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EU-Gipfel: Europa und die Flüchtlinge - Ausgang ungewiss

EU-Gipfel

Europa und die Flüchtlinge - Ausgang ungewiss

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    Sie haben überlebt: Zwei Flüchtlinge schauen auf der griechischen Insel Lesbos in eine unsichere Zukunft.
    Sie haben überlebt: Zwei Flüchtlinge schauen auf der griechischen Insel Lesbos in eine unsichere Zukunft. Foto: Filip Singer, dpa

    Für die meisten ihrer Kollegen in Europa ist es ein Reizwort, für Angela Merkel der Schlüssel zur Lösung der Flüchtlingskrise – das Kontingent. Nach einem festen Schlüssel will die Kanzlerin hunderttausende von Asylbewerbern auf die Mitgliedsländer der EU verteilen. Ausgang: höchst ungewiss. Vor dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs heute und morgen in Brüssel zeichnete sich jedenfalls noch keine Einigung ab.

    Ist ein Kontingent nur ein anderer Ausdruck für Obergrenze?

    Beide Instrumente haben das gleiche Ziel: Sie sollen den Andrang der Flüchtlinge begrenzen. Im Interview mit unserer Zeitung hat Angela Merkel vor kurzem allerdings fein unterschieden: „Kontingente sind eine gemeinsame europäische Vereinbarung, keine einseitig von Deutschland festgelegte Obergrenze.“ Soll heißen: Wenn die EU mit der Türkei, mit Jordanien oder dem Libanon vereinbart, aus den riesigen Lagern in diesen Ländern eine bestimmte Zahl an Flüchtlingen aufzunehmen und in Europa zu verteilen, könnten trotzdem noch weitere Flüchtlinge über Italien nach

    Auf ein erstes Kontingent haben sich die Staats- und Regierungschefs bereits verständigt. Mit Erfolg?

    Nein. Von den insgesamt 160000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien, die die anderen EU-Länder innerhalb von zwei Jahren aufnehmen sollen, wurden bisher noch nicht einmal 500 umgesiedelt. Außerdem klagen Ungarn und die Slowakei gegen die Regelung vor dem Europäischen Gerichtshof. Schweden, lange Zeit bekannt für seine liberale Asylpolitik, will sogar Flüchtlinge an andere Länder abgeben, anstatt neue aufzunehmen – und die neue polnische Regierung hat die Zusage ihrer Vorgängerregierung, ein kleines Kontingent an Flüchtlingen zu übernehmen, mittlerweile wieder kassiert. Deutschland müsste nach diesem Plan gut ein Viertel der 160000 Flüchtlinge übernehmen.

    Wie will die Kanzlerin die anderen EU-Länder denn überzeugen?

    Das ist die große Frage, auf die im politischen Berlin noch niemand eine Antwort hat. Frankreich hat bereits angekündigt, über das verabredete Kontingent hinaus keine weiteren Flüchtlinge mehr ins Land zu lassen – und wenn Deutschland und

    Über ihre Verhandlungsstrategie will sie nicht reden. Nur so viel vielleicht: „Die Geschichte Europas lehrt, dass Geduld und Zähigkeit sich am Ende noch immer durchgesetzt haben.“ Spekulationen aus Brüssel, ein neues Kontingent könne bis zu 400000 Flüchtlinge umfassen, werden in Berliner Regierungskreisen allerdings als „viel zu hoch“ dementiert.

    Mit der Türkei hat die EU bereits eine Art Aktionsplan ausgehandelt, zu dem auch die Aufnahme von Flüchtlingen gehört. Was kommt da auf Deutschland zu?

    Zunächst einmal verfolgt das Abkommen das Ziel, möglichst viele Menschen aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan in der Türkei zu halten. Damit die mehr als zwei Millionen Flüchtlinge dort besser versorgt werden, will die EU der Regierung in Ankara drei Milliarden Euro überweisen. Erst wenn dadurch die illegale Migration über das Mittelmeer deutlich zurückgegangen ist, will die Kanzlerin der Türkei auch ein Kontingent an Flüchtlingen abnehmen und sie auf legalem Weg nach Europa holen.

    „Resettlement“ nennen die EU-Beamten diese Form der organisierten Umsiedlung. Der österreichische Kanzler Werner Faymann ist schon einen Schritt weiter – und nennt Zahlen. Zwischen 40000 und 50000 Flüchtlinge, findet er, solle Europa der Türkei abnehmen. Bei einem Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu vor dem offiziellen Gipfelbeginn wird es auch um diese Frage gehen.

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