Das Thema Panzer stand zwar nicht ausbuchstabiert auf der Agenda des Außenminister-Treffens in Brüssel. Trotzdem war schon bei der Ankunft der 27 Chefdiplomaten klar, dass der Fokus auch auf Berlin gerichtet war. Ungeduld, Unmut, Unverständnis – einige Minister bekundeten offen ihren Frust über die Zurückhaltung der Deutschen in der Debatte um Lieferungen von Leopard-Panzern an die Ukraine. Der Druck auf die Bundesregierung nimmt zu, insbesondere die baltischen Partner forderten lautstark eine zügige Entscheidung.
Deutschland als „größter Partner in der EU“ habe eine besondere Verantwortung, befand der estnische Außenminister Urmas Reinsalu „Wir werden sehr schnell handeln müssen.“ Der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis äußerte die Hoffnung, dass die „sehr lebendige Debatte“ in der Bundesrepublik „so fruchtbar“ sein werde wie in der Vergangenheit – „und Deutschland Panzer senden wird“. Auf die Frage, ob er denn ernüchtert vom Ansatz in Berlin sei, lächelte er etwas gequält und antwortete: „Ich wünschte, ich müsste nicht noch einen weiteren Tag warten.“ Sein lettischer Amtskollege Edgars Rinkevics sagte zur deutschen Rolle: „Groß zu sein, bringt auch eine große Verantwortung mit sich.“ An dieser Stelle aber glaube er, „dass es keine guten Argumente gibt, warum Kampfpanzer und Flugabwehrsysteme nicht bereitgestellt werden können“.
Baerbock weicht dem Drängen der EU-Partner beim Panzer-Thema aus
Andere verpackten die Forderungen in blumigere Worte, unterm Strich war die Botschaft ähnlich. Er fühle sich „ein wenig zu klein, um dem deutschen Kanzler zu sagen, was er machen soll“, sagte der Luxemburger Jean Asselborn. Er sei aber „zuversichtlich, dass dies ein Prozess ist, wo wir genau da landen, wo wir landen müssen“ – ergo bei einer Flotte von Leopard-Panzern in der Ukraine. Jede „schwerwiegende Entscheidung“ habe Zeit gekostet, so Asselborn. Annalena Baerbock (Grüne) wich dem Drängen aus und betonte lediglich den Grund, warum es eine Entscheidung braucht: Putin sei „auch elf Monate nach dem Beginn des brutalen russischen Angriffskrieges von seinem mörderischen Plan, die Ukraine zu vernichten, nicht abgewichen“. Deswegen, so die Außenministerin, sei es "so wichtig, dass wir als internationale Gemeinschaft alles dafür tun, die Ukraine zu verteidigen, damit die Ukraine gewinnt“. Wenn das Land den Krieg verliere, „dann gibt es keine Ukraine mehr“, sagte Baerbock.
Einig präsentierten sich die Chefdiplomaten beim vierten Strafkatalog gegen den Iran. Sie beschlossen neue Sanktionen gegen jene, „die die Repression vorantreiben“, wie die schwedische Ratspräsidentschaft formulierte. 37 Personen und Organisationen landeten so auf der schwarzen Liste, die für die brutale Unterdrückung der landesweiten Proteste seit dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini verantwortlich gemacht werden. Die Maßnahmen beinhalten Einreiseverbote in die EU sowie das Einfrieren von Vermögenswerten. Baerbock unterstrich: „Wir stehen an der Seite der mutigen Menschen im Iran und wir verurteilen aufs Schärfste die Terrorisierung der eigenen Bevölkerung.“ Dem Europäischen Parlament dürften die Beschlüsse nicht weit genug gehen.
Scheut die EU den Konflikt mit dem Iran?
Die EU-Abgeordneten hatten sich mehrheitlich dafür ausgesprochen, die Sanktionen zu verschärfen – und insbesondere die iranischen Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste zu setzen. Während Mitgliedstaaten wie Deutschland ihre Unterstützung dafür bekundeten, äußerten andere Bedenken. Scheut die Gemeinschaft den Konflikt mit Teheran? Beobachter verweisen darauf, dass eine Einstufung der Revolutionswächter als Terrorgruppe die Chancen auf eine Fortführung des Atomabkommens mit dem Iran weiter mindern könnte, mit dem der Westen das Regime eigentlich dazu bringen will, dauerhaft auf die Entwicklung von Atomwaffen zu verzichten. Hinzu kommen formale Hürden: Um eine Organisation in der EU als terroristisch einzustufen, müsste in mindestens einem Mitgliedstaat gegen die mehr als 200.000 Mann zählenden Revolutionsgarden gerichtlich ermittelt werden.