Erst das grüne Licht für den Euro, nun werden auch Passkontrollen an den Grenzen bald Geschichte sein: Kroatien tritt zum 1. Januar 2023 dem kontrollfreien Schengen-Raum bei. Die EU-Innenminister stimmten bei ihrem Treffen in Brüssel für die Erweiterung des weltweit größten Verbunds der Reisefreiheit. Urlauber, die im nächsten Jahr einen Trip in die Hafenstadt Dubrovnik planen oder die Sommerferien in einer der Buchten der kroatischen Adriaküste genießen wollen, müssen also künftig keine kilometerlangen Staus mehr fürchten, wenn sie mit dem Auto unterwegs sind. An den Flughäfen fallen die Kontrollen aus technischen Gründen ab dem 26. März weg. Der Beitritt Kroatiens, wo Anfang 2023 auch der Euro als Zahlungsmittel eingeführt wird, sei „eine positive Nachricht für alle EU-Bürger“, sagte Vít Rakuša, der Innenminister Tschechiens, das derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat.
In Rumänien und Bulgarien herrschten nach der Abstimmung dagegen Enttäuschung und Ärger. Die beiden Länder müssen weiterhin auf die Aufnahme warten. Eine Einigung scheiterte vor allem an Wien. Es sei „falsch, dass ein System, das an vielen Stellen nicht funktioniert, an dieser Stelle auch noch vergrößert wird“, sagte der österreichische Innenminister Gerhard Karner und wollte auch gleich den angeblichen „Beweis“ liefern: Man habe dieses Jahr über „100.000 illegale Grenzübertritte“ gehabt, 75.000 davon seien nicht registriert worden. Deshalb handele es sich um eine „Unzeit“, den Erweiterungsschritt jetzt zu gehen. Setzt Österreich seinen guten Ruf im Schengen-Klub aufs Spiel? Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) zeigte zwar Verständnis für die „großen Debatten in Österreich“, sagte aber auch, sie könne das Votum der österreichischen Kollegen nicht nachvollziehen. „Die Fortschritte sind erkennbar erzielt worden.“
Österreich stellt sich gegen den Schengen-Beitritt von Rumänien
Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer wolle Rumänien „einfach nur auf inakzeptable Weise demütigen", hieß es vom konservativen EU-Abgeordneten Eugen Tomac. Tatsächlich erkannten auch einige hohe EU-Diplomaten innenpolitische Erwägungen als Hauptgrund für die Blockade. Der rumänische Botschafter in Wien, Emil Hurezeanu, hatte erst vor wenigen Tagen in einem Brief an den österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen gewarnt, dass die Errungenschaften der Partnerschaft zwischen den beiden Ländern „zum Spielball der aktuellen österreichischen Politik werden könnten“. Als „beschämend“ und „schlichtweg diskriminierend“ bezeichnete der deutsche EU-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen (FDP) das Veto Österreichs. Es schaffe „eine Stimmung des Misstrauens mitten in Europa“.
Österreich stand jedoch nicht alleine im Widerstandslager. Auch die Niederlande sträubten sich gegen einen Kandidaten. Die Holländer würden zwar Rumänien gerne im Klub willkommen heißen, haben aber Vorbehalte gegenüber Bulgarien, vor allem wegen rechtsstaatlicher Bedenken. Es heiße aktuell nicht „Nein“ für Bulgarien, sondern „noch nicht“, hatte Ministerpräsident Mark Rutte vor wenigen Tagen betont und auf das kommende Jahr verwiesen.
Dem Schengen-Raum gehören derzeit 26 europäische Länder an. Neben 22 EU-Mitgliedstaaten sind auch die Schweiz, Norwegen, Liechtenstein und Island dabei.