Der grenzkontrollfreie Schengen-Raum in Europa wächst. Die EU-Länder verständigten sich am Samstag darauf, den Raum auf Rumänien und Bulgarien auszuweiten, wie die spanische Ratspräsidentschaft auf der Plattform X, ehemals Twitter, mitteilte. Demnach sollen die Personenkontrollen an den internen Luft- und Seegrenzen ab Ende März 2024 aufgehoben werden. Über die Aufhebung der Kontrollen an den Landgrenzen soll den Angaben nach später entschieden werden.
Der Schengen-Raum soll uneingeschränkten Personenverkehr in Europa gewährleisten. Bislang gehörten ihm 23 der 27 EU-Mitgliedsländer sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz an.
Die Außenministerinnen der neuen Schengen-Staaten zeigten sich ebenfalls auf der Plattform X erfreut über die Entscheidung der EU-Länder. Es handle sich um ein "wichtiges Ergebnis" für die Bürgerinnen und Bürger Rumäniens, schrieb Außenministerin Luminiţa Odobescu. "Unser Dank geht an alle EU-Partner und Institutionen für ihre Unterstützung", so Odobescu weiter. Rumänien stehe weiterhin zu einem "starken und sicheren Schengen-Raum".
Die bulgarische Vizeregierungschefin und zugleich Außenministerin Maria Gabriel schrieb auf der Plattform, mit Bulgarien und Rumänien werde der Schengen-Raum stärker.
Rumänien begrüßt "Etappenziel" nach vielen "Erniedrigungen"
Die Regierung in Bukarest hat die von den EU-Staaten beschlossene Aufhebung der Personenkontrollen an den Luft- und Seegrenzen zu Rumänen begrüßt. Zugleich aber betonten Staatspräsident Klaus Iohannis und Ministerpräsident Marcel Ciolacu, dass auch die Aufhebung der Kontrollen an den Grenzen zu Lande und somit der vollständige Beitritt des Landes zum Schengen-Raum nun oberste Priorität habe.
Nach "13 Jahren Misserfolg und Erniedrigungen" bei den Schengen-Beitrittsverhandlungen habe die Regierung, einen unumkehrbare Prozess begonnen, sagte Premier Ciolacu. Präsident Iohannis bezeichnete den erreichten Schritt als "Etappenziel".
Bulgariens Regierung begrüßt Beitritt
Die bulgarische Regierung hat die von den EU-Staaten beschlossene Aufhebung der Personenkontrollen an den Luft- und Seegrenzen des Landes begrüßt. Der Beitritt zum Schengen-Raum sei eine nationale Priorität, hieß es in einer Erklärung der Vizeregierungschefin und Außenministerin Maria Gabriel. Die EU-Staaten hatten am Samstag beschlossen, den grenzkontrollfreien Schengen-Raum auf Bulgarien und Rumänien auszuweiten.
"Bulgarien wartet seit zwölf Jahren auf diesen Augenblick", schrieb der Co-Vorsitzende der mitregierenden liberalen Partei "Wir führen den Wandel fort" (PP), Kiril Petkow, auf Facebook. Bulgarien wolle gemeinsam mit der EU jetzt auch auf das Entfallen der Kontrollen an den Landgrenzen hinarbeiten, erklärte Außenministerin Gabriel.
Wien lehnte den Beitritt der Länder lange ab
Die Aufnahme der beiden EU-Länder Rumänien und Bulgarien in den Schengen-Raum war bislang vor allem am Widerstand Österreichs gescheitert. Die Regierung in Wien hatte die Ablehnung damit begründet, dass zu viele unregistrierte Migranten ankämen. Neue Mitglieder können nur einstimmig aufgenommen werden. Rumänien und Bulgarien hatten seit 2011 auf den Beschluss gewartet.
Die EU-Kommission begrüßte den Beschluss der EU-Länder. Der Beitritt Rumäniens und Bulgariens werde Reisen, Handel und Tourismus fördern und den Binnenmarkt weiter festigen. Die Präsidentin der Brüsseler Behörde, Ursula von der Leyen, sagte, es sei für beide Länder und für den Schengen-Raum insgesamt ein wichtiger Schritt nach vorn. Diese große Errungenschaft sei das Ergebnis der harten Arbeit, des Engagements und der Beharrlichkeit beider Länder.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte das Ende der Kontrollen an Luft- und Seegrenzen im Frühjahr einen ersten Schritt. "Deutschland wird die volle Integration in den Schengenraum weiter unterstützen. So wächst Europa enger zusammen!", hieß es auf seinem X-Profil.
Rumänien und Bulgarien traten 2007 der EU bei
Alle EU-Mitgliedstaaten werden, sobald sie bereit sind, Vollmitglieder des Schengen-Raums. Dies ist sowohl ein Recht als auch eine Verpflichtung.
Rumänien und Bulgarien waren bereits 2007 der EU beigetreten. Bis September standen Justiz und Rechtsstaat dort aber wegen grassierender Korruption und organisierter Kriminalität unter Sonder-Überwachung der EU-Kommission. Auch wegen dieser Probleme gab es lange keine Einstimmigkeit unter den Staats- und Regierungschefs für einen Beitritt. Mitte September beendete die Behörde die Sonder-Überwachung offiziell, Rumänien und Bulgarien seien bereit für eine Mitgliedschaft, hieß es.
Das Auswärtige Amt in Berlin gratulierte den beiden Ländern noch am Samstagabend. "Europa rückt heute enger zusammen", hieß es in einem Post auf X. Die Binnengrenzkontrollen an den Luft- und Seegrenzen zu Bulgarien und Rumänien fielen bald weg, die Landgrenzen sollten bald folgen. Dafür setze sich Deutschland weiter ein.
(dpa)