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EU-Kommission: Von der Leyen erwartet harte Zeiten für Europa

EU-Kommission

Von der Leyen erwartet harte Zeiten für Europa

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    Ursula von der Leyen (CDU), Präsidentin der Europäischen Kommission, trägt bei ihrer Rede zur Lage der Union die Farben der Ukraine.
    Ursula von der Leyen (CDU), Präsidentin der Europäischen Kommission, trägt bei ihrer Rede zur Lage der Union die Farben der Ukraine. Foto: Jean-Francois Badias, dpa/AP

    Ursula von der Leyen, das ist allseits bekannt, hegt eine Vorliebe für pathetische Auftritte. Mehr noch: Sie beherrscht ohne Zweifel die Kunst der Inszenierung auf der großen politischen Bühne. Und so überraschte es kaum, dass die EU-Kommissionspräsidentin während ihrer jährlichen Rede zur Lage der Union im Straßburger Europaparlament die Farben der Ukraine trug, blaues Oberteil zum gelben Blazer. Stellvertretend für das von Russland angegriffene Land hatte sie überdies einen Ehrengast eingeladen. Olena Selenska, die Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, saß nur wenige Meter vom Rednerpult entfernt.

    Konkret sagte die Kommissionspräsidentin der Regierung in Kiew ein Aufbauprogramm für zerstörte Schulen über 100 Millionen Euro zu – während sie Europas Bürger zugleich auf harte Zeiten einschwor: „Die bevorstehenden Monate werden nicht leicht, weder für Familien, die nur schwer über die Runden kommen, noch für Unternehmen, die schwierige Zukunftsentscheidungen treffen müssen.“ Verbraucher will die Kommission deshalb mit radikalen Maßnahmen entlasten. Nach einem neuen Gesetzesvorschlag sollen Energiefirmen einen Teil ihrer hohen Gewinne abgeben. Das bringe, so von der Leyen, den EU-Staaten mehr als 140 Milliarden Euro, um Not zu lindern. Maßnahmen wie diese, die einer Übergewinnsteuer ähneln, waren noch vor wenigen Monaten von vielen Ländern kategorisch abgelehnt worden. Von der Leyen dagegen betonte, es gehe um Erlöse, mit denen die Unternehmen in ihren kühnsten Träumen nie gerechnet hätten.

    Ursula von der Leyen will Stromsparen zur Pflicht machen und Wasserstoff fördern

    Außerdem will sie den Stromverbrauch in Zeiten hoher Nachfrage verpflichtend reduzieren. Konkret soll er dann um mindestens fünf Prozent gedrosselt werden. Insgesamt sollten die EU-Länder ihren Stromverbrauch freiwillig um zehn Prozent senken. Gegen verpflichtende Stromsparziele haben sich bereits mehrere Länder ausgesprochen. Es gibt also noch Verhandlungsbedarf unter den 27 Mitgliedstaaten der Union.

    Außerdem präsentierte die Kommissionspräsidentin ein drei Milliarden Euro schweres Programm für den Ausbau der Wasserstoffproduktion. Dazu will sie eine europäische eigene Bank gründen, die dabei helfen soll, „den Kauf von Wasserstoff zu sichern“ und gleichzeitig die unterentwickelte europäische Infrastruktur zu verbessern. Am Ende erntete von der Leyen höflichen Applaus – und Kritik. „Das war eine am Mittwoch gehaltene Sonntagsrede“, sagte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. Man brauche keine Analysen mehr, sondern Lösungen. Es sei Zeit „für revolutionäre Vorschläge“.

    Aus Berlin kommt Kritik an den Plänen in der EU

    Auch das Echo im politischen Berlin auf die Vorschläge aus Brüssel ist geteilt. „Verpflichtende Maßnahmen zum Stromsparen halte ich für wenig zielführend“, betonte FDP–Fraktionschef Christian Dürr gegenüber unserer Redaktion. „Wie soll man das umsetzen; sollen wir privaten Haushalten und Betrieben im Winter abends den Strom abdrehen?“ Eine Verzwanzigfachung des Strompreises sei für die Menschen Grund genug, Energie zu sparen. Die Debatte übers Stromsparen dürfe nicht davon ablenken, dass im europäischen Strommarkt „mehr Menge“ nötig sei. Der französische Übertragungsnetzbetreiber habe bereits angekündigt, dass es unter Umständen zu Unterbrechungen der Stromversorgung in der Industrie und zu Liefereinschränkungen für Privathaushalte kommen könne, um einen großflächigen Blackout abzuwenden. „Es wäre daher unverständlich, wenn wir in dieser angespannten Lage drei funktionsfähige, sichere Kernkraftwerke aus dem europäischen Netz nehmen.“

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