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EU: Großbritannien erhielt 128 Milliarden Euro Rabatt bei EU-Beitragszahlungen

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Großbritannien erhielt 128 Milliarden Euro Rabatt bei EU-Beitragszahlungen

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    Großbritannien hat in der EU einen gewaltigen Rabatt bekommen.
    Großbritannien hat in der EU einen gewaltigen Rabatt bekommen. Foto: Frank Augstein, dpa (Symbolbild)

    Wann auch immer die Briten am Ende die EU verlassen, sie täten gut daran, vorher noch einmal nachzurechnen. Denn das steht fest: Eine Mitgliedschaft in der Union zum Dumpingpreis wie bisher werden sie nicht mehr bekommen. Am Tag des Brexit endet eine Ausnahmeregelung, die in der Geschichte der

    Eine Aufstellung der Europäischen Kommission, die unserer Redaktion vorliegt, zeigt, um welche Dimensionen es dabei geht: Seit dem Jahr 1985, als die Sonderregelung in Kraft trat, bis 2017 hat dieser Rabatt dem britischen Steuerzahler sage und schreibe 128,091 Milliarden Euro gespart. Das entspricht ungefähr dem Haushalt der Europäischen Union für ein Jahr.

    "Die Steuerzahler der anderen Mitgliedstaaten haben Großbritannien mit 128 Milliarden Euro subventioniert", kommentierte der SPD-Europa-Abgeordnete Jo Leinen diese Zahlen gegenüber unserer Redaktion. Nach dem Austritt sei die Zeit für "Extrawürste" vorbei.

    Höhepunkt war übrigens die Finanzperiode zwischen 1999 und 2006, als Brüssel dem Vereinigten Königreich 40,13 Milliarden Euro erstattete. Denn es handelt sich tatsächlich um eine Rückvergütung. Die Regel sieht nämlich vor, dass London zunächst seinen Anteil am europäischen Haushalt zu zahlen hat. Das waren beispielsweise für das Jahr 2016 rund 12,75 Milliarden Euro plus 3,3 Milliarden Euro aus Mehrwertsteuer-Einnahmen der EU.

    Über Subventionen und Beihilfen flossen 7,05 Milliarden Euro an Hilfen direkt in das Vereinigte Königreich. 66 Prozent des Nettobetrags ergaben 5,87 Milliarden Euro, die als Rabatt wieder zurückflossen. Sollte die nächste Generation der britischen Politiker je an einen Wiedereintritt in die EU denken, käme das Europa sehr viel teurer zu stehen.

    Was steckt hinter dem Briten-Rabatt?

    Die Geschichte dieses Rabatts beginnt genau genommen schon 1973, als Großbritannien EU-Mitglied wurde. Bereits ein Jahr später wollte London wieder aus der EU aussteigen, Bundeskanzler Helmut Schmidt verhinderte das. Aber fortan nervte die britische Premierministerin Margret Thatcher ihre Amtskollegen, bis es 1984 schließlich zum legendären Auftritt mit ihrer Handtasche kam, die sie heftig auf ihr Pult schlug und dabei den Satz rief: „Ich will mein Geld zurück.“

    Der amtierende Bundeskanzler Helmut Kohl und alle anderen stimmten – extrem gereizt - zu, der Briten-Rabatt war geboren. EU-intern wird er übrigens mit Blick auf Thatchers Auftritt gerne als Quengel-Rabatt bezeichnet. Alle Versuche, das System abzustellen, scheiterten bisher. Zwar verständigte man sich 2005 darauf, die Vergünstigung bis 2013 zu reduzieren. Als es dann so weit war, beschlossen die Staats- und Regierungschefs jedoch, das Instrument im Finanzplan für die Jahre 2014 bis 2020 fortzuschreiben.

    Über den Rabatt für Großbritannien wurde in der EU oft gestritten

    Die Briten selbst vergessen diese Gratifikation übrigens gerne – auch im Wahlkampf vor dem Brexit-Votum Mitte 2016. Als damals der Slogan geboren wurde, dass das Land pro Woche 350 Millionen Pfund pro Woche in das eigene Gesundheitssystem stecken wollte anstatt es der EU zu überweisen, hatte man sich genau genommen verrechnet. Die Brexit-Befürworter hatten (absichtlich?) vergessen, den Rabatt abzuziehen – rund 95 Millionen Euro pro Woche. Aber Fakten spielten damals ohnehin keine allzu große Rolle.

    Der Rabatt war und ist ein ständiger Zankapfel zwischen den Mitgliedstaaten. Alle anderen EU-Länder müssen nämlich für die Vergünstigungen Großbritanniens aufkommen – auch die ärmeren, jungen Mitglieder Osteuropas. In Jahr 2014 zahlte Polen so 294,4 Millionen, Rumänien 101,4 Millionen und Bulgarien, das ärmste EU-Land, 29,9 Millionen Euro.

    Deutschland, die Niederlande, Schweden und Österreich müssen nur ein Viertel des Betrages zahlen, der eigentlich ihrem Anteil entsprechen würde. Anders gesagt: Sie bekommen einen Rabatt auf den Rabatt. Folglich stellen Frankreich und Italien etwa die Hälfte aller Erstattungen bereit. 2014 zahlte

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