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Europäische Union: EU-Gipfel: Der Streit hat keine Pause

Europäische Union

EU-Gipfel: Der Streit hat keine Pause

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    Bundeskanzler Olaf Scholz trifft zum EU-Gipfel in Brüssel ein.
    Bundeskanzler Olaf Scholz trifft zum EU-Gipfel in Brüssel ein. Foto: Virginia Mayo, dpa

    Würde der Plural am Ende diesen EU-Gipfel retten können? Es ging um ein schlichtes „n“, das im Deutschen den Numerus des Wortes Pause verändern würde – und damit, so die Hoffnung im Kreis der Gemeinschaft, einen Konsens erzeugen könnte. Denn tagelang drehte sich in Brüssel alles um die eine Frage: Wie wollten die Europäer eine mögliche Unterbrechung der Kampfhandlungen im Nahen Osten beschreiben? 

    Auch wenn es in der Politik natürlich auf Sprache ankommt, offenbarten die teils absurden Diskussionen über den entsprechenden Passus in der Abschlusserklärung, wie uneins die Mitgliedstaaten auf der Suche nach einer gemeinsamen Linie bis zuletzt blieben. Die Gräben sind tief – und das seit Jahrzehnten. Kein Konflikt in der Welt spaltet die Europäer so wie jener zwischen Israelis und Palästinensern. 

    Noch bevor die 27 Staats- und Regierungschefs am Donnerstag zu ihrem zweitägigen Treffen in der belgischen Hauptstadt zusammenkamen, dominierten deshalb Wortklaubereien und Grammatikspielchen den Streit um eine gemeinsame Haltung zum Nahost-Konflikt und zu der eskalierenden Lage im Gazastreifen

    Wie kann der Zivilbevölkerung im Gazastreifen geholfen werden?

    Im Kern geht es um die Frage, wie die EU darauf drängen kann, dass Israel seine Militäraktionen gegen die Hamas unterbricht, damit die palästinensische Zivilbevölkerung humanitäre Unterstützung bekommen kann. 

    Während in einer frühen Version die Forderung noch im Singular – „humanitäre Pause“ – in dem Dokument stand, hieß es dann im letzten Entwurf der Schlussfolgerungen, der Europäische Rat rufe dazu auf, „den raschen, sicheren und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe fortzusetzen“ sowie dafür zu sorgen, dass die Bedürftigen durch alle erforderlichen Maßnahmen, „einschließlich humanitärer Korridore und Pausen“, Hilfe erhalten. Plural also. 

    Die Kompromissformel sollte vor allem Länder wie Deutschland, Österreich und Tschechien zufriedenstellen. Sie pochten darauf, Israel im Kampf gegen die von der EU als Terrororganisation eingestufte Hamas nicht allzu sehr einzuschränken. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, humanitäre Hilfe und eine Evakuierung von Doppelstaatlern und Mitarbeitern internationaler Organisationen müsse ermöglicht werden. Das wolle auch Israel, so der SPD-Politiker, „und das muss dann ja auch irgendwie stattfinden können“. 

    Er blieb in typischer Scholz-Manier vage. Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez wünschte sich dagegen einen „Waffenstillstand“, sagte er. „Aber wenn wir dafür die Bedingungen nicht haben, dann zumindest eine humanitäre Pause, um die gesamte humanitäre Hilfe, die die palästinensische Bevölkerung dringend benötigt, zu ermöglichen.“ Pause? Also doch Singular? 

    Deutschland pocht auf das Verteidigungsrecht Israels

    „Eine Pause ist eine Pause", hatte der umstrittene EU-Außenbeauftragte Josep Borrell zuvor noch gesagt und „die Unterbrechung von etwas, das danach weitergeht“ gemeint. Vielen EU-Ländern aber klang das zu sehr nach einer „Waffenruhe“, die der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, vor wenigen Tagen und zum Unmut der Israelis verlangt hatte, um die Versorgung der Zivilisten zu gewährleisten. Gegen diesen Begriff hatten sich Staaten wie Deutschland gesträubt, aus Sorge, eine solche Forderung könnte das Recht Israels infrage stellen, sich gegen die Angriffe der Terrormiliz zu verteidigen.

    Während einige Regierungsvertreter, etwa aus Irland oder Spanien, seit Wochen vor unangemessen gewalttätigen Gegenschlägen Israels mit zahlreichen getöteten palästinensischen Zivilisten warnen, sprach Scholz der Regierung in Jerusalem sein Vertrauen aus. Israel sei „ein demokratischer Staat mit sehr humanitären Prinzipien, die ihn leiten“, sagte der Kanzler am Donnerstag. Deshalb könne „man sicher sein, dass die israelische Armee auch bei dem, was sie macht, die Regeln beachten wird, die sich aus dem Völkerrecht ergeben“. Daran habe Scholz „keinen Zweifel“. 

    Die EU-Staaten betonen den Beschluss unterschiedlich

    Zwar fordern die 27 Länder schlussendlich fast dasselbe, nur legen sie ihre Betonung auf das jeweils andere – und wollten bislang auch von ihren Schwerpunkten nicht abrücken. Da sind einerseits Länder wie Ungarn, neuerdings Frankreich, Österreich, Tschechien und vorneweg Deutschland, die besonders eng an der Seite Israels stehen. Auf der anderen Seite gibt es jenes Lager, das stärker die Position der Palästinenser hervorhebt und auf das humanitäre Völkerrecht verweist. Zu dieser Gruppe gehören Irland, Luxemburg, Belgien oder Spanien. 

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