Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck hat die Debatte um ein Verbot der AfD als unsinnig kritisiert und die anderen Parteien zu einem offenen Umgang mit Problemen bei der Zuwanderung aufgefordert. „Nicht alles, was wir nicht mögen, können wir verbieten“, sagte Gauck in einem Interview der Augsburger Allgemeinen. „Genauso unsinnig ist es, zu sagen, wer die AfD wählt, sei automatisch ein Nazi“, betonte er. „Ich halte unsere Demokratie für gefestigt genug, mit einer Partei, die nationalpopulistisch bis nationalistisch agiert, so intensiv zu debattieren, dass sie im Meinungsstreit unterliegen wird“, erklärte der frühere Bundespräsident.
Gauck fordert einen offenen Umgang mit Problemen in der Migrationspolitik
Dazu gehöre jedoch ein offener Umgang mit Problemen in der Zuwanderungspolitik. „Es reicht nicht, immer zu wiederholen: Vielfalt ist Gewinn. Wir müssen den Zuwanderern zumuten, dass sie unsere Werte achten“, betonte Gauck. „Wir müssen auch über Bandenkriminalität sprechen, über importierten Antisemitismus“, fügte er hinzu. „Denn wenn die Parteien der demokratischen Mitte das nicht ansprechen, dann übernehmen das die Populisten.“
In ganz Europa seien deshalb nationalistische Parteien stark geworden. „Immer wenn die Zuwanderungszahlen steigen, bekommen diese Leute Zulauf“, sagte Gauck. In der Zuwanderungspolitik gebe es keine einfachen Lösungen, aber die Menschen müssten sehen, dass ein Wille zum Handeln da sei. „Wer zeigt, dass er zum Handeln bereit ist, stärkt das Vertrauen – und das ist ein wichtiges Element“, betonte der frühere Bundespräsident. (AZ)