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Ergebnisse der Verhandlungen: Darauf hat sich die Ampel geeinigt

Koalitionsausschuss

Ergebnisse im Überblick: Worauf hat sich die Ampel geeinigt?

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    Die Parteichefs der Koalitionsparteien Lars Klingbeil (SPD, von rechts nach links) Ricarda Lang (Grüne) und Christian Lindner (FDP) sprechen im Bundestag nach dem Koalitionsausschuss.
    Die Parteichefs der Koalitionsparteien Lars Klingbeil (SPD, von rechts nach links) Ricarda Lang (Grüne) und Christian Lindner (FDP) sprechen im Bundestag nach dem Koalitionsausschuss. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Der Krampf als Arbeitsmodus der Ampel-Parteien. Nach 30 Stunden zähen Ringens haben SPD, Grüne und FDP einen Kompromiss zusammengeschraubt und Modernisierungspaket drüber geschrieben. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lobt "sehr, sehr, sehr gute Ergebnisse", doch die Art und Weise, wie sich das Regierungsbündnis zur Einigung schleppte, wirft kein gutes Licht auf den Zustand der Koalition.

    Koalitionsausschuss: Wer hat gewonnen, wer hat verloren?

    Die Grünen mussten einige Kröten schlucken. Ausbau der Autobahnen, aufgeweichtes Heizungs-Verbot und aufgeweichtes Klimaschutzgesetz. Die Partei muss sich von ihren Vorfeldorganisationen schwere Kritik anhören. Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe geißelt eine "Anti-Klimaschutz-Koalition" und spricht von kaum zählbaren "Horrornachrichten". In Berlin machte aber auch die Deutung die Runde, dass die Niederlage die Grünen vor Schlimmerem bewahrt hat. Denn zuletzt hatten sie wegen des geplanten Verbots von Öl- und Gasheizungen deutlich in den Umfragen verloren. Wird die Linie weicher, könnte das verschreckte Anhänger zurückbringen.

    Und die anderen Parteien?

    Die FDP hat es vor allem geschafft, ihrem Verkehrsminister Volker Wissing das Leben leichter zu machen. Der Verkehrsbereich stößt zu viel Kohlendioxid aus, weshalb Wissing gezwungen ist, teure und aktionistische Sofortprogramme zu planen und aufzulegen. Nun werden künftig wieder alle Sektoren – Industrie, Stromerzeugung, Gebäude, Landwirtschaft und Verkehr – in der Gesamtheit betrachtet. Braucht Wissing länger, kann das in anderen Bereichen ausgeglichen werden. Der Minister erhält außerdem neue Milliarden für die Bahn, die über eine höhere Lkw-Maut finanziert werden. "Man schweigt sich auseinander, und man diskutiert sich zusammen", philosophierte FDP-Chef Christian Lindner. Die SPD von Bundeskanzler Olaf Scholz hält wie immer ausgleichend die Mitte besetzt, neigt aber beim Klimaschutz eher zu den Liberalen. Für die Sozialdemokraten wichtig ist zum Beispiel, dass der Austausch alter Heizungen durch die Wärmepumpe mit einem umfassenden Förderprogramm unterstützt wird. "Nach vielen Stunden intensiver Diskussionen kann ich sagen: Es hat sich gelohnt", erklärte der Kanzler.

    Bleibt es beim Aus für Öl- und Gasheizungen?

    Jein. Die Rhetorik ist weicher als bisher und lässt ein Schlupfloch. "Möglichst jede neu eingebaute Heizung" solle zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden. Doch "möglichst" heißt nicht alle. Gasheizungen könnten weiter erlaubt sein, wenn sie Biomethan oder grünen Wasserstoff verfeuern. In der Praxis allerdings wird das nur eine minimale Rolle spielen, weil die genannten Energieträger nicht im großen Maße zur Verfügung stehen. Für Wasserstoff fehlt außerdem das Leitungsnetz. Damit bleibt die mit Strom betriebene Wärmepumpe weiter die naheliegende Lösung. Es bleibt auch dabei, dass niemand nächstes Jahr seine Öl- oder Gasheizung rausreißen muss. Mieter sollen dadurch geschützt werden, dass Vermieter beim Heizungstausch zwar eine üppige Förderung bekommen, aber die Investitionen nicht auf die Kaltmiete umlegen dürfen.

    Wird Heizen mit Öl und Gas teurer?

    Das ist zumindest geplant. Das Heizen von Gebäuden soll ab 2027 in den europäischen Handel mit CO₂-Verschmutzungsrechten einbezogen werden. Die Mechanik ist so konstruiert, dass der Preis für das Kohlendioxid, das beim Verbrennen von Öl und Gas entsteht, schrittweise angehoben wird. Hausbesitzer sollen somit dazu gedrängt werden, eine Wärmepumpe anzuschaffen. Außerdem sieht es an den Energiemärkten so aus, dass das niedrige Preisniveau für Erdgas aus der Zeit vor dem Ukrainekrieg nicht wieder erreicht wird.

    Verbrenner oder E-Auto?

    Die Ampel-Koalition hält an ihrem Ziel fest, dass im Jahr 2030 sage und schreibe 15 Millionen E-Autos auf Deutschlands Straßen unterwegs sein werden. Heute gibt es eine Million. Damit sich mehr Käufer für einen Wagen mit Akku entscheiden, wollen SPD, Grüne und FDP Tankstellenbesitzer dazu verpflichten, binnen fünf Jahren mindestens einen Schnellladepunkt pro Tankstelle zu errichten. Auch an Bahnhöfen, an Flughäfen und auf den Parkplätzen vor Supermärkten sollen verpflichtend Ladesäulen gebaut werden.

    Autobahn oder Schiene?

    Die Ampel entscheidet sich für beides. Stolze 144 Autobahnprojekte werden dem Modernisierungspaket zufolge beschleunigt angegangen. Es handelt sich aber nicht um neue Strecken, sondern um Sanierungen oder Verbreiterungen auf rund 1200 Kilometern in ganz Deutschland. Bei neuen Autobahnstrecken wird künftig die Auflage bestehen, an den Rändern Solarfelder zu bauen. Die Solar-Autobahn als symbolischer Kompromiss von FDP und Grünen. Mehr Geld, das eine höhere Lkw-Maut ab 2024 einbringen soll, bekommt auch die Deutsche Bahn. Grünen-Chefin Ricarda Lang bezifferte die Summe auf fünf Milliarden Euro jährlich.

    Koalitionsbeschluss: Neues Deutschlandtempo

    Beschlossen ist einmal wieder, dass Genehmigungen für Windräder, Straßen und Schienen schneller erteilt werden sollen. So sollen etwa Städte und Gemeinden freihändig Windparks bauen dürfen, auch wenn sie im Regionalplan gar nicht vorgesehen sind. Der Schaffung von Ausgleichsflächen kann nach den Vorstellungen von SPD, Grünen und FDP künftig durch die Zahlung eines Geldbetrages entgangen werden. Wie schnell diese Regeln greifen, ist offen. "Die Ergebnisse des Koalitionsausschusses sind ein wahrer Modernisierungs- und Beschleunigungsschub für unser Land. Alle Vorhaben stehen im Zeichen von Pragmatismus und Vernunft", resümierte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Stephan Thomae.

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