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Euro-Hawk: Drohnen-Debakel: De Maizière vor Bundestagsausschuss

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Drohnen-Debakel: De Maizière vor Bundestagsausschuss

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    Für Thomas de Maizière geht es ums Ganze, wenn er sich vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestages verantworten muss.
    Für Thomas de Maizière geht es ums Ganze, wenn er sich vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestages verantworten muss. Foto: Maurizio Gambarini (dpa)

    Kurz vor der zweiten Befragung von Verteidigungsminister Thomas de Maizière durch den zuständigen Bundestags-Ausschuss zur "Euro Hawk"-Affäre sind neue Vorwürfe gegen sein Haus laut geworden.

    "Euro-Hawk": Probleme wurden verschwiegen

    Nach einem Bericht von Spiegel Online sollen dem Parlament über Monate Informationen über das Ausmaß der Probleme mit der Aufklärungsdrohne vorenthalten worden sein. So habe das Ministerium auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Michael Leutert vom 8. Juni 2012 erklärt, die Höhe möglicher Mehrkosten sei "aufgrund des Risikocharakters nicht abschätzbar".

    Zu diesem Zeitpunkt lag der Leitungsebene aber bereits eine Kostenschätzung vor. In dem von de Maizière in der vergangenen Woche vorgelegten Bericht zur "Euro Hawk"-Affäre heißt es: "Die Leitung des BMVg (Bundesverteidigungsministerium) wurde mit Vorlage vom 8. Februar 2012 an Staatssekretär Beemelmans erstmals über die erhöhten technischen, zeitlichen und finanziellen Risiken für die Erlangung einer Musterzulassung der EURO HAWK Serie und die damit verbundenen voraussichtlichen Mehrkosten der Serie von bis zu 600 Mio. ¤ informiert."

    Verteidigungsausschuss: De Maizière muss sich verantworten

    Aus Unterlagen des Ministeriums gehe hervor, dass weitere konkrete Anfragen von Parlamentariern ausweichend beantwortet worden seien, berichtet Spiegel Online weiter. Erst als das Ministerium im Mai 2013 das "Euro Hawk"-Projekt gestoppt hatte, seien die Mehrkosten erstmals Abgeordneten genannt worden. In einer der dpa vorliegenden Antwort auf Fragen des SPD-Politikers Rainer Arnold vom 14. Mai ist von 500 bis 600 Millionen Mehrkosten für eine Musterzulassung die Rede.

    Der Verteidigungsminister muss sich heute (Montag) im Verteidigungsausschuss erneut Fragen zum gescheiterten Rüstungsprojekt "Euro Hawk" stellen. Die Abgeordneten setzen am Vormittag in Berlin die Anhörung des CDU-Politikers zum Drohnen-Debakel fort. Im Mittelpunkt steht die Frage, wann und wie genau de Maizière über das drohende Scheitern der Aufklärungsdrohne informiert wurde - und ob er darüber vergangene Woche in seinem Untersuchungsbericht gelogen hat.

    Opposition fordert de Maizières Rücktritt

    Das ist Thomas de Maizière

    Geboren wurde Thomas de Maizière am 21. Januar 1954 in Bonn. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Seit 1971ist er Mitglied der CDU Deutschland.

    1972 absolvierte er sein Abitur. Anschließend leistete er seinen Wehrdienst beim Panzergrenadierbataillon 142 in Koblenz.

    Von 1974 bis 1979 studierte de Maizière Rechtswissenschaften und Geschichte in Münster und Freiburg bis zum ersten Staatsexamen. 1982 folgte der Abschluss des zweiten Staatsexamen.

    1983 war er Mitarbeiter der Regierenden Bürgermeister von Berlin, Richard von Weizsäcker und Eberhard Diepgen. Zum Dr. jur. promovierte er 1986 an der Wilhelms-Universität in Münster.

    Von 1985 bis 1989 war de Maizière Leiter des Grundsatzreferates der Senatskanzlei des Landes Berlin. Außerdem arbeitete er als Pressesprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.

    1990 baute er das Amt des Ministerpräsidenten der letzten DDR-Regierung mit auf und war Mitglied der Verhandlungsdelegation für den Einigungsvertrag.

    Von 1990 bis 1994 war er Staatssekretär im Kultusministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern sowie 1993 Vorsitzender der Amtschefkonferenz der Kultusministerkonferenz.

    Von 1994 bis 1998 wurde de Maizière dann Chef der Staatskanzlei in Mecklenburg-Vorpommern und 1999 Staatsminister und Chef der Sächsischen Staatskanzlei.

    In den Jahren 2001 und 2002 war er Finanzminister, danach bis 2004 Justizminister in Sachsen und von 2004 bis 2005 Innenminister, jeweils in Sachsen, sowie Mitglied im Sächsischen Landtag.

    Von November 2005 bis Oktober 2009 war de Maizière Chef des Bundeskanzleramtes und Minister für besondere Aufgaben.

    Von 2009 bis 2011 war er Bundesinnenminister, wobei er 2010 zusätzlich als Honorarprofessor für Staatsrecht an der TU Dresden arbeitete.

    Seit März 2011 bekleidet Thomas de Maizière das Amt des Bundesministers der Verteidigung. Im Dezember 2012 wurde er zudem Bundesvorstand der CDU Deutschland.

    Im Frühsommer 2013 stand de Maizière in der Kritik: Mitte Mai stoppte das Verteidigungsministerium die Beschaffung der Aufklärungsdrohne "Euro Hawk" wegen Problemen mit der Zulassung - zu diesem Zeitpunkt waren schon 668 Millionen Euro investiert worden.

    Die Opposition legte de Maizière immer wieder einen Rücktritt nahe - er betonte allerdings immer wieder, dass ihn keine Schuld an dem Debakel treffe.

    In der Großen Koalition von Union und SPD kehrt de Maizière an den Schreibtisch des Innenministers zurück.

    Die Opposition hält dies angesichts widersprüchlicher Aussagen für erwiesen und fordert de Maizières Rücktritt. Die Linke will einen Missbilligungsantrag stellen - dies ist das stärkste Mittel der Opposition, um ein Regierungsmitglied zu kritisieren. Zuletzt ging auch der Koalitionspartner FDP auf Distanz. Das Verteidigungsministerium wies die Vorwürfe dagegen zurück.

    In der Sitzung des Verteidigungsausschuss werde untersucht, wie weit sich de Maizière "in seinen Widersprüchen verheddert hat", sagte SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold der Rheinischen Post (Montag). Es sei unwahrscheinlich, dass der CDU-Politiker vor dem offiziellen Stopp des Projektes Mitte Mai keine schriftlichen Hinweise auf die Zulassungsprobleme bekommen habe. Das "Euro Hawk"-Projekt war wegen massiver Probleme bei der Zulassung für den europäischen Luftraum und einer drohenden Kostenexplosion gestoppt worden.

    Steinbrück: De Maizière kommt in "sehr arge Verlegenheit"

    Nach Medienberichten über Widersprüche sagte er dann dem Focus, er sei schon vor dem 13. Mai informiert gewesen, allerdings nur informell: "Ich habe durchaus von Problemen gehört." Gespräche auf Fluren ersetzten aber keine offizielle Information. Daraufhin hatte sich die FDP kritisch zu de Maizières Vorgehen geäußert.

    SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagte am Abend in der ARD, er halte de Maizière für einen integeren Mann. Wenn der Minister die Widersprüche jedoch nicht aufklären könne, komme er in "sehr arge Verlegenheit". "Weil es bedeuteten würde, dass er das Parlament, die Öffentlichkeit, das eigene Kabinett und übrigens auch unsere internationalen Partner auf einem NATO-Gipfel in Chicago hinter die Fichte geführt hat. Und dann wird er vor der Frage stehen, ob er vor dem Hintergrund seines extremen Verantwortungsbewusstseins noch zu tragen ist."

    Drohnen-Affäre: Schäuble nimmt de Maizière in Schutz

    Grünen-Bundeswehr-Experte Omid Nouripour sagte der Rheinischen Post: "Wenn ein Minister von dem Gerücht erfährt, dass Hunderte Millionen Euro in den Sand gesetzt werden, und dann in sein Büro geht und auf eine Vorlage wartet, dann hat er nicht verstanden, was seine Aufgabe ist."

    Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Unions-Faktionschef Volker Kauder (CDU) nahmen de Maizière in Schutz und kritisierten die Opposition. "Es ist offensichtlich, dass versucht wird, mit einer Wortklauberei, die schon eine bisschen erbärmlich ist, Wahlkampf zu betreiben", sagte Schäuble am Abend im ZDF. "Ich finde, der Verteidigungsminister hat in der vergangenen Woche eine sehr gute und umfassende Darstellung der Vorgänge gegeben", sagte Kauder der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Montag).

    Die Grünen halten eine weitere Ausschussbefragung des Ministers für möglich. "Wenn wir am Montag keine erschöpfenden Antworten bekommen, werden wir de Maizière am Mittwoch weiter einvernehmen", sagte Nouripour der Passauer Neuen Presse (Montag). dpa

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