Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Eskalation in Nahost: Israel-Hisbollah Konflikt spitzt sich zu

Nahost

Heftige Gefechte zwischen Israel und der Hisbollah

    • |
    • |
    Krankenhauspersonal und Soldaten bringen Patienten und Ausrüstung in die unterirdische Station des Rambam Medical Center in Haifa.
    Krankenhauspersonal und Soldaten bringen Patienten und Ausrüstung in die unterirdische Station des Rambam Medical Center in Haifa. Foto: Ohad Zwigenberg, dpa

    Elf Monate bereits beschießen sich Israel und die Hisbollah im Libanon nahezu täglich. Es ist eine ständige Abfolge wechselseitiger Angriffe entlang der libanesisch-israelischen Grenze: Feuert die Hisbollah Raketen auf den Norden Israels, antwortet Israel mit Luftschlägen zumeist im Süden des Libanon - und umgekehrt. Nun spitzt sich der Konflikt gefährlich zu. In etlichen Dörfern und Städten im Norden Israels schrillten in der Nacht auf Sonntag die Sirenen, die vor feindlichen Geschossen warnen. Über 150 Raketen feuerte die schiitisch-islamistische Miliz in dieser Nacht ab und nahm dabei, anders als in den vergangenen Monaten, auch Städte wie Afula und Nazareth unter Beschuss, die tiefer im Landesinneren liegen. In derselben Nacht attackierte Israels Armee, die IDF, eigenen Angaben zufolge rund 400 Stellungen der Hisbollah im Libanon, vor allem Raketenwerfer. Die Luftschläge hätten eine größere Angriffswelle der Hisbollah verhindert, teilte die IDF anschließend mit.

    Der nächtliche Schlagabtausch folgt einer mehrtägigen Eskalation an Israels nördlicher Front: Erst explodierten im Libanon vergangene Woche Tausende von der Hisbollah genutzte Elektrogeräte, wobei mindestens 39 Menschen ums Leben kamen und Tausende weitere verletzt wurden. Israel übernahm keine Verantwortung, doch Analysten innerhalb und außerhalb des Landes gehen davon aus, dass israelische Agenten die Elektrogeräte vor ihrer Lieferung in den Libanon manipuliert haben. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah bezeichnete die Explosionen als „Kriegserklärung“.

    Schwere Schläge gegen die Hisbollah

    Nur einen Tag später tötete die IDF per Luftschlag Ibrahim Akil, den Anführer der Radwan-Spezialeinheit der Hisbollah, sowie weitere hochrangige Kommandeure in Dahieh, einem südlichen Vorort von Beirut. Die Kommandeure hatten sich offenbar im Untergeschoss eines hohen Gebäudes zu einer Besprechung versammelt. Bei dem Luftschlag kamen libanesischen Angaben zufolge mindestens 45 Menschen um. Der Generalstabschef der IDF, Herzi Halevi, verkündete anschließend, Akil und die anderen getöteten Kommandeure hätten geplant, mit der Radwan-Einheit Gemeinden im Norden Israels zu überfallen und Zivilisten zu ermorden und zu entführen, so, wie die Hamas es am 7. Oktober im Süden des Landes getan hatte.

    „Das sind für die Hisbollah sehr schwere Schläge, wie sie sie vorher noch nicht hat einstecken müssen“, sagte Danny Citrinowicz vom Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) in Tel Aviv unserer Redaktion. „Die operativen Errungenschaften der israelischen Kräfte sind sehr beeindruckend. Aber die Hisbollah ist eine große und robuste Organisation. Sie wird sich davon nicht in die Knie zwingen lassen.“

    Städte im Norden Israels stellen sich zunehmend auf einen Krieg ein. An zahlreichen Orten nahe der Grenze zum Libanon blieben auf Anweisung der IDF am Sonntag die Schulen geschlossen. Krankenhäuser in den nordisraelischen Städten Haifa und Afula sagten alle nicht dringenden Operationen ab und bereiteten sich darauf vor, Hunderte Patienten in Kellergeschosse zu verlegen, wo sie vor Raketenbeschuss sicher wären. In den vergangenen Monaten mussten bereits über 60.000 Menschen wegen der Kämpfe ihre Häuser im Norden Israels verlassen. Israels Regierung hatte es kürzlich zu einem zusätzlichen Kriegsziel erklärt, den Evakuierten die Rückkehr in den Norden zu ermöglichen.

    Weitere Eskalation ist zu befürchten

    Citrinowicz aber glaubt nicht, dass Israel dieses Ziel mit einer weiteren Eskalation erreichen kann. Hisbollah-Chef Hassan hat wiederholt angekündigt, Israel weiter anzugreifen, solange es im Gazastreifen keine Waffenruhe gibt. „In den Reden Nasrallahs wird glasklar, dass er glaubt: Wenn die Hamas fällt, wird auch er irgendwann fallen“, erklärt Citrinowicz. „Deshalb sehe ich keine militärische Option, mit der Israel die Bewohner des Nordens in ihre Häuser zurückbringen kann.“ Der einzige Weg dorthin wäre ein Abkommen mit der Hamas zur Befreiung der verbliebenen israelischen Geiseln und der Etablierung einer Waffenruhe in Gaza. „Aber davon sind wir weit entfernt. Deshalb sehe ich leider keine andere Option als eine weitere Eskalation und schließlich einen größeren Krieg.“

    Das wären schlechte Nachrichten auch für die Menschen im Libanon. Der Libanon steckt in der schlimmsten Wirtschaftskrise seiner Geschichte, die politische Führung des Landes ist schwach, seit zwei Jahren gibt es keinen Präsidenten. Ein möglicher offener Krieg der Hisbollah mit Israel würde das Land in eine noch tiefere Krise stürzen. Die Hisbollah agiert wie ein Staat im Staate und hat großen politischen Einfluss. In den von ihr kontrollierten Gebieten hat der libanesische Staat wenig Handhabe. Dazu zählt auch der Süden des Libanons. Beobachter warnen, dass ein großangelegter Krieg im Libanon wie in Israel viele Opfer und erhebliche Zerstörung bringen würde, so wie vielleicht niemals zuvor.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden