: Welche Schwächen haben die gegnerischen Spitzenkandidaten? Wo werden am besten welche Auftritte absolviert? Reden werden vorberietet, auch das FDP-Papier enthält bereits eine für Lindner vorbereitete Ansprache. In die Kritik ist das Papier seiner martialischen Wortwahl wegen geraten. „D-Day“ und „offene Feldschlacht“ sind Begriffe aus dem Militärwesen, aus dem sich die Parteien – Offensive, Attacke, Angriff, Flüchtlingsansturm – auch sonst gerne bedienen.  

    Was wusste Lindner vom „D-Day“-Plan?

    Inhaltlich enthält die mehrseitige Power-Point-Präsentation darüber hinaus keine anstößigen Details. Es geht vielmehr um die bestmögliche Kommunikation, Zeitstränge und Abläufe. Hätte Lindner von dem Inhalt gewusst, dann hätte das seiner Darstellung widersprochen, wonach das Ampel-Aus von der SPD und Kanzler Scholz aktiv betrieben wurde.

    Die Hoffnung der FDP, dass mit der Veröffentlichung des Dokuments Transparenz hergestellt wird und Ruhe einkehrt, erfüllte sich jedoch nicht. Die Aufregung war groß, für Lindner ist sie nicht nachvollziehbar. Er habe schon lange einen „Herbst der Entscheidungen“ in Aussicht gestellt, erklärte er. Wer die Vorgänge jetzt „skandalisiert, zeigt, es geht ihm allein um Macht- und Parteiinteressen“. Die Kritik an dem 45-Jährigen entzündet sich besonders daran, dass er sich bis zum Platzen der Koalition immer wieder öffentlich zum Fortbestand der Ampel bekannte, während er hinter den Kulissen anders agiert habe.

    Wackelt FDP-Chef Lindner?

    Djir-Sarai wiederum hatte am 18. November erklärte, der Begriff „D-Day“ sei nicht verwendet worden. Anlässlich seines Rücktritts blieb er indirekt bei dieser Darstellung. „Ich habe unwissentlich falsch über ein internes Dokument informiert. Dies war nicht meine Absicht, da ich selbst keine Kenntnis von diesem Papier hatte“, sagte er im Hans-Dietrich-Genscher-Haus.

    Der bayerische FDP-Chef Martin Hagen kritisierte die „interne Wortwahl bei den Vorbereitungen“. Vor allem seien „die missglückten Versuche, das im Nachgang kommunikativ einzufangen“, beschämend. „Die wichtigste Währung in der Politik ist Glaubwürdigkeit, die wurde beschädigt, die müssen wir jetzt zurückgewinnen“, sagte Hagen, der Djir-Sarais Rücktritt ausdrücklich begrüßte.  SPD-Generalsekretär Matthias Miersch nannte den Rücktritt des FDP-Generalsekretärs ein „durchschaubares Bauernopfer“. Der Schritt sei erfolgt, um die Verantwortung von Lindner abzulenken, sagte er der Nachrichtenagentur dpa.

    Der FDP-Bundesvorstand will am 17. Dezember das Wahlprogramm beraten und verabschieden. Um einen Parteitag wird die FDP indes kaum herumkommen. Die Liberalen werden ihn jedoch möglichst weit nach hinten legen. Denn Lindner muss nun hoffen, dass die Zeit die Wogen glättet.

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    4 Kommentare
    Hans-Peter Stienen

    Mir fallen aktuell zu diesem Thema zwei Sprüche ein: "Der Fisch stinkt vom Kopf her." und "Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht." Dazu könnte man doch den Song "Anna" von Stephan Remmler einfach mal neu texten, z.B. so Christian Christian - oh Christian Lüg dich rein Lüg dich raus. Lüg dich rein Lüg dich raus. Lüg dich rein Lüg dich raus.

    Martin Goller

    Also die Parteiführung hat nichts gewusst, der Fraktionschef hat nichts gewusst, der Generalsekretär hat es nicht gewusst. Zwei von drei treten zurück. Da haben sich also alle in der Partei verschworen und den oberen nichts gesagt? Oder waren es vielleicht doch der Hausmeister und die Putzkraft? Hat man den Herrn Wissing schon mal gefragt?

    Hans Meixner

    Mal abgesehen von dem dilettantischen Getue der FDP, haben doch die anderen zwei Parteien (SPD und Grüne) dieselben Szenarien durchgespielt und tun jetzt so, als hätten sie die Koalition retten wollen. Wäre dies unter Umständen gelungen, wäre es noch viel schlimmerer um unser Land geworden. Jetzt treten die SPD und Grünen zur Wahl als Retter an, wo sie doch hauptsächlich den "Karren in den Dreck gezogen" haben. Was für eine Farce! PS: bin beileibe kein FDP-Wähler oder Sympathisant

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    Hans-Peter Stienen

    Hallo Herr Meixner, da stimme ich Ihnen zu, auch aus meiner Sicht war diese Koalition mit diesem Personal nicht "das Gelbe vom Ei". In Führungszeugnissen würde u.a. der Vermerk stehen: "hatte sich bemüht .." Hätte C. Lindner sich mannhaft gezeigt und nicht von Aufdeckung zu Aufdeckung durchgelogen, könnte man ihm Respekt zollen, dass er wirklich etwas bewegen wollte, aber so ist er nur einer von vielen Stümpern dieser Chaoskoalition. Man kann nur hoffen, dass dieses Drama nicht zu noch mehr Stimmen für die rechts- und linksradikalen Parteien führt. In meinem Bekanntenkreis höre ich jetzt oft die Bemerkung, wen man denn jetzt noch wählen kann, da auch Merz die Menschen nicht "vom Hocker reißt".

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