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EU-Gipfel: Die EU zahlt einen hohen Preis für die Einigung

EU-Gipfel

Die EU zahlt einen hohen Preis für die Einigung

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    Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis im Gespräch mit Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez und Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel.
    Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis im Gespräch mit Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez und Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel. Foto: John Thys, dpa

    Unter lautem Ächzen haben die Staats- und Regierungschefs Europas eine Einigung geschmiedet. Der Kompromiss über den mehrjährigen EU-Haushalt und die Corona-Nothilfen steht. Doch den harten und schmerzhaften Verhandlungen sind hehre Ziele zum Opfer gefallen. Es sind fünf Punkte, die einen Schatten auf den Deal werfen, dem eifrig das Etikett historisch angeklebt wird.

    Zunächst hat eine Koalition von fünf Ländern, die die Sparsamen oder Geizigen genannt werden, höhere Rabatte für sich herausgeholt. Das heißt, sie zahlen weniger in den EU-Haushalt ein, als sie müssten. Zu der Gruppe gehören unter anderen die Niederlande, Österreich und Dänemark. Allesamt sind wohlhabende Staaten. Wien bekommt künftig pro Jahr mit 565 Millionen Euro pro Jahr beispielsweise einen viermal so hohen Abschlag wie bisher. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass dieses System genau dann zementiert wird, da die Briten die Europäische Union verlassen. Premierministerin Margaret Thatcher schlug es einst heraus.

    Ratspräsident Charles Michel hatte mehrfach Kompromissvorschläge vorgelegt.
    Ratspräsident Charles Michel hatte mehrfach Kompromissvorschläge vorgelegt. Foto: Stephanie Lecocq, dpa

    Der Wiederaufbaufonds wird durch EU-Anleihen finanziert

    Die Abschläge waren die Gegenleistung für die Zustimmung dieser EU-Mitglieder dafür, dass der Staatenklub die Hälfte der Gelder zum Wiederaufbau der Wirtschaft nach dem Corona-Einbruch an besonders schwer getroffene Länder verschenken darf. Sie müssen nicht zurückgezahlt werden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat dafür zwei eiserne Prinzipien der deutschen EU-Politik aufgegeben. Erstens, dass Hilfen nur in Form von Krediten gewährt werden. Und zweitens, dass die EU keine Schulden machen darf. Bisher speist sich das EU-Budget aus den jährlichen Überweisungen der Mitglieder und aus Zolleinnahmen. „Außergewöhnliche Ereignisse, und das ist die Pandemie, …, erfordern auch außergewöhnliche neue Methoden“, begründete Merkel zum Abschluss des viertägigen Ringens ihre Wende.

    Der Wiederaufbaufonds mit seinem Volumen von 750 Milliarden Euro wird durch EU-Anleihen finanziert, also über Kredite. Weil die Zinsen derzeit an der Nulllinie kratzen, dürfte der Schuldendienst in den nächsten Jahren überschaubar sein. Die Rückzahlung ist außerdem bis 2058 weit gestreckt. Die EU soll in den nächsten Jahren erstmals eigene Steuern erheben dürfen, um sich mehr Einnahmen zu verschaffen. Bürger und Unternehmen werden mehr zahlen.

    Mark Rutte, Premierminister der Niederlande, gilt als Sprecher der "Sparsamen".
    Mark Rutte, Premierminister der Niederlande, gilt als Sprecher der "Sparsamen". Foto: Robinutrecht, dpa

    Geld sollte nur an Länder fließen, die die demokratischen Regeln einhalten

    Ein bislang wenig beachtetes Problem der nun beschlossenen europäischen Rettungsmission ist der Faktor Zeit. Die Gefahr besteht, dass die Milliarden zu spät kommen. Denn weniger als ein Viertel des Geldes steht nach den Berechnungen der Brüsseler Denkfabrik Bruegel in den nächsten zweieinhalb Jahren zur Verfügung. Das liegt darin, dass die EU wie eine langsame Maschine arbeitet.

    In den langen Brüsseler Nächten hat die demokratische Rechtsgemeinschaft EU schlussendlich noch ein weiteres Ziel fallen lassen. Die Verhandlungen zum neuen Haushalt sollten ursprünglich dazu genutzt werden, Ungarn und Polen zu disziplinieren. Dort haben die Regierungen die Freiheit der Presse und die Unabhängigkeit der Justiz schwer beschnitten. Geld sollte nur an Länder fließen, die die demokratischen Regeln einhalten. Doch die Osteuropäer setzten sich durch. Über Strafen bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit sollen die Mitgliedstaaten im EU-Rat mit einer Zweidrittelmehrheit entscheiden. In Ungarn und Polen wird das als Sieg gefeiert, denn in der Praxis des großen Basars – der die EU nun einmal ist – sind finanzielle Sanktionen damit unwahrscheinlich.

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