Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

FDP: Abstimmung über FDP-Austritt aus der Ampel: "Wer soll uns dann noch wählen?"

FDP

Abstimmung über FDP-Austritt aus der Ampel: "Wer soll uns dann noch wählen?"

    • |
    Für die Ampel: FDP-Chef  Christian Lindner.
    Für die Ampel: FDP-Chef Christian Lindner. Foto: Kay Nietfeld

    In der FDP rumort es. Das von knapp 600 Mitgliedern erzwungene Votum über einen Ausstieg aus der Ampelkoalition hätte im Erfolgsfall zwar keinen bindenden Charakter – kurz nach dem Start der digitalen Abstimmung, die noch bis 1. Januar läuft, wächst im liberalen Establishment jedoch die Nervosität. "Wir sind keine Partei, die aus der Verantwortung flieht", schreiben die beiden früheren bayerischen Landesvorsitzenden Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Martin Zeil sowie der Vorsitzende der Jungen Liberalen Bayern, Tobias Dutta, jetzt aus Sorge vor einer Eskalation des Konfliktes in einem offenen Brief. Und warnen: "In schwierigen Zeiten verlässt eine Partei mit staatspolitischer Verantwortung nicht aufgrund schlechter Wahlen oder Umfragen eine Regierung und stürzt unser Land damit in die Führungslosigkeit." 

    Einen offenen Brief hat auch ein anderer ehemaliger Landesvorsitzender geschrieben – Albert Duin. „Von einer Regierung erwarten die Menschen, dass ihnen das Leben leichter gemacht wird“, argumentiert er. Die Ampelregierung aber "bewirkt exakt das Gegenteil“. Die Migration laufe aus dem Ruder, die Kernkraftwerke seien zu früh abgeschaltet worden und der versprochene Bürokratieabbau sei ausgeblieben, wirft der Unternehmer aus München Parteichef Christian Lindner vor. Und weiter an die Adresse des "lieben Christian", wie er ihn nennt: "Nie war Deine Aussage, es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren, passender als in diesen Tagen." Das Argument, dass die FDP Schlimmeres verhindert habe, so Duin weiter, "beruhigt niemanden, bestenfalls die vielen Partei-Vasallen, die Angst um ihre Posten haben, und die, die mittlerweile sehr stark ins links-grüne Lager abgedriftet sind."

    Bundeskanzler Olaf Scholz, Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Christian Lindner, Bundesminister der Finanzen.
    Bundeskanzler Olaf Scholz, Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Christian Lindner, Bundesminister der Finanzen. Foto: Christoph Soeder, dpa

    FDP: Außer Kritik nichts mehr zu bieten?

    Die FDP-Spitze betrachtet das Ergebnis der Mitgliederbefragung lediglich als eine Art Stimmungsbild. Laut Satzung ist sind Präsidium und Vorstand nicht an das Resultat der Abstimmung gebunden. "Niemand von uns leugnet die außerordentlich schwierige Situation", räumen auch Leutheusser-Schnarrenberger, Zeil und Dutta "in großer Sorge um die Zukunft unseres Landes und unserer Partei" ein – und stellen den Kritikern auf der Gegenseite die Frage, was denn die Folgen eines Ausstiegs aus der Ampel wären. "Wer soll uns dann bei einer Neuwahl noch wählen, welches Wahlziel, welche Koalition sollen wir dann potenziellen Wählerinnen und Wählern in Aussicht stellen?" Eine FDP, die sich gemütlich in der Opposition einrichten wolle und außer Kritik nichts zu bieten habe, sei auch für liberale Wähler uninteressant. Außerdem hätten die Liberalen in der Ampel auch einiges erreicht beziehungsweise durchgesetzt – von der Trendwende in der Corona-Politik über das 49-Euro-Ticket bis zu einer modernen Regelung für die Einwanderung von Fachkräften. 

    Insgesamt sind rund 77.000 Freidemokraten aufgerufen, im Mitgliederportal der Partei ihr Urteil über die Ampel zu fällen. Die Initiative dazu hatten 26 liberale Landes- und Kommunalpolitiker nach den Wahlschlappen in Bayern und Hessen unter dem Motto "Ampel beenden" ergriffen, angeführt vom Kasseler Stadtkämmerer Matthias Nölke. Parteichef Christian Lindner hat sich bereits klar für einen Verbleib in der Koalition ausgesprochen. Das Votum stresse ihn nicht, sagt er. "Denn es ist eine Gelegenheit, deutlich zu machen, dass die FDP die Richtung der Regierung mitprägt." Der Altliberale Gerhard Baum drückt es im Spiegel noch etwas drastischer aus: Aus der Ampel auszusteigen, warnt der 91-Jährige, "wäre Selbstmord aus Angst vor dem Tod".

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden