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EU-Kommission: Das ist das neue Spitzenteam von Ursula von der Leyen

EU-Kommission

Von der Leyens Wunschteam: konservativer und industriefreundlicher

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    EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen stellt während einer Pressekonferenz Medienvertretern ihre neue Kommission vor. Jetzt ist das Europäische Parlament am Zuge, das die Nominierungen bestätigen oder ablehnen kann.
    EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen stellt während einer Pressekonferenz Medienvertretern ihre neue Kommission vor. Jetzt ist das Europäische Parlament am Zuge, das die Nominierungen bestätigen oder ablehnen kann. Foto: Philipp von Ditfurth, dpa

    Eine finnische Journalistin fasste mit ihrer Frage die Verwirrung zusammen, die am Dienstagmorgen zunächst im Pressesaal des Straßburger EU-Parlaments herrschte. „Und was soll Henna Virkkunen genau machen?“, wollte die Medienvertreterin wissen. Zuvor hatte Ursula von der Leyen die Kandidaten für ihr neues Team präsentiert und Virkkunen nicht nur als eine von sechs Exekutivvizepräsidenten, sondern auch für den Bereich „Tech-Souveränität“ vorgeschlagen. Die EU-Kommissionspräsidentin lächelte milde und erklärte, dass die Finnin künftig für Digitalisierung, für Technologie, für Sicherheit, ergo Verteidigung, und Demokratie zuständig sein soll. Tatsächlich war nicht immer klar, welche Politikbereiche und Inhalte sich hinter den Titeln verbergen, die sich die Brüsseler Behördenchefin für das zusammengestellte „Kollegium“ erdacht hat. Nur so viel: Es handelt sich um eine Neuausrichtung der Kommission: Sie wird konservativer, industriefreundlicher, weniger grün, interaktiver.

    Auf der Bühne hinter von der Leyen hingen drei Bildschirme, auf denen ein Diagramm die Aufstellung ihrer neuen Mannschaft in Bild und Namen visualisierte. Hier waren sie, die 27 Politiker, die Europas große Herausforderungen in den nächsten fünf Jahren angehen sollen – mit einer „vernetzteren Struktur“, wie die Deutsche betonte. Als Schwerpunkte nannte sie die Themen Wohlstand, Sicherheit und Demokratie.

    EU-Kommissare: Sechs Politiker an herausgestellter Position

    Vorneweg waren auf dem Personaltableau jene sechs Politiker herausgestellt, die mehr Einfluss auf die Geschäfte der Exekutive erhalten und die Arbeit einer Gruppe von Kommissaren koordinieren sollen. Neben Virkkunen gehören dazu die Rumänin Roxana Mînzatudie, die bereits als EU-Außenbeauftragte gesetzte Estin Kaja Kallas, der Franzose Stéphane Séjourné, der für Wohlstand und Industriestrategie zuständig sein soll, sowie die spanische Sozialistin Teresa Ribera, die verantwortlich sein soll für den Green Deal in einem mächtigen Portfolio, zu dem auch wirtschaftliche Kompetenzen zählen. Ebenfalls Teil der exklusiven Gruppe ist der ultrarechte Italiener Raffaele Fitto – er ist für viele EU-Parlamentarier die umstrittenste Wahl von der Leyens und soll die milliardenschweren Regionalfördergelder überwachen, die rund ein Drittel des laufenden EU-Haushalts ausmachen.

    Derweil zieht sich das Thema schwindende Wettbewerbsfähigkeit Europas wie ein roter Faden durch die Ressorts, die die Vizepräsidentenämter miteinander verbinden. Dass vier Frauen mehr Macht erhalten, durfte als von der Leyens Antwort auf die Weigerung der meisten Mitgliedstaaten verstanden werden, jeweils auch eine Frau zu nominieren. Trotz Last-Minute-Bemühungen verfehlt das Spitzenteam, von der Leyen eingerechnet, mit elf Frauen und 16 Männern die angestrebte Geschlechterparität.

    Erstmals gibt es einen Kommissar für Verteidigung

    Neben einem neuen Posten für die Mittelmeer-Region, den die Kroatin Dubravka Suica übernehmen soll, gibt es auch erstmals einen Kommissar für Verteidigung und Sicherheit. Das Amt könnte Litauens ehemaliger Premierminister Andrius Kubilius ausfüllen, ein Christdemokrat wie vom Chef der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) gewünscht. Manfred Weber war denn auch äußerst zufrieden mit der Mannschaftsaufstellung. Es sei „eine EVP-Kommission“. 14 der Kandidaten, inklusive der Präsidentin, stammen aus dem Mitte-Rechts-Bündnis. Die Themen Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit bezeichnete Weber als „Schlüssel für die nächste Amtszeit“. Dagegen herrschte Enttäuschung bei den Sozialdemokraten, der zweitstärksten Kraft im Parlament, die mit der Aussicht auf lediglich vier Posten leben müssen.

    Für Kritik sorgte im Lager links der Mitte vor allem die Kandidatur von Fitto, einem Vertrauten der rechtsnationalen italienischen Ministerpräsidentin Georgia Meloni. Von der Leyens Strategie sei „durchschaubar“, meinte der Chef der Europa-SPD, René Repasi. „Sie will es einigen, für sie wichtigen Hauptstädten recht machen und vor allem ihre Parteienfamilie mit prominenten Positionen versorgen.“ Von der Leyen setze mit der Fitto-Kandidatur „ein großes Fragezeichen hinter ihr Bestreben, die EU in den nächsten fünf Jahren politisch fest in der demokratischen Mitte zu verankern“, sagte die grüne EU-Parlamentarierin Anna Cavazzini. Nun liegt der Ball im Feld des Hohen Hauses Europas. Es muss die Kandidaten absegnen, dafür finden im Oktober und November Anhörungen in den Fachausschüssen statt. Während der Kreuzverhöre werden die künftigen Kommissare „gegrillt“, wie es in Brüssel heißt. Und der Sozialdemokrat Repasi kündigte an: „Ein einfaches Durchwinken wird es mit uns nicht geben.“

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