Bayern ist im EU-Parlament in den kommenden fünf Jahren deutlich weniger repräsentiert, zumindest wenn man nach der Anzahl der bayerischen Mandate geht: Statt 15 Personen, wie in der vergangenen Legislaturperiode, pendeln künftig nur noch elf Politikerinnen und Politiker aus Bayern nach Brüssel. Wie kommt das? Und welche bayerischen Politiker fliegen jetzt aus dem Parlament, wer kommt neu dazu?
Thomas Rudner (SPD) hätte gerne eine ganze Amtsperiode in Brüssel absolviert
Knapp zwölf Prozent der Stimmen erreichten die Grünen bei der Europawahl 2024. Im Vergleich zu 2019 bedeutet das einen Verlust von knapp neun Prozentpunkten und damit auch neun Sitzen im Parlament. So kommt es, dass für die Grünen in der kommenden Legislaturperiode niemand aus Bayern nach Brüssel zieht. Die Allgäuerin Andrea Wörle verpasste mit Listenplatz 16 den Einzug um vier Sitze. Henrike Hahn aus München und Pierrette Herzberger-Fofana aus Erlangen, die die bayerischen Grünen bisher im Europaparlament vertraten, hatten sich auf dem Parteitag ihrer Partei zwar auf einen Platz auf der Europaliste beworben, wurden jedoch nicht aufgestellt.
Anders war es bei Thomas Rudner (SPD). Der Regensburger schaffte es auf Platz 16 der Wahlliste der SPD, verfehlte den Wiedereinzug jedoch um zwei Sitze. Er vertrat zuletzt gemeinsam mit Maria Noichl aus Rosenheim die bayerische SPD im Europaparlament, nachdem er 2023 für den Amberger Ismail Ertug nachrückte. Nachdem Rudner für das Mandat erst vor einem Jahr eine berufliche Aufgabe abbrechen und sein Privatleben umorganisieren musste, hätte er gern eine ganze Amtsperiode absolviert. "Es war ein unglaublich interessantes Jahr, die Aufgabe als Mitglied des Europäischen Parlaments ist die schönste, die ich bisher übernehmen durfte", sagt Rudner unserer Redaktion. Nun wolle er sich zunächst vom Wahlkampf erholen und dann seine alte Aufgabe als Geschäftsführer der Stiftung Jugendaustausch Bayern wieder aufnehmen. Künftig vertritt Noichl die bayerische SPD allein in Brüssel.
Bernhard Zimniok (AfD) wolle über eine "Verstärkung des Privatlebens" nachdenken
Auch Bernhard Zimniok (AfD) wäre gern Mitglied des Europäischen Parlaments geblieben. Doch "der Parteitag im Juli verlief nicht zu meinen Gunsten", deshalb habe er es nicht auf die Kandidatenliste geschafft, sagte der Münchner Politiker unserer Redaktion. Er wolle sich politisch auf jeden Fall weiter engagieren. "Im Alter von 72 Jahren kann man aber auch über eine Verstärkung des Privatlebens nachdenken", so Zimniok.
Bisher saß die Bayreuther Politikerin Sylvia Limmer mit ihm im EU-Parlament für die AfD. Sie zog ihre Bewerbung für eine zweite Kandidatur jedoch zurück und trat im Mai 2024 aus der AfD aus, nachdem sie parteiinterne Strukturen und inhaltliche Veränderungen kritisierte, wie unter anderem der Spiegel berichtete. Besonders die Forderung nach dem Austritt Deutschlands aus der EU und der Nato hätten dazu geführt, dass sie sich von der AfD abwendete. Aus Bayern kommt nun zu Markus Buchheit aus Oberbayern, der zum zweiten Mal für die AfD im Europaparlament sitzt, Petr Bystron hinzu. Gegen den Münchner Politiker laufen momentan noch Ermittlungen wegen Geldwäsche- und Bestechlichkeitsvorwürfen.
Dass für die AfD nun nur noch zwei statt drei bayerische Politiker im Europaparlament sitzen, liegt nicht am Wahlergebnis der rechtspopulistischen Partei – denn sie gewann sogar sechs Sitze dazu. Die Verteilung der Sitze liegt maßgeblich an der parteiinternen Entscheidung, welche Kandidatinnen und Kandidaten auf der bundesweiten Wahlkampfliste sind und welchen Platz sie einnehmen.
Marlene Mortler (CSU) will "aufhören, wenn es am besten ist"
Für die Freien Wähler (FW) übernahm die Bäuerin Christine Singer aus der Nähe von Garmisch-Partenkirchen den Platz von Ulrike Müller. Die gebürtige Augsburgerin, die einen Bauernhof im Oberallgäu betreibt, war seit 2014 Mitglied des Europäischen Parlaments. Da sie seit Ende 2023 zusätzlich im Bayerischen Landtag sitzt und somit ein Doppelmandat hatte, entschied sie sich, bei der diesjährigen Europawahl nicht noch mal anzutreten.
Auch bei der CSU bleibt die Anzahl der Plätze im Europäischen Parlament gleich, weiterhin vertreten sechs Politikerinnen und Politiker die Partei in Brüssel.
Stefan Köhler aus dem Kreis Aschaffenburg zieht neu für Marlene Mortler aus dem Nürnberger Land ein. Die ehemalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung trat nach einer Amtszeit in Brüssel nicht erneut an. "Man soll aufhören, wenn es am besten ist", schreibt die Mittelfränkin auf ihrer Homepage.
Manfred Weber (aus Wildenberg in Niederbayern), Angelika Niebler (München), Christian Doleschal (Brand in der Oberpfalz), Monika Hohlmeier (Lichtenfels in der Oberpfalz) und Markus Ferber (Augsburg) vertreten die CSU auch weiterhin im Europäischen Parlament.
Für das neu gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zieht Friedrich Pürner in das EU-Parlament ein. Der Arzt und frühere Leiter des Gesundheitsamts Aichach-Friedberg hatte während der Corona-Pandemie mediale Aufmerksamkeit erhalten, als er die staatlichen Maßnahmen kritisierte.