Wirtschaftlich hui, aber bei grünem Strom pfui. Bayern und Baden-Württemberg liegen bei der Windkraft in der Rangfolge der Bundesländer auf den hinteren Plätzen. Im Ländle wurden im vergangenen Jahr neun neue Windräder aufgestellt, im benachbarten Freistaat 14. Weniger kamen nur im Saarland (3) und in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen dazu (jeweils 0).
"Im Süden bestehen nach wie vor erhebliche Probleme", bemängelte der Präsident des Bundesverbands Windenergie, Hermann Albers, am Mittwoch. Bayern und Baden-Württemberg haben nicht nur eine vergleichbar große Fläche, sondern wegen der starken Industrie auch einen großen Stromverbrauch. Nicht viel besser sieht es in Hessen aus, wo ebenfalls nur 14 Windräder gebaut wurden. Zum Vergleich: Im Spitzenland Schleswig-Holstein kamen 132 neu hinzu.
Windräder in Bayern: "Es hat ein Stück weit an politischem Willen gefehlt"
In Bayern ist damit von der Windwende, die Ministerpräsident Markus Söder Mitte vergangenen Jahres ausgerufen hat, noch nicht viel zu spüren. 1.000 Windräder hatte der CSU-Chef versprochen.
Bei seinem grünen Nachbarn Winfried Kretschmann, der seit über zehn Jahren an der Macht ist, sieht es nicht besser aus. Unter dem Strich liefern in Bayern rund 1150 Windräder grünen Strom und damit beinahe 370 mehr als im Südwesten. Für eine grüne Landesregierung sei es womöglich schwieriger als für eine konservative, den Ausbau der Windkraft mit dem Schutz von Vögeln und Fledermäusen in Einklang zu bringen, meinte Albers. "Es hat ein Stück weit an politischem Willen gefehlt", kritisierte er den grünen Landesvater.
Der Windpräsident ließ dennoch keinen Zweifel daran, dass es für den Schutz des Klimas viel zu langsam geht. "Besonders der Süden muss endlich liefern und darf sich nicht länger aus der Verantwortung stehlen", verlangte er. Die beiden Bundesländer müssten wesentlich mehr Flächen für Windräder ausweisen und die Genehmigungsfristen deutlich verkürzen. Was für Baden-Württemberg und Bayern im Speziellen gilt, hat für ganz Deutschland Bedeutung.
Der Ausbau der Windräder an Land als Lastesel der Energiewende geht zu langsam voran. Insgesamt wurden im abgelaufenen Jahr in der gesamten Republik 551 Windräder mit einer Leistung von 2,4 Gigawatt errichtet. Das entspricht nominell der Leistung von anderthalb Kernkraftwerken. Die Gleichung ist aber theoretisch, denn über den groben Daumen gepeilt liefern AKWs elf Monate im Jahr Strom, ein Windrad dreht sich zusammengenommen drei Monate. Benötigt werden also in der Realität deutlich mehr davon als auf dem Papier, um einen Meiler zu ersetzen.
Um Pläne einzuhalten müsste Windkraft viermal so schnell ausgebaut werden
Mit 551 Windrädern hat der Neubau zwar um 25 Prozent zugelegt, verfehlt aber dennoch erheblich das nötige Volumen. Erforderlich wäre das vierfache Tempo. Die Leistung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen wird deshalb in der Windbranche gemischt bewertet. "Die verabschiedeten Maßnahmen zeigen Wirkung", lobte Albers. Dennoch gibt es aus seiner Sicht eine große Schwäche der habeckschen Gesetzgebung.
Die Länder haben bis 2032 Zeit, jeweils zwei Prozent ihrer Fläche für Windräder auszuweisen. "Weder die Branche noch der Klimaschutz noch die Ampel-Koalition haben diese Zeit", meinte der 62-Jährige. Wegen der Verzögerungen hält er es für ausgeschlossen, dass Deutschland im angebrochenen Jahr die von der Bundesregierung festgelegte Marke von 4,5 GW zusätzlicher Windkraftleistung schafft. Es müssten beinahe doppelt so viele Windräder aufgestellt werden wie vergangenes Jahr. Der Windverband rechnet damit, dass höchstens 3,2 GW geschafft werden.
Mittlerweile wird jede fünfte Kilowattstunde Strom hierzulande von einer Windturbine an Land erzeugt. Alle erneuerbaren Energien zusammen decken knapp die Hälfte des Stromverbrauchs. Im Jahr 2030 werden es nach dem Plan der Ampel-Koalition schon 80 Prozent sein, weshalb überall Windparks und Solaranlagen gebaut werden sollen.