Entwicklungshilfe ist nach Ansicht von Experten kein geeignetes Mittel, um den Andrang von Armutsflüchtlingen kurzfristig zu bremsen - im Gegenteil.
"Wenn der Bildungsstand steigt, wenn die Einkommen steigen, dann werden sich erst mal mehr Leute auf den Weg machen", sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR), Thomas Bauer, der Deutschen Presse-Agentur. Die Forschung zeige, dass zunächst einmal mehr Menschen das Land verließen, bevor es wieder weniger würden.
"Die Ärmsten der Armen werden nicht wandern. Sie können sich das nicht leisten und haben nicht die nötigen Netzwerke und Informationen für eine solche Entscheidung", erklärte der Wirtschaftswissenschaftler. Arme Länder etwa in Afrika bei der Entwicklung zu unterstützen, sei trotzdem richtig - "man sollte mittel- bis langfristig denken." Ab wann die Abwanderung zu- und wieder abnehme, lasse sich nicht genau berechnen oder planen, da dies vom Herkunfts- und Zielland abhänge. "Je mehr sich die Verhältnisse annähern, desto weniger Menschen werden wandern."
Das gelte vor allem für Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat verließen. "Allerdings gilt auch für Kriegsflüchtlinge, dass ihr Fluchtziel davon abhängt, was sie sich leisten können - nach dem Motto, soweit mein Geld mich trägt", sagte Bauer. Die ärmsten Flüchtlinge aus Kriegsgebieten schafften es gar nicht nach Europa.
Die Vorsitzende des Bundestags-Entwicklungsausschusses, Dagmar Wöhrl (CSU), sagte, wer die Ursachen für eine Flucht nach Europa bekämpfen wolle, müsse klar unterscheiden zwischen Kriegsflüchtlingen und Menschen, die in ihrer Heimat kein Auskommen finden. Um die Kriegsflüchtlinge aus Syrien in der Region zu halten, sei es wichtig, dass Deutschland bei der Versorgung der Flüchtlinge in den aufnehmenden Nachbarstaaten Libanon, Türkei und Jordanien helfe.
In einigen afrikanischen Staaten sei es durchaus möglich, dass kurzfristig "ein Zusammenhang zwischen verbessertem Einkommen und steigenden Migrationszahlen" auftrete, räumte Wöhrl ein. Dies gelte aber nur dann, wenn die Menschen "in ihrem eigenen Land ihr wirtschaftliches Weiterkommen für die nächsten Jahre blockiert" sähen. Die Bundesregierung müsse daher in Afrika noch gezielter als bisher auf die Stärkung der Strukturen von Wirtschaft und Beschäftigung vor Ort setzen.
Das von Wöhrls Parteifreund Gerd Müller geleitete Entwicklungsministerium hatte im vergangenen Jahr mehr als drei Milliarden Euro für die "Minderung von strukturellen Fluchtursachen, die Unterstützung von Flüchtlingen und die Stabilisierung der Aufnahmeregionen zur Verfügung gestellt".