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Europäische Union: Für von der Leyen geht es um Alles oder Nichts

Europäische Union

Für von der Leyen geht es um Alles oder Nichts

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    Ursula von der Leyen muss um ihren Job als Präsidentin der Europäischen Kommission bangen.
    Ursula von der Leyen muss um ihren Job als Präsidentin der Europäischen Kommission bangen. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Sehr viel weiter nach hinten hätten sie den wichtigsten Termin der kommenden Woche nicht schieben können. Die Abstimmung über Ursula von der Leyens politische Zukunft wurde auf nächsten Donnerstag, 14 Uhr, in der Agenda der Plenarwoche in Straßburg angesetzt – zum Unmut vieler EU-Abgeordneter. Dem Team der deutschen Kandidatin dürfte das Mehr an Zeit derweil zugutekommen. Es herrscht Nervosität angesichts ihrer angestrebten Wiederwahl. Damit die amtierende EU-Kommissionspräsidentin weitere fünf Jahre im mächtigsten Amt der EU bleiben kann, braucht sie 361 Stimmen. Mindestens. Und sie hat nur einen Versuch.

    Dementsprechend ist die als Spitzenkandidatin der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP) angetretene CDU-Politikerin aktuell auf Werbetour. Am Mittwochmorgen traf sie sich mit den Liberalen von der Renew-Fraktion, am Nachmittag verhandelte sie mit den Grünen über konkrete Wünsche, die vor allem auf Zugeständnisse in den Bereichen Umwelt- und Klimapolitik sowie Rechtsstaatlichkeit und Demokratie pochen. Was will wer? Und welche Kompromisse sind die Gesprächspartner bereit zu machen? Vor allem von der Leyens Flirt mit den Fratelli d’Italia von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sorgt weiterhin für Ärger. Man sei „sehr besorgt über die Bereitschaft der EVP, mit den Rechtsextremen in diesem Haus zu paktieren“, sagte die Renew-Vorsitzende Valérie Hayer und forderte einen Kurswechsel. „Das Europa von morgen wird von der politischen Mitte aus aufgebaut werden, nicht von Populisten und Extremisten.“

    Kooperation mit Meloni überschattet die Wahl

    Die traditionelle Mitte der EU-Politik setzt sich aus den Konservativen, den Sozialdemokraten und den Liberalen zusammen. Im EU-Jargon heißt das Trio Plattform. Doch die umfasst nur noch knapp 400 von 720 Sitzen und ist damit keineswegs mehr so stabil wie in der Vergangenheit. Weil es außerdem stets Abweichler in den eigenen Reihen gibt – so haben bereits zwölf liberale Volksvertreter, etwa aus Irland, offen ihre Ablehnung angekündigt – braucht von der Leyen Schützenhilfe aus weiteren Fraktionen. Wird sie die Grünen als Partner einbinden, im Gegenzug für deren Stimmen? Co-Chefin Terry Reintke mahnte nach dem Treffen mit von der Leyen vergangene Woche, dass die Grünen „nicht Teil einer Mehrheit sein werden, die mit der extremen Rechten, einschließlich EKR, verhandelt oder sich auf diese verlässt“. Das nationalkonservative Bündnis der „Europäischen Konservativen und Reformer“ (EKR) steht unter der Führung von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Die EVP dagegen möchte es sich offenhalten, künftig bei manchen Themen, zum Beispiel Migration, mit der EKR zu kooperieren. Es bleibt ein Drahtseilakt für die Brüsseler Behördenchefin.

    Gleichwohl hoffen einige im konservativen Lager, dass Meloni auf diese Weise näher in die Mitte rücken wird. „Es ist eine gute Entwicklung, dass sie nicht zu Orbáns Fraktion geht und die Brücke zu ihm abreißt“, hieß es von einem EVP-Insider. Tatsächlich mischen sich im europäischen Rechtsaußen-Lager derzeit die Karten neu. „Besser gespalten als vereint“, kommentierte ein EVPler hinter vorgehaltener Hand die Aussicht, dass es bald drei antieuropäische Rechtsaußen-Fraktionen im Hohen Haus Europas geben könnte.

    Die Rechten stellen die drittstärkste Fraktion

    Andere zeigen sich besorgt darüber, dass Rechtspopulisten mittlerweile sowohl die dritt- als auch die viertstärkste Fraktion im EU-Parlament stellen. Auf Platz drei steht das von Viktor Orbán initiierte Rechtsbündnis „Patrioten für Europa“ mit insgesamt 84 Parlamentariern nationalistischer bis rechtsradikaler Parteien. Dazu gehören neben der ungarischen Fidesz die österreichische FPÖ und der rechtsextreme Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen aus Frankreich. Orbán habe „ein Sammelbecken für die Freunde Wladimir Putins“ geschaffen, glaubt ein Beobachter. Die neue Fraktion soll laut Orbán Europa „auch gegen den Willen der Brüsseler Eliten verändern“. Der Ungar hatte erst jüngst mit einer Reise nach Moskau die Kritik vieler EU-Staaten auf sich gezogen. Die EKR liegt derweil auf Platz vier. Die deutsche AfD war bis zuletzt isoliert, hat sich aber inzwischen in einer neuen rechtsextremen Gruppe namens „Europa der souveränen Nationen“ unter anderem mit der polnischen Konfederacja und der spanischen Se Acabó La Fiesta (SALF) zusammengetan. In der Diskussion über dieses Bündnis waren in den vergangenen Wochen auch schon die Begriffe „Hooligan-Truppe“ oder „rechtsextreme Resterampe“ gefallen.

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    1 Kommentar
    Jochen Hoeflein

    Die Bestimmung der Präsidentin bzw . des Präsidenten der EU Kommission ist ein Hickhack bzw. ein Hinterzimmerdeal zwischen den Gruppierungen im EU Parlament. (Faule) Kompromisse müssen auf Kosten der Bürger der EU eingegangen werden und die Unverträglichkeiten zwischen den polit. Gruppierungen treten offen zu Tage. Hoffe nur dass die Grünen nicht wieder ein paar Geschenke bekommen, die die Bürger viel Geld kosten und mehr Reglementierung bringen oder gar Restriktionen bei der Asylpolitik aufgeweicht werden.

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